Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

nem, der die Colic hat, nach Noten zu schreyen.
Doch liesse sich Einiges sagen, das gut zu be¬
obachten wäre, wenn man hoffen dürfte, daß
solche Menschen der Vernunft Gehör gäben.

3.

Die erste Liebe bewürkt ungeheure Revo¬
lutionen in der ganzen Sinnesart und dem
Wesen des Menschen. Wer nie geliebt hat,
kann keinen Begriff haben von den seligen Freu¬
den, die der Umgang unter Verliebten gewährt:
wer zu oft mit seinem Herzen Tausch und Han¬
del getrieben hat, verliehrt den Sinn dafür.
Ich habe einst ein Bild davon entworfen, und
da ich jetzt nichts Bessers darüber zu sagen weiß;
so will ich diese Stelle hier abschreiben. *)

"Es ist eine gar sonderbare Sache um die
"ersten Liebes-Erklärungen. Wer mit seinem
"Herzen schon oft Spielwerk getrieben, seine
"zärtlichen Seufzer vor manchen Schönen schon
"ausgeblasen hat, dem wird es eben nicht schwer,
"wenn er einmal wieder sich die Lust macht,

"ver¬
*) Die Verirrungen des Philosophen, oder
Geschichte Ludwigs von Seelberg, Theil
1, Seite 108.
L 2

nem, der die Colic hat, nach Noten zu ſchreyen.
Doch lieſſe ſich Einiges ſagen, das gut zu be¬
obachten waͤre, wenn man hoffen duͤrfte, daß
ſolche Menſchen der Vernunft Gehoͤr gaͤben.

3.

Die erſte Liebe bewuͤrkt ungeheure Revo¬
lutionen in der ganzen Sinnesart und dem
Weſen des Menſchen. Wer nie geliebt hat,
kann keinen Begriff haben von den ſeligen Freu¬
den, die der Umgang unter Verliebten gewaͤhrt:
wer zu oft mit ſeinem Herzen Tauſch und Han¬
del getrieben hat, verliehrt den Sinn dafuͤr.
Ich habe einſt ein Bild davon entworfen, und
da ich jetzt nichts Beſſers daruͤber zu ſagen weiß;
ſo will ich dieſe Stelle hier abſchreiben. *)

„Es iſt eine gar ſonderbare Sache um die
„erſten Liebes-Erklaͤrungen. Wer mit ſeinem
„Herzen ſchon oft Spielwerk getrieben, ſeine
„zaͤrtlichen Seufzer vor manchen Schoͤnen ſchon
„ausgeblaſen hat, dem wird es eben nicht ſchwer,
„wenn er einmal wieder ſich die Luſt macht,

„ver¬
*) Die Verirrungen des Philoſophen, oder
Geſchichte Ludwigs von Seelberg, Theil
1, Seite 108.
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0193" n="163"/>
nem, der die Colic hat, nach Noten zu &#x017F;chreyen.<lb/>
Doch lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich Einiges &#x017F;agen, das gut zu be¬<lb/>
obachten wa&#x0364;re, wenn man hoffen du&#x0364;rfte, daß<lb/>
&#x017F;olche Men&#x017F;chen der Vernunft Geho&#x0364;r ga&#x0364;ben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Die er&#x017F;te Liebe bewu&#x0364;rkt ungeheure Revo¬<lb/>
lutionen in der ganzen Sinnesart und dem<lb/>
We&#x017F;en des Men&#x017F;chen. Wer nie geliebt hat,<lb/>
kann keinen Begriff haben von den &#x017F;eligen Freu¬<lb/>
den, die der Umgang unter Verliebten gewa&#x0364;hrt:<lb/>
wer zu oft mit &#x017F;einem Herzen Tau&#x017F;ch und Han¬<lb/>
del getrieben hat, verliehrt den Sinn dafu&#x0364;r.<lb/>
Ich habe ein&#x017F;t ein Bild davon entworfen, und<lb/>
da ich jetzt nichts Be&#x017F;&#x017F;ers daru&#x0364;ber zu &#x017F;agen weiß;<lb/>
&#x017F;o will ich die&#x017F;e Stelle hier ab&#x017F;chreiben. <note place="foot" n="*)"><lb/>
Die Verirrungen des Philo&#x017F;ophen, oder<lb/>
Ge&#x017F;chichte Ludwigs von Seelberg, Theil<lb/>
1, Seite 108.</note></p><lb/>
            <p>&#x201E;Es i&#x017F;t eine gar &#x017F;onderbare Sache um die<lb/>
&#x201E;er&#x017F;ten Liebes-Erkla&#x0364;rungen. Wer mit &#x017F;einem<lb/>
&#x201E;Herzen &#x017F;chon oft Spielwerk getrieben, &#x017F;eine<lb/>
&#x201E;za&#x0364;rtlichen Seufzer vor manchen Scho&#x0364;nen &#x017F;chon<lb/>
&#x201E;ausgebla&#x017F;en hat, dem wird es eben nicht &#x017F;chwer,<lb/>
&#x201E;wenn er einmal wieder &#x017F;ich die Lu&#x017F;t macht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;ver¬<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">L 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0193] nem, der die Colic hat, nach Noten zu ſchreyen. Doch lieſſe ſich Einiges ſagen, das gut zu be¬ obachten waͤre, wenn man hoffen duͤrfte, daß ſolche Menſchen der Vernunft Gehoͤr gaͤben. 3. Die erſte Liebe bewuͤrkt ungeheure Revo¬ lutionen in der ganzen Sinnesart und dem Weſen des Menſchen. Wer nie geliebt hat, kann keinen Begriff haben von den ſeligen Freu¬ den, die der Umgang unter Verliebten gewaͤhrt: wer zu oft mit ſeinem Herzen Tauſch und Han¬ del getrieben hat, verliehrt den Sinn dafuͤr. Ich habe einſt ein Bild davon entworfen, und da ich jetzt nichts Beſſers daruͤber zu ſagen weiß; ſo will ich dieſe Stelle hier abſchreiben. *) „Es iſt eine gar ſonderbare Sache um die „erſten Liebes-Erklaͤrungen. Wer mit ſeinem „Herzen ſchon oft Spielwerk getrieben, ſeine „zaͤrtlichen Seufzer vor manchen Schoͤnen ſchon „ausgeblaſen hat, dem wird es eben nicht ſchwer, „wenn er einmal wieder ſich die Luſt macht, „ver¬ *) Die Verirrungen des Philoſophen, oder Geſchichte Ludwigs von Seelberg, Theil 1, Seite 108. L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/193
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/193>, abgerufen am 21.12.2024.