Jene zerreisst die Familien-Bande, vererbt auf Bastarte die Vorzüge ehelicher Kinder, zer¬ stöhrt die heiligen Rechte des Eigenthums, und wiederspricht laut den Gesetzen der Natur, nach welchen immer Vielweiberey weniger un¬ natürlich als Vielmännerey seyn würde -- Man hat nicht einmal in irgend einer Spra¬ che einen üblichen Ausdruck für das Letztere. Der Mann ist das Haupt der Familie; Die schlechte Aufführung seiner Frau wirft zugleich Schande auf ihn, als den Haus- Regenten -- nicht umgekehrt also! Ohne Betracht auf Folge und Rechenschaft aber; so dünkt mich handelt ein Theil, der den andern für untreu hält, sehr unweise, wenn er durch Vorwürfe, oder gar durch unvernünftiges Toben ihn in Schran¬ ken halten will. Ist es ihm um sein Herz zu thun; so muß er wissen, daß man nur durch sanfte, liebevolle Mittel Herzen fesselt, durch das Gegentheil aber zurückstößt; Verlangt er nur den alleinigen Besitz seines Leibes; so ist er ein Geschöpf der gemeinsten Art. Ehe¬ leute, die durch kein edlers Band an einander geknüpft sind, finden tausend Mittel, sich zu hintergehn, und es ist daran nicht viel verloh¬
ren.
Jene zerreiſſt die Familien-Bande, vererbt auf Baſtarte die Vorzuͤge ehelicher Kinder, zer¬ ſtoͤhrt die heiligen Rechte des Eigenthums, und wiederſpricht laut den Geſetzen der Natur, nach welchen immer Vielweiberey weniger un¬ natuͤrlich als Vielmaͤnnerey ſeyn wuͤrde — Man hat nicht einmal in irgend einer Spra¬ che einen uͤblichen Ausdruck fuͤr das Letztere. Der Mann iſt das Haupt der Familie; Die ſchlechte Auffuͤhrung ſeiner Frau wirft zugleich Schande auf ihn, als den Haus- Regenten — nicht umgekehrt alſo! Ohne Betracht auf Folge und Rechenſchaft aber; ſo duͤnkt mich handelt ein Theil, der den andern fuͤr untreu haͤlt, ſehr unweiſe, wenn er durch Vorwuͤrfe, oder gar durch unvernuͤnftiges Toben ihn in Schran¬ ken halten will. Iſt es ihm um ſein Herz zu thun; ſo muß er wiſſen, daß man nur durch ſanfte, liebevolle Mittel Herzen feſſelt, durch das Gegentheil aber zuruͤckſtoͤßt; Verlangt er nur den alleinigen Beſitz ſeines Leibes; ſo iſt er ein Geſchoͤpf der gemeinſten Art. Ehe¬ leute, die durch kein edlers Band an einander geknuͤpft ſind, finden tauſend Mittel, ſich zu hintergehn, und es iſt daran nicht viel verloh¬
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Jene zerreiſſt die Familien-Bande, vererbt
auf Baſtarte die Vorzuͤge ehelicher Kinder, zer¬
ſtoͤhrt die heiligen Rechte des Eigenthums, und
wiederſpricht laut den Geſetzen der Natur,
nach welchen immer Vielweiberey weniger un¬
natuͤrlich als Vielmaͤnnerey ſeyn wuͤrde —
Man hat nicht einmal in irgend einer Spra¬
che einen uͤblichen Ausdruck fuͤr das Letztere.
Der Mann iſt das Haupt der Familie; Die
ſchlechte Auffuͤhrung ſeiner Frau wirft zugleich
Schande auf ihn, als den Haus- Regenten —
nicht umgekehrt alſo! Ohne Betracht auf Folge
und Rechenſchaft aber; ſo duͤnkt mich handelt
ein Theil, der den andern fuͤr untreu haͤlt, ſehr
unweiſe, wenn er durch Vorwuͤrfe, oder gar
durch unvernuͤnftiges Toben ihn in Schran¬
ken halten will. Iſt es ihm um ſein Herz zu
thun; ſo muß er wiſſen, daß man nur durch
ſanfte, liebevolle Mittel Herzen feſſelt, durch
das Gegentheil aber zuruͤckſtoͤßt; Verlangt er
nur den alleinigen Beſitz ſeines Leibes; ſo iſt
er ein Geſchoͤpf der gemeinſten Art. Ehe¬
leute, die durch kein edlers Band an einander
geknuͤpft ſind, finden tauſend Mittel, ſich zu
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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