Sechstes Capittel. Ueber den Umgang mit Leuten von aller¬ ley Ständen, im bürgerlichen Leben.
1.
Machen wir den Anfang mit den Aerzten! Kein Stand ist für das Menschengeschlecht wohl¬ thätiger, als dieser, wenn er seine Bestimmung erfüllt. Der Mann, welcher alle Schätze der Natur durchwühlt, und ihre Kräfte erforscht, um Mittel aufzusuchen, das Meisterstück der irdischen Schöpfung, den Menschen, von den Plagen zu befreyen, von denen sein sichtbarer, materieller Theil befallen wird, die seinen Geist zu Boden drücken, und oft schon seine Ma¬ schiene zerstöhren, ehe noch einmal sich jede Kraft in ihm entwickelt hat; Der Mann, der sich nicht scheuet vor dem Anblicke des Elendes, Jammers und Schmerzens, der seine Gemäch¬ lichkeit, seine Ruhe, selbst seine eigene Gesund¬ heit und sein Leben daranwagt, um den leiden¬ den Brüdern beyzustehn; dieser Mann verdient Verehrung und warmen Dank. Er giebt einer zahlreichen Familie ihren Beschützer, ihren Er¬
hal¬
Sechſtes Capittel. Ueber den Umgang mit Leuten von aller¬ ley Staͤnden, im buͤrgerlichen Leben.
1.
Machen wir den Anfang mit den Aerzten! Kein Stand iſt fuͤr das Menſchengeſchlecht wohl¬ thaͤtiger, als dieſer, wenn er ſeine Beſtimmung erfuͤllt. Der Mann, welcher alle Schaͤtze der Natur durchwuͤhlt, und ihre Kraͤfte erforſcht, um Mittel aufzuſuchen, das Meiſterſtuͤck der irdiſchen Schoͤpfung, den Menſchen, von den Plagen zu befreyen, von denen ſein ſichtbarer, materieller Theil befallen wird, die ſeinen Geiſt zu Boden druͤcken, und oft ſchon ſeine Ma¬ ſchiene zerſtoͤhren, ehe noch einmal ſich jede Kraft in ihm entwickelt hat; Der Mann, der ſich nicht ſcheuet vor dem Anblicke des Elendes, Jammers und Schmerzens, der ſeine Gemaͤch¬ lichkeit, ſeine Ruhe, ſelbſt ſeine eigene Geſund¬ heit und ſein Leben daranwagt, um den leiden¬ den Bruͤdern beyzuſtehn; dieſer Mann verdient Verehrung und warmen Dank. Er giebt einer zahlreichen Familie ihren Beſchuͤtzer, ihren Er¬
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Sechſtes Capittel.
Ueber den Umgang mit Leuten von aller¬
ley Staͤnden, im buͤrgerlichen Leben.
1.
Machen wir den Anfang mit den Aerzten!
Kein Stand iſt fuͤr das Menſchengeſchlecht wohl¬
thaͤtiger, als dieſer, wenn er ſeine Beſtimmung
erfuͤllt. Der Mann, welcher alle Schaͤtze der
Natur durchwuͤhlt, und ihre Kraͤfte erforſcht,
um Mittel aufzuſuchen, das Meiſterſtuͤck der
irdiſchen Schoͤpfung, den Menſchen, von den
Plagen zu befreyen, von denen ſein ſichtbarer,
materieller Theil befallen wird, die ſeinen Geiſt
zu Boden druͤcken, und oft ſchon ſeine Ma¬
ſchiene zerſtoͤhren, ehe noch einmal ſich jede
Kraft in ihm entwickelt hat; Der Mann, der
ſich nicht ſcheuet vor dem Anblicke des Elendes,
Jammers und Schmerzens, der ſeine Gemaͤch¬
lichkeit, ſeine Ruhe, ſelbſt ſeine eigene Geſund¬
heit und ſein Leben daranwagt, um den leiden¬
den Bruͤdern beyzuſtehn; dieſer Mann verdient
Verehrung und warmen Dank. Er giebt einer
zahlreichen Familie ihren Beſchuͤtzer, ihren Er¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/128>, abgerufen am 23.11.2024.
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