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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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Zehntes Capittel.

Ueber den Umgang unter Freunden.


I.

Da bey dem Betragen gegen unsre Freunde
alles auf die Wahl derselben ankömmt; so muß
ich zuerst einige Bemerkungen über diesen Ge¬
genstand vorausschicken. Keine freundschaft¬
liche Verbindungen pflegen dauerhafter zu seyn,
als die, welche in der frühern Jugend geschlos¬
sen werden. Man ist da noch weniger mis¬
trauisch, weniger schwürig in Kleinigkeiten; das
Herz ist ofner, geneigter mitzutheilen, sich an¬
zuschliessen; die Charaktere fügen sich leichter zu¬
sammen; Man giebt von beyden Seiten nach
und setzt sich in gleiche Stimmung; Man er¬
fährt mit einander so manches, erinnert sich
der sorgenlosen, gemeinschaftlich vollbrachten
glücklichen Jugend-Jahre, und rückt mit glei¬
chen Schritten in Cultur und Erfahrung fort.
Dazu kommen dann Gewohnheit und Bedürf¬
niß; Wird Einer aus dem vertrauten Cirkel
durch die Hand des Todes dahingerissen; so ket¬

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Zehntes Capittel.

Ueber den Umgang unter Freunden.


I.

Da bey dem Betragen gegen unſre Freunde
alles auf die Wahl derſelben ankoͤmmt; ſo muß
ich zuerſt einige Bemerkungen uͤber dieſen Ge¬
genſtand vorausſchicken. Keine freundſchaft¬
liche Verbindungen pflegen dauerhafter zu ſeyn,
als die, welche in der fruͤhern Jugend geſchloſ¬
ſen werden. Man iſt da noch weniger mis¬
trauiſch, weniger ſchwuͤrig in Kleinigkeiten; das
Herz iſt ofner, geneigter mitzutheilen, ſich an¬
zuſchlieſſen; die Charaktere fuͤgen ſich leichter zu¬
ſammen; Man giebt von beyden Seiten nach
und ſetzt ſich in gleiche Stimmung; Man er¬
faͤhrt mit einander ſo manches, erinnert ſich
der ſorgenloſen, gemeinſchaftlich vollbrachten
gluͤcklichen Jugend-Jahre, und ruͤckt mit glei¬
chen Schritten in Cultur und Erfahrung fort.
Dazu kommen dann Gewohnheit und Beduͤrf¬
niß; Wird Einer aus dem vertrauten Cirkel
durch die Hand des Todes dahingeriſſen; ſo ket¬

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[229/0259] Zehntes Capittel. Ueber den Umgang unter Freunden. I. Da bey dem Betragen gegen unſre Freunde alles auf die Wahl derſelben ankoͤmmt; ſo muß ich zuerſt einige Bemerkungen uͤber dieſen Ge¬ genſtand vorausſchicken. Keine freundſchaft¬ liche Verbindungen pflegen dauerhafter zu ſeyn, als die, welche in der fruͤhern Jugend geſchloſ¬ ſen werden. Man iſt da noch weniger mis¬ trauiſch, weniger ſchwuͤrig in Kleinigkeiten; das Herz iſt ofner, geneigter mitzutheilen, ſich an¬ zuſchlieſſen; die Charaktere fuͤgen ſich leichter zu¬ ſammen; Man giebt von beyden Seiten nach und ſetzt ſich in gleiche Stimmung; Man er¬ faͤhrt mit einander ſo manches, erinnert ſich der ſorgenloſen, gemeinſchaftlich vollbrachten gluͤcklichen Jugend-Jahre, und ruͤckt mit glei¬ chen Schritten in Cultur und Erfahrung fort. Dazu kommen dann Gewohnheit und Beduͤrf¬ niß; Wird Einer aus dem vertrauten Cirkel durch die Hand des Todes dahingeriſſen; ſo ket¬ tet P 3

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/259>, abgerufen am 21.12.2024.