werden die sanftern Tinten in den Character ein¬ getragen; da wird, durch mildere und feinere Züge, manche rauhe Häute gemäßigt-- kurz! wer nie mit Weibern besserer Art umgegangen ist, der entbehrt nicht nur sehr viel reinen Ge¬ nuß, sondern er wird auch im geselligen Leben nicht weit kommen, und den Mann, der verächt¬ lich vom ganzen weiblichen Geschlechte denkt und redet, mag ich nicht zum Freunde haben. Ich habe die seligsten Stunden in dem Cirkel liebens¬ würdiger Frauenzimmer verlebt, und wenn etwas Gutes an mir ist, wenn, nach so vielfältigen Täuschungen von Menschen und Schicksalen, Er¬ bitterung, Mismuth und Feindseligkeit noch nicht Wohlwollen, Liebe und Duldung aus meiner Seele verdrängt haben; so danke ich es den sanf¬ ten Einwürkungen, die dieser Umgang auf mei¬ nen Character gehabt hat.
3.
Die Weiber haben einen ganz eigenen Sinn, um Diejenigen unter den Männern zu unterschei¬ den, welche mit ihnen sympathisieren, sie verstehn, sich in ihren Ton stimmen können. Man hat sehr Unrecht, wenn man ihnen Schuld giebt, cör¬
perliche
werden die ſanftern Tinten in den Character ein¬ getragen; da wird, durch mildere und feinere Zuͤge, manche rauhe Haͤute gemaͤßigt— kurz! wer nie mit Weibern beſſerer Art umgegangen iſt, der entbehrt nicht nur ſehr viel reinen Ge¬ nuß, ſondern er wird auch im geſelligen Leben nicht weit kommen, und den Mann, der veraͤcht¬ lich vom ganzen weiblichen Geſchlechte denkt und redet, mag ich nicht zum Freunde haben. Ich habe die ſeligſten Stunden in dem Cirkel liebens¬ wuͤrdiger Frauenzimmer verlebt, und wenn etwas Gutes an mir iſt, wenn, nach ſo vielfaͤltigen Taͤuſchungen von Menſchen und Schickſalen, Er¬ bitterung, Mismuth und Feindſeligkeit noch nicht Wohlwollen, Liebe und Duldung aus meiner Seele verdraͤngt haben; ſo danke ich es den ſanf¬ ten Einwuͤrkungen, die dieſer Umgang auf mei¬ nen Character gehabt hat.
3.
Die Weiber haben einen ganz eigenen Sinn, um Diejenigen unter den Maͤnnern zu unterſchei¬ den, welche mit ihnen ſympathiſieren, ſie verſtehn, ſich in ihren Ton ſtimmen koͤnnen. Man hat ſehr Unrecht, wenn man ihnen Schuld giebt, coͤr¬
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werden die ſanftern Tinten in den Character ein¬
getragen; da wird, durch mildere und feinere
Zuͤge, manche rauhe Haͤute gemaͤßigt— kurz!
wer nie mit Weibern beſſerer Art umgegangen
iſt, der entbehrt nicht nur ſehr viel reinen Ge¬
nuß, ſondern er wird auch im geſelligen Leben
nicht weit kommen, und den Mann, der veraͤcht¬
lich vom ganzen weiblichen Geſchlechte denkt und
redet, mag ich nicht zum Freunde haben. Ich
habe die ſeligſten Stunden in dem Cirkel liebens¬
wuͤrdiger Frauenzimmer verlebt, und wenn etwas
Gutes an mir iſt, wenn, nach ſo vielfaͤltigen
Taͤuſchungen von Menſchen und Schickſalen, Er¬
bitterung, Mismuth und Feindſeligkeit noch nicht
Wohlwollen, Liebe und Duldung aus meiner
Seele verdraͤngt haben; ſo danke ich es den ſanf¬
ten Einwuͤrkungen, die dieſer Umgang auf mei¬
nen Character gehabt hat.
3.
Die Weiber haben einen ganz eigenen Sinn,
um Diejenigen unter den Maͤnnern zu unterſchei¬
den, welche mit ihnen ſympathiſieren, ſie verſtehn,
ſich in ihren Ton ſtimmen koͤnnen. Man hat
ſehr Unrecht, wenn man ihnen Schuld giebt, coͤr¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/205>, abgerufen am 16.02.2025.
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