Unterschiede, daß Begierde nach Ruhm oder Gewinnst diese irreleiten kann; die Frauen¬ zimmer hingegen nicht so leicht Entschuldigung finden können, wenn sie, mit mittelmäßigen oder weniger als mittelmäßigen Talenten und Kenntnissen, eine Laufbahn betreten, welche weder die Natur, noch die bürgerliche Verfas¬ sung ihnen angewiesen hat.
Was nun den Umgang mit solchen Frauen¬ zimmern angeht, die auf Litteratur Anspruch machen; so versteht sich's, daß, wenn diese Ansprüche gerecht sind, ihr Umgang äusserst lehrreich und unterhaltend ist, und was die von der andern Classe betrifft; so kann ich nichts weiter anrathen, als -- Geduld, und daß man es wenigstens nicht wage, ihren Macht¬ sprüchen Gründe entgegenzusetzen, oder ihren Geschmack zu reformiren, wenn man sich auch nicht so weit erniedrigen will, den Haufen ihrer Schmeichler zu vermehren.
18.
Das weibliche Geschlecht besitzt, in viel höherm Grade als wir, die Gabe, seine wah¬ ren Gesinnungen und Empfindungen zu ver¬
ber¬
Unterſchiede, daß Begierde nach Ruhm oder Gewinnſt dieſe irreleiten kann; die Frauen¬ zimmer hingegen nicht ſo leicht Entſchuldigung finden koͤnnen, wenn ſie, mit mittelmaͤßigen oder weniger als mittelmaͤßigen Talenten und Kenntniſſen, eine Laufbahn betreten, welche weder die Natur, noch die buͤrgerliche Verfaſ¬ ſung ihnen angewieſen hat.
Was nun den Umgang mit ſolchen Frauen¬ zimmern angeht, die auf Litteratur Anſpruch machen; ſo verſteht ſich's, daß, wenn dieſe Anſpruͤche gerecht ſind, ihr Umgang aͤuſſerſt lehrreich und unterhaltend iſt, und was die von der andern Claſſe betrifft; ſo kann ich nichts weiter anrathen, als — Geduld, und daß man es wenigſtens nicht wage, ihren Macht¬ ſpruͤchen Gruͤnde entgegenzuſetzen, oder ihren Geſchmack zu reformiren, wenn man ſich auch nicht ſo weit erniedrigen will, den Haufen ihrer Schmeichler zu vermehren.
18.
Das weibliche Geſchlecht beſitzt, in viel hoͤherm Grade als wir, die Gabe, ſeine wah¬ ren Geſinnungen und Empfindungen zu ver¬
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Unterſchiede, daß Begierde nach Ruhm oder
Gewinnſt dieſe irreleiten kann; die Frauen¬
zimmer hingegen nicht ſo leicht Entſchuldigung
finden koͤnnen, wenn ſie, mit mittelmaͤßigen
oder weniger als mittelmaͤßigen Talenten und
Kenntniſſen, eine Laufbahn betreten, welche
weder die Natur, noch die buͤrgerliche Verfaſ¬
ſung ihnen angewieſen hat.
Was nun den Umgang mit ſolchen Frauen¬
zimmern angeht, die auf Litteratur Anſpruch
machen; ſo verſteht ſich's, daß, wenn dieſe
Anſpruͤche gerecht ſind, ihr Umgang aͤuſſerſt
lehrreich und unterhaltend iſt, und was die
von der andern Claſſe betrifft; ſo kann ich nichts
weiter anrathen, als — Geduld, und daß
man es wenigſtens nicht wage, ihren Macht¬
ſpruͤchen Gruͤnde entgegenzuſetzen, oder ihren
Geſchmack zu reformiren, wenn man ſich auch
nicht ſo weit erniedrigen will, den Haufen
ihrer Schmeichler zu vermehren.
18.
Das weibliche Geſchlecht beſitzt, in viel
hoͤherm Grade als wir, die Gabe, ſeine wah¬
ren Geſinnungen und Empfindungen zu ver¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/228>, abgerufen am 16.02.2025.
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