Geheimniß zu bewahren vermögen, wenn auch diese Menschen alle übrigen Eigenschaften ha¬ ben, die zur Freundschaft erfordert werden; daß fremde Geheimnisse nicht unser Eigenthum sind, und endlich, daß es auch eigene Geheim¬ nisse geben kann, die man ohne Schaden, Ge¬ fahr und Nachtheil durchaus keinem Menschen auf der Welt anvertrauen darf!
11.
Jede Art von schädlicher Schmeicheley muß im Umgange unter ächten Freunden wegfallen, nicht aber eine gewisse Gefälligkeit, die daß Leben süß macht, Nachgiebigkeit und Geschwin¬ digkeit in unschuldigen Dingen. Es giebt Men¬ schen, deren Zuneigung man augenblicklich ver¬ lohren hat, sobald man aufhört ihnen Wey¬ rauch zu streuen, sobald man nicht in allen Dingen einerley Meinung mit ihnen ist, einer¬ ley Geschmack mit ihnen hat. In ihrer Ge¬ genwart darf man den größten Vorzügen an¬ drer Leute ja nicht Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Gewisse Saiten kann man gar nicht berühren, ohne sie aufzubringen. Haben sie eine Thorheit begangen; sind sie blindlings
ein¬
Geheimniß zu bewahren vermoͤgen, wenn auch dieſe Menſchen alle uͤbrigen Eigenſchaften ha¬ ben, die zur Freundſchaft erfordert werden; daß fremde Geheimniſſe nicht unſer Eigenthum ſind, und endlich, daß es auch eigene Geheim¬ niſſe geben kann, die man ohne Schaden, Ge¬ fahr und Nachtheil durchaus keinem Menſchen auf der Welt anvertrauen darf!
11.
Jede Art von ſchaͤdlicher Schmeicheley muß im Umgange unter aͤchten Freunden wegfallen, nicht aber eine gewiſſe Gefaͤlligkeit, die daß Leben ſuͤß macht, Nachgiebigkeit und Geſchwin¬ digkeit in unſchuldigen Dingen. Es giebt Men¬ ſchen, deren Zuneigung man augenblicklich ver¬ lohren hat, ſobald man aufhoͤrt ihnen Wey¬ rauch zu ſtreuen, ſobald man nicht in allen Dingen einerley Meinung mit ihnen iſt, einer¬ ley Geſchmack mit ihnen hat. In ihrer Ge¬ genwart darf man den groͤßten Vorzuͤgen an¬ drer Leute ja nicht Gerechtigkeit wiederfahren laſſen. Gewiſſe Saiten kann man gar nicht beruͤhren, ohne ſie aufzubringen. Haben ſie eine Thorheit begangen; ſind ſie blindlings
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Geheimniß zu bewahren vermoͤgen, wenn auch
dieſe Menſchen alle uͤbrigen Eigenſchaften ha¬
ben, die zur Freundſchaft erfordert werden;
daß fremde Geheimniſſe nicht unſer Eigenthum
ſind, und endlich, daß es auch eigene Geheim¬
niſſe geben kann, die man ohne Schaden, Ge¬
fahr und Nachtheil durchaus keinem Menſchen
auf der Welt anvertrauen darf!
11.
Jede Art von ſchaͤdlicher Schmeicheley muß
im Umgange unter aͤchten Freunden wegfallen,
nicht aber eine gewiſſe Gefaͤlligkeit, die daß
Leben ſuͤß macht, Nachgiebigkeit und Geſchwin¬
digkeit in unſchuldigen Dingen. Es giebt Men¬
ſchen, deren Zuneigung man augenblicklich ver¬
lohren hat, ſobald man aufhoͤrt ihnen Wey¬
rauch zu ſtreuen, ſobald man nicht in allen
Dingen einerley Meinung mit ihnen iſt, einer¬
ley Geſchmack mit ihnen hat. In ihrer Ge¬
genwart darf man den groͤßten Vorzuͤgen an¬
drer Leute ja nicht Gerechtigkeit wiederfahren
laſſen. Gewiſſe Saiten kann man gar nicht
beruͤhren, ohne ſie aufzubringen. Haben ſie
eine Thorheit begangen; ſind ſie blindlings
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/276>, abgerufen am 21.12.2024.
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