leuten von gemeinem Schlage reden. Diese werden von ihrer ersten Jugend an gewöhnlich so mit Leib und Seele nur dahin gerichtet, auf Geld und Gut ihr Augenmerk, und für nichts anderes Sinn zu haben, als für Reichthum und Erwerb, daß sie den Werth eines Menschen fast immer nach der Schwere seiner Geldkasten be¬ urtheilen, und bey ihnen: der Mann ist gut, so viel heisst, als: der Mann ist reich. Hierzu gesellt sich wohl noch, besonders in Reichsstäd¬ ten, eine Art von Prahlerey, eine Begierde, es Andern ihres Gleichen, da wo es in die Augen fällt, an Pracht zuvorzuthun, um zu zeigen, daß ihre Sachen fest stehen. Da sich aber mit dieser Neigung immer noch Sparsamkeit und Haabsucht verbinden, und sie, sobald es nicht bemerkt wird, in ihren Häusern äusserst einge¬ schränkt und hungrig leben, und sich sehr viel versagen; so bemerkt man da einen Contrast von Kleinlichkeit und Glanz, von Geiz und Ver¬ schwendung, von Niederträchtigkeit und Stolz, von Unwissenheit und Prätension, der Mitlei¬ den erregt, und so industrios auch sonst die Kaufleute sind; so fehlt es ihnen doch mehren¬ theils an der Gabe, ein kleines Fest durch ge¬
schmack¬
leuten von gemeinem Schlage reden. Dieſe werden von ihrer erſten Jugend an gewoͤhnlich ſo mit Leib und Seele nur dahin gerichtet, auf Geld und Gut ihr Augenmerk, und fuͤr nichts anderes Sinn zu haben, als fuͤr Reichthum und Erwerb, daß ſie den Werth eines Menſchen faſt immer nach der Schwere ſeiner Geldkaſten be¬ urtheilen, und bey ihnen: der Mann iſt gut, ſo viel heiſſt, als: der Mann iſt reich. Hierzu geſellt ſich wohl noch, beſonders in Reichsſtaͤd¬ ten, eine Art von Prahlerey, eine Begierde, es Andern ihres Gleichen, da wo es in die Augen faͤllt, an Pracht zuvorzuthun, um zu zeigen, daß ihre Sachen feſt ſtehen. Da ſich aber mit dieſer Neigung immer noch Sparſamkeit und Haabſucht verbinden, und ſie, ſobald es nicht bemerkt wird, in ihren Haͤuſern aͤuſſerſt einge¬ ſchraͤnkt und hungrig leben, und ſich ſehr viel verſagen; ſo bemerkt man da einen Contraſt von Kleinlichkeit und Glanz, von Geiz und Ver¬ ſchwendung, von Niedertraͤchtigkeit und Stolz, von Unwiſſenheit und Praͤtenſion, der Mitlei¬ den erregt, und ſo induſtrios auch ſonſt die Kaufleute ſind; ſo fehlt es ihnen doch mehren¬ theils an der Gabe, ein kleines Feſt durch ge¬
ſchmack¬
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leuten von gemeinem Schlage reden. Dieſe
werden von ihrer erſten Jugend an gewoͤhnlich
ſo mit Leib und Seele nur dahin gerichtet, auf
Geld und Gut ihr Augenmerk, und fuͤr nichts
anderes Sinn zu haben, als fuͤr Reichthum und
Erwerb, daß ſie den Werth eines Menſchen faſt
immer nach der Schwere ſeiner Geldkaſten be¬
urtheilen, und bey ihnen: der Mann iſt gut,
ſo viel heiſſt, als: der Mann iſt reich. Hierzu
geſellt ſich wohl noch, beſonders in Reichsſtaͤd¬
ten, eine Art von Prahlerey, eine Begierde, es
Andern ihres Gleichen, da wo es in die Augen
faͤllt, an Pracht zuvorzuthun, um zu zeigen,
daß ihre Sachen feſt ſtehen. Da ſich aber mit
dieſer Neigung immer noch Sparſamkeit und
Haabſucht verbinden, und ſie, ſobald es nicht
bemerkt wird, in ihren Haͤuſern aͤuſſerſt einge¬
ſchraͤnkt und hungrig leben, und ſich ſehr viel
verſagen; ſo bemerkt man da einen Contraſt
von Kleinlichkeit und Glanz, von Geiz und Ver¬
ſchwendung, von Niedertraͤchtigkeit und Stolz,
von Unwiſſenheit und Praͤtenſion, der Mitlei¬
den erregt, und ſo induſtrios auch ſonſt die
Kaufleute ſind; ſo fehlt es ihnen doch mehren¬
theils an der Gabe, ein kleines Feſt durch ge¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/149>, abgerufen am 24.11.2024.
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