herumreichen kann; wenn der Wirth und die Wirthinn uns ungestüm zum Essen und Trinken nöthigen, oder auf eine Weise geben, die uns zu sagen scheint: "Es ist nun einmal ange¬ "schafft; also fresset Euch den Balg voll! Wer¬ "det recht satt; so habt Ihr auf lange Zeit ge¬ "nug, und braucht sobald nicht wieder zu kom¬ "men!" endlich wenn wir Zeugen von Fami¬ lienzwist und der Unordnung, die im Hause herrscht, seyn müssen. Mit einem Worte! Es giebt eine Art, Gastfreundschaft zu erweisen, die dem Wenigen, so man darreicht, einen hö¬ hern Werth giebt, als große Schmausereyen haben. Vieles trägt hierzu die Unterhaltung bey. Man muß daher die Kunst verstehn, mit seinen Gästen nur von solchen Dingen zu re¬ den, die sie gern hören, in einem größern Cir¬ kel solche Gespräche zu führen, woran Alle mit Vergnügen Theil nehmen, und sich dabey in vortheilhaftem Lichte zeigen können. Der Blöde muß ermuntert, der Traurige aufgehei¬ tert werden. Man muß nichts als Auge und Ohr seyn, ohne daß dies mühsam aussehe, ohne daß man an uns Anstrengung wahrnehme. Man bitte nicht Menschen zusammen, oder
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herumreichen kann; wenn der Wirth und die Wirthinn uns ungeſtuͤm zum Eſſen und Trinken noͤthigen, oder auf eine Weiſe geben, die uns zu ſagen ſcheint: „Es iſt nun einmal ange¬ „ſchafft; alſo freſſet Euch den Balg voll! Wer¬ „det recht ſatt; ſo habt Ihr auf lange Zeit ge¬ „nug, und braucht ſobald nicht wieder zu kom¬ „men!“ endlich wenn wir Zeugen von Fami¬ lienzwiſt und der Unordnung, die im Hauſe herrſcht, ſeyn muͤſſen. Mit einem Worte! Es giebt eine Art, Gaſtfreundſchaft zu erweiſen, die dem Wenigen, ſo man darreicht, einen hoͤ¬ hern Werth giebt, als große Schmauſereyen haben. Vieles traͤgt hierzu die Unterhaltung bey. Man muß daher die Kunſt verſtehn, mit ſeinen Gaͤſten nur von ſolchen Dingen zu re¬ den, die ſie gern hoͤren, in einem groͤßern Cir¬ kel ſolche Geſpraͤche zu fuͤhren, woran Alle mit Vergnuͤgen Theil nehmen, und ſich dabey in vortheilhaftem Lichte zeigen koͤnnen. Der Bloͤde muß ermuntert, der Traurige aufgehei¬ tert werden. Man muß nichts als Auge und Ohr ſeyn, ohne daß dies muͤhſam ausſehe, ohne daß man an uns Anſtrengung wahrnehme. Man bitte nicht Menſchen zuſammen, oder
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herumreichen kann; wenn der Wirth und die
Wirthinn uns ungeſtuͤm zum Eſſen und Trinken
noͤthigen, oder auf eine Weiſe geben, die uns
zu ſagen ſcheint: „Es iſt nun einmal ange¬
„ſchafft; alſo freſſet Euch den Balg voll! Wer¬
„det recht ſatt; ſo habt Ihr auf lange Zeit ge¬
„nug, und braucht ſobald nicht wieder zu kom¬
„men!“ endlich wenn wir Zeugen von Fami¬
lienzwiſt und der Unordnung, die im Hauſe
herrſcht, ſeyn muͤſſen. Mit einem Worte! Es
giebt eine Art, Gaſtfreundſchaft zu erweiſen,
die dem Wenigen, ſo man darreicht, einen hoͤ¬
hern Werth giebt, als große Schmauſereyen
haben. Vieles traͤgt hierzu die Unterhaltung
bey. Man muß daher die Kunſt verſtehn, mit
ſeinen Gaͤſten nur von ſolchen Dingen zu re¬
den, die ſie gern hoͤren, in einem groͤßern Cir¬
kel ſolche Geſpraͤche zu fuͤhren, woran Alle mit
Vergnuͤgen Theil nehmen, und ſich dabey in
vortheilhaftem Lichte zeigen koͤnnen. Der
Bloͤde muß ermuntert, der Traurige aufgehei¬
tert werden. Man muß nichts als Auge und
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daß man an uns Anſtrengung wahrnehme.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/255>, abgerufen am 24.11.2024.
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