häuslichen Lage eines armen Schriftstellers Vortheil zieht, um ein Werk, das Anstrengung aller Kräfte, Nachtwachen und Aufwand von wahrer Geistesgröße erfordert hat, und womit er Tausende gewinnen kann, wie Maculatur zu erhandeln; der, so oft ihm ein Werk angebo¬ then wird, verächtlich die Nase rümpft und den Kopf schüttelt, um desto wohlfeiler daranzukom¬ men; der, durch Nachdruck ein Dieb an frem¬ den Eigenthume wird. Endlich könnte ich Vor¬ schriften geben, wie die Schriftsteller mit Buch¬ händlern von dieser Art umgehn sollten, um nicht ihre Sclaven zu werden; wie man sich bey ihnen Gewicht geben kann; und in welche Form man seine Geistes-Producte giessen muß, damit sie von den Sosiern unsrer Zeit in Ver¬ lag genommen werden -- Das aber sind zum Theil Zunft-Geheimnisse, die unter uns großen Gelehrten nur mündlich fortgepflanzt werden, und die man also nicht Jedem, der blos Leser ist, auf die Nase heften darf.
Doch noch Eine Bemerkung! Wer sich bey Buchhändlern, besonders in minder großen Städten, beliebt machen will, der leyhe und
ver¬
haͤuslichen Lage eines armen Schriftſtellers Vortheil zieht, um ein Werk, das Anſtrengung aller Kraͤfte, Nachtwachen und Aufwand von wahrer Geiſtesgroͤße erfordert hat, und womit er Tauſende gewinnen kann, wie Maculatur zu erhandeln; der, ſo oft ihm ein Werk angebo¬ then wird, veraͤchtlich die Naſe ruͤmpft und den Kopf ſchuͤttelt, um deſto wohlfeiler daranzukom¬ men; der, durch Nachdruck ein Dieb an frem¬ den Eigenthume wird. Endlich koͤnnte ich Vor¬ ſchriften geben, wie die Schriftſteller mit Buch¬ haͤndlern von dieſer Art umgehn ſollten, um nicht ihre Sclaven zu werden; wie man ſich bey ihnen Gewicht geben kann; und in welche Form man ſeine Geiſtes-Producte gieſſen muß, damit ſie von den Soſiern unſrer Zeit in Ver¬ lag genommen werden — Das aber ſind zum Theil Zunft-Geheimniſſe, die unter uns großen Gelehrten nur muͤndlich fortgepflanzt werden, und die man alſo nicht Jedem, der blos Leſer iſt, auf die Naſe heften darf.
Doch noch Eine Bemerkung! Wer ſich bey Buchhaͤndlern, beſonders in minder großen Staͤdten, beliebt machen will, der leyhe und
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haͤuslichen Lage eines armen Schriftſtellers
Vortheil zieht, um ein Werk, das Anſtrengung
aller Kraͤfte, Nachtwachen und Aufwand von
wahrer Geiſtesgroͤße erfordert hat, und womit
er Tauſende gewinnen kann, wie Maculatur zu
erhandeln; der, ſo oft ihm ein Werk angebo¬
then wird, veraͤchtlich die Naſe ruͤmpft und den
Kopf ſchuͤttelt, um deſto wohlfeiler daranzukom¬
men; der, durch Nachdruck ein Dieb an frem¬
den Eigenthume wird. Endlich koͤnnte ich Vor¬
ſchriften geben, wie die Schriftſteller mit Buch¬
haͤndlern von dieſer Art umgehn ſollten, um
nicht ihre Sclaven zu werden; wie man ſich
bey ihnen Gewicht geben kann; und in welche
Form man ſeine Geiſtes-Producte gieſſen muß,
damit ſie von den Soſiern unſrer Zeit in Ver¬
lag genommen werden — Das aber ſind zum
Theil Zunft-Geheimniſſe, die unter uns großen
Gelehrten nur muͤndlich fortgepflanzt werden,
und die man alſo nicht Jedem, der blos Leſer
iſt, auf die Naſe heften darf.
Doch noch Eine Bemerkung! Wer ſich
bey Buchhaͤndlern, beſonders in minder großen
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/156>, abgerufen am 23.11.2024.
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