Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.tet das die übrigbleibenden Gefährten um desto an¬
tet das die uͤbrigbleibenden Gefaͤhrten um deſto an¬
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0260" n="230"/> tet das die uͤbrigbleibenden Gefaͤhrten um deſto<lb/> feſter an einander. — Ganz anders ſieht es<lb/> aus in reifern Jahren. Von Menſchen und<lb/> Schickſalen vielfaͤltig getaͤuſcht, werden wir<lb/> verſchloſſener, trauen nicht ſo leicht; das Herz<lb/> ſteht unter der Vormundſchaft der Vernunft,<lb/> die genauer abwaͤgt und ſich ſelbſt Rath zu ſchaf¬<lb/> fen ſucht, bevor ſie ſich Andern anvertrauet.<lb/> Man fordert mehr, iſt eckler in der Wahl, nicht<lb/> mehr ſo luͤſtern nach neuen Bekanntſchaften,<lb/> wird nicht ſo lebhaft betroffen von glaͤnzenden<lb/> Auſſenſeiten; Man hat aͤchtere Begriffe von<lb/> Vollkommenheit, von dauerhaften Buͤndniſſen,<lb/> vom Nutzen und Schaden einer gaͤnzlichen Hin¬<lb/> gebung; der Character iſt feſter; die Grund¬<lb/> ſaͤtze ſind auf Syſteme zuruͤckgefuͤhrt, in wel¬<lb/> chen die <choice><sic>Geſinnnngen</sic><corr>Geſinnungen</corr></choice> und Theorien eines uns<lb/> fremden Menſchen ſelten paſſen; folglich wird<lb/> es ſchwerer, eine dauerhafte Harmonie zu<lb/> Stande zu bringen, und endlich ſind wir in<lb/> ſo manche Geſchaͤfte und Verbindungen ver¬<lb/> flochten, daß wir kaum Muße, und wenig¬<lb/> ſtens ſelten Drang haben, neue zu ſchlieſſen.<lb/> Alſo vernachlaͤſſige man ſeine Jugendfreunde<lb/> nicht, und wenn auch Schickſale, Reiſen und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">an¬<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0260]
tet das die uͤbrigbleibenden Gefaͤhrten um deſto
feſter an einander. — Ganz anders ſieht es
aus in reifern Jahren. Von Menſchen und
Schickſalen vielfaͤltig getaͤuſcht, werden wir
verſchloſſener, trauen nicht ſo leicht; das Herz
ſteht unter der Vormundſchaft der Vernunft,
die genauer abwaͤgt und ſich ſelbſt Rath zu ſchaf¬
fen ſucht, bevor ſie ſich Andern anvertrauet.
Man fordert mehr, iſt eckler in der Wahl, nicht
mehr ſo luͤſtern nach neuen Bekanntſchaften,
wird nicht ſo lebhaft betroffen von glaͤnzenden
Auſſenſeiten; Man hat aͤchtere Begriffe von
Vollkommenheit, von dauerhaften Buͤndniſſen,
vom Nutzen und Schaden einer gaͤnzlichen Hin¬
gebung; der Character iſt feſter; die Grund¬
ſaͤtze ſind auf Syſteme zuruͤckgefuͤhrt, in wel¬
chen die Geſinnungen und Theorien eines uns
fremden Menſchen ſelten paſſen; folglich wird
es ſchwerer, eine dauerhafte Harmonie zu
Stande zu bringen, und endlich ſind wir in
ſo manche Geſchaͤfte und Verbindungen ver¬
flochten, daß wir kaum Muße, und wenig¬
ſtens ſelten Drang haben, neue zu ſchlieſſen.
Alſo vernachlaͤſſige man ſeine Jugendfreunde
nicht, und wenn auch Schickſale, Reiſen und
an¬
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