schäfte, und wählt sich eine Lebensart, wie man sie für zweckmäßig hält. In kleinen Städten ist man verurtheilt, mit einer Anzahl oft sehr langweiliger Magnaten in strenger Abrech¬ nung von Besuchen und Gegenbesuchen zu stehn, die gewöhnlich gleich nach dem Mittags¬ tische ihren Anfang nehmen, und bis zu der Bürgerglocke, das heisst bis zehn Uhr Abends, fortdauern, während welcher Zeit die Unterhal¬ tung gewöhnlich den König von Preussen, den Kaiser, andre hohen Potentaten und was der Reichspostreuter von ihnen meldet, zum Ge¬ genstande hat. Das ist nun freylich erschreck¬ lich; doch giebt es auch Mittel, dort den Ton des Umgangs nach und nach zu verfeinern, oder das schwache Publicum daran zu gewöhnen, nachdem es ein viertel Jahr hindurch über uns gelästert hat, uns endlich auf unsre Weise leben zu lassen, wenn man sich übrigens redlich, men¬ schenfreundlich, dienstfertig und gesellig beträgt. Am übelsten aber pflegt man in den mittlern Städten daran zu seyn, sowohl in den Reichs¬ städten der geringern Classe, als in unbeträcht¬ lichen Residenzen. Da herschen gewöhnlich, neben einem übertriebenen Luxus und solchen
sitt¬
ſchaͤfte, und waͤhlt ſich eine Lebensart, wie man ſie fuͤr zweckmaͤßig haͤlt. In kleinen Staͤdten iſt man verurtheilt, mit einer Anzahl oft ſehr langweiliger Magnaten in ſtrenger Abrech¬ nung von Beſuchen und Gegenbeſuchen zu ſtehn, die gewoͤhnlich gleich nach dem Mittags¬ tiſche ihren Anfang nehmen, und bis zu der Buͤrgerglocke, das heiſſt bis zehn Uhr Abends, fortdauern, waͤhrend welcher Zeit die Unterhal¬ tung gewoͤhnlich den Koͤnig von Preuſſen, den Kaiſer, andre hohen Potentaten und was der Reichspoſtreuter von ihnen meldet, zum Ge¬ genſtande hat. Das iſt nun freylich erſchreck¬ lich; doch giebt es auch Mittel, dort den Ton des Umgangs nach und nach zu verfeinern, oder das ſchwache Publicum daran zu gewoͤhnen, nachdem es ein viertel Jahr hindurch uͤber uns gelaͤſtert hat, uns endlich auf unſre Weiſe leben zu laſſen, wenn man ſich uͤbrigens redlich, men¬ ſchenfreundlich, dienſtfertig und geſellig betraͤgt. Am uͤbelſten aber pflegt man in den mittlern Staͤdten daran zu ſeyn, ſowohl in den Reichs¬ ſtaͤdten der geringern Claſſe, als in unbetraͤcht¬ lichen Reſidenzen. Da herſchen gewoͤhnlich, neben einem uͤbertriebenen Luxus und ſolchen
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[52/0082]
ſchaͤfte, und waͤhlt ſich eine Lebensart, wie man
ſie fuͤr zweckmaͤßig haͤlt. In kleinen Staͤdten
iſt man verurtheilt, mit einer Anzahl oft ſehr
langweiliger Magnaten in ſtrenger Abrech¬
nung von Beſuchen und Gegenbeſuchen zu
ſtehn, die gewoͤhnlich gleich nach dem Mittags¬
tiſche ihren Anfang nehmen, und bis zu der
Buͤrgerglocke, das heiſſt bis zehn Uhr Abends,
fortdauern, waͤhrend welcher Zeit die Unterhal¬
tung gewoͤhnlich den Koͤnig von Preuſſen, den
Kaiſer, andre hohen Potentaten und was der
Reichspoſtreuter von ihnen meldet, zum Ge¬
genſtande hat. Das iſt nun freylich erſchreck¬
lich; doch giebt es auch Mittel, dort den Ton
des Umgangs nach und nach zu verfeinern, oder
das ſchwache Publicum daran zu gewoͤhnen,
nachdem es ein viertel Jahr hindurch uͤber uns
gelaͤſtert hat, uns endlich auf unſre Weiſe leben
zu laſſen, wenn man ſich uͤbrigens redlich, men¬
ſchenfreundlich, dienſtfertig und geſellig betraͤgt.
Am uͤbelſten aber pflegt man in den mittlern
Staͤdten daran zu ſeyn, ſowohl in den Reichs¬
ſtaͤdten der geringern Claſſe, als in unbetraͤcht¬
lichen Reſidenzen. Da herſchen gewoͤhnlich,
neben einem uͤbertriebenen Luxus und ſolchen
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/82>, abgerufen am 21.12.2024.
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