seyn? Es ist wahr, daß die Wenigsten von De¬ nen, die bey Privat-Leuten in Dienste treten, so wohl erzogen sind, daß sie den Werth einer solchen Herablassung zu erkennen und gehörig zu nützen wissen; Allein was hindert uns, die Gesinde selbst zu erziehn, sie als Kinder anzu¬ nehmen, sie dann lebenslang, wie die Mit¬ glieder unsrer Familie, bey uns zu behalten, und ihr Schicksal nach Verhältniß ihres Ver¬ dienstes und unsers Vermögens zu verbessern? Ich kenne aus Erfahrung alle Ungemächlich¬ keiten einer solchen Unternehmung; Seit meh¬ rern Jahren folge ich diesem Plane. Vielfäl¬ tig mislingt es; unsre Arbeit belohnt sich nicht, wird nicht erkannt; die Kinder, wenn sie her¬ angewachsen sind, fangen an sich zu fühlen, und entziehen sich unsrer väterlichen Zucht. Allein oft sind wir selbst durch fehlerhafte Be¬ handlung daran Schuld, und nicht immer han¬ deln sie undankbar gegen uns. Wir geben ih¬ nen zuweilen eine ganz andre Art von Erzie¬ hung, als für ihre Lage taugt, und dadurch machen wir sie grade unzufrieden mit ihrem Zustande, statt ihr Glück zu bauen; oder wir behandeln sie, wenn sie schon erwachsen sind, noch
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ſeyn? Es iſt wahr, daß die Wenigſten von De¬ nen, die bey Privat-Leuten in Dienſte treten, ſo wohl erzogen ſind, daß ſie den Werth einer ſolchen Herablaſſung zu erkennen und gehoͤrig zu nuͤtzen wiſſen; Allein was hindert uns, die Geſinde ſelbſt zu erziehn, ſie als Kinder anzu¬ nehmen, ſie dann lebenslang, wie die Mit¬ glieder unſrer Familie, bey uns zu behalten, und ihr Schickſal nach Verhaͤltniß ihres Ver¬ dienſtes und unſers Vermoͤgens zu verbeſſern? Ich kenne aus Erfahrung alle Ungemaͤchlich¬ keiten einer ſolchen Unternehmung; Seit meh¬ rern Jahren folge ich dieſem Plane. Vielfaͤl¬ tig mislingt es; unſre Arbeit belohnt ſich nicht, wird nicht erkannt; die Kinder, wenn ſie her¬ angewachſen ſind, fangen an ſich zu fuͤhlen, und entziehen ſich unſrer vaͤterlichen Zucht. Allein oft ſind wir ſelbſt durch fehlerhafte Be¬ handlung daran Schuld, und nicht immer han¬ deln ſie undankbar gegen uns. Wir geben ih¬ nen zuweilen eine ganz andre Art von Erzie¬ hung, als fuͤr ihre Lage taugt, und dadurch machen wir ſie grade unzufrieden mit ihrem Zuſtande, ſtatt ihr Gluͤck zu bauen; oder wir behandeln ſie, wenn ſie ſchon erwachſen ſind, noch
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ſeyn? Es iſt wahr, daß die Wenigſten von De¬
nen, die bey Privat-Leuten in Dienſte treten,
ſo wohl erzogen ſind, daß ſie den Werth einer
ſolchen Herablaſſung zu erkennen und gehoͤrig
zu nuͤtzen wiſſen; Allein was hindert uns, die
Geſinde ſelbſt zu erziehn, ſie als Kinder anzu¬
nehmen, ſie dann lebenslang, wie die Mit¬
glieder unſrer Familie, bey uns zu behalten,
und ihr Schickſal nach Verhaͤltniß ihres Ver¬
dienſtes und unſers Vermoͤgens zu verbeſſern?
Ich kenne aus Erfahrung alle Ungemaͤchlich¬
keiten einer ſolchen Unternehmung; Seit meh¬
rern Jahren folge ich dieſem Plane. Vielfaͤl¬
tig mislingt es; unſre Arbeit belohnt ſich nicht,
wird nicht erkannt; die Kinder, wenn ſie her¬
angewachſen ſind, fangen an ſich zu fuͤhlen,
und entziehen ſich unſrer vaͤterlichen Zucht.
Allein oft ſind wir ſelbſt durch fehlerhafte Be¬
handlung daran Schuld, und nicht immer han¬
deln ſie undankbar gegen uns. Wir geben ih¬
nen zuweilen eine ganz andre Art von Erzie¬
hung, als fuͤr ihre Lage taugt, und dadurch
machen wir ſie grade unzufrieden mit ihrem
Zuſtande, ſtatt ihr Gluͤck zu bauen; oder wir
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/246>, abgerufen am 25.11.2024.
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