ten und ihre Berufs-Geschäfte zum Gegen¬ stande ihrer Unterredung machen, und alles dahin zu drehen wissen, jedes Gleichniß, jedes Bild von daher nehmen. So wenig als mög¬ lich übertrage in gemischte Gesellschaften den Schnitt, den Ton, den Dir deine specielle Er¬ ziehung, Dein Handwerk, Deine besondere Lebensart geben! Rede nicht von Dingen, die ausser Dir schwerlich jemand interessieren kön¬ nen! Spiele nicht auf Annecdoten an, die Deinem Nachbar unbekannt sind, auf Stel¬ len aus Büchern, die er wahrscheinlich nicht gelesen hat! Rede nicht in einer fremden Spra¬ che, wenn es glaublich ist, daß nicht jeder, der um Dich ist, dieselbe versteht! Lerne den Ton der Gesellschaft annehmen, in welcher Du Dich befindest! Nichts kann abgeschmackter seyn, als wenn der Arzt einige junge Damen mit Beschreibung seiner Sammlung anatomischer Präparaten, der Rechtsgelehrte einen Hofmann über die unwürksame Possessions-Ergrei¬ fung und das edictum Diui Martii, der alte gebrechliche Gelehrte eine junge Cokette von seinem ofnen Beinschaden unterhält.
Oft
ten und ihre Berufs-Geſchaͤfte zum Gegen¬ ſtande ihrer Unterredung machen, und alles dahin zu drehen wiſſen, jedes Gleichniß, jedes Bild von daher nehmen. So wenig als moͤg¬ lich uͤbertrage in gemiſchte Geſellſchaften den Schnitt, den Ton, den Dir deine ſpecielle Er¬ ziehung, Dein Handwerk, Deine beſondere Lebensart geben! Rede nicht von Dingen, die auſſer Dir ſchwerlich jemand intereſſieren koͤn¬ nen! Spiele nicht auf Annecdoten an, die Deinem Nachbar unbekannt ſind, auf Stel¬ len aus Buͤchern, die er wahrſcheinlich nicht geleſen hat! Rede nicht in einer fremden Spra¬ che, wenn es glaublich iſt, daß nicht jeder, der um Dich iſt, dieſelbe verſteht! Lerne den Ton der Geſellſchaft annehmen, in welcher Du Dich befindeſt! Nichts kann abgeſchmackter ſeyn, als wenn der Arzt einige junge Damen mit Beſchreibung ſeiner Sammlung anatomiſcher Praͤparaten, der Rechtsgelehrte einen Hofmann uͤber die unwuͤrkſame Poſſeſſions-Ergrei¬ fung und das edictum Diui Martii, der alte gebrechliche Gelehrte eine junge Cokette von ſeinem ofnen Beinſchaden unterhaͤlt.
Oft
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ten und ihre Berufs-Geſchaͤfte zum Gegen¬
ſtande ihrer Unterredung machen, und alles
dahin zu drehen wiſſen, jedes Gleichniß, jedes
Bild von daher nehmen. So wenig als moͤg¬
lich uͤbertrage in gemiſchte Geſellſchaften den
Schnitt, den Ton, den Dir deine ſpecielle Er¬
ziehung, Dein Handwerk, Deine beſondere
Lebensart geben! Rede nicht von Dingen, die
auſſer Dir ſchwerlich jemand intereſſieren koͤn¬
nen! Spiele nicht auf Annecdoten an, die
Deinem Nachbar unbekannt ſind, auf Stel¬
len aus Buͤchern, die er wahrſcheinlich nicht
geleſen hat! Rede nicht in einer fremden Spra¬
che, wenn es glaublich iſt, daß nicht jeder, der
um Dich iſt, dieſelbe verſteht! Lerne den Ton
der Geſellſchaft annehmen, in welcher Du Dich
befindeſt! Nichts kann abgeſchmackter ſeyn,
als wenn der Arzt einige junge Damen mit
Beſchreibung ſeiner Sammlung anatomiſcher
Praͤparaten, der Rechtsgelehrte einen Hofmann
uͤber die unwuͤrkſame Poſſeſſions-Ergrei¬
fung und das edictum Diui Martii, der alte
gebrechliche Gelehrte eine junge Cokette von
ſeinem ofnen Beinſchaden unterhaͤlt.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/96>, abgerufen am 23.11.2024.
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