hen und sehn müssen, und also Muße und Ge¬ legenheit genug haben, Einer mit des Andern Fehlern und Launen bekannt zu werden und, selbst durch die kleinsten derselben, manche Un¬ gemächlichkeit zu leiden, wichtig ist es, Mittel zu erfinden, sich dann nicht gegenseitig lästig, langweilig, nicht kalt, gleichgültig gegen einan¬ der zu werden, oder gar Eckel und Abneigung zu empfinden. Hier ist also weise Vorsicht im Umgange nöthig. Verstellung fällt in allem Betrachte weg; aber einer gewissen Achtsam¬ keit auf sich selbst, und der möglichsten Entfer¬ nung alles dessen, was sicher widrige Eindrücke machen muß, soll man sich befleissigen. Man setze daher nie gegen einander jene Höflichkeit aus den Augen, die sehr wohl mit Vertraulich¬ keit bestehn kann, und die den Mann von fei¬ ner Erziehung bezeichnet! Ohne sich fremd zu werden, sorge man doch däfür, daß man durch oft wiederholte Gespräche über die nemlichen Gegenstände nicht langweilig werde, daß man sich nicht so auswendig lerne, daß jedes Ge¬ spräch der Eheleute unter vier Augen lästig scheint, und man sich nach fremder Unterhal¬ tung sehnt. Ich kenne einen Mann, der eine
An¬
hen und ſehn muͤſſen, und alſo Muße und Ge¬ legenheit genug haben, Einer mit des Andern Fehlern und Launen bekannt zu werden und, ſelbſt durch die kleinſten derſelben, manche Un¬ gemaͤchlichkeit zu leiden, wichtig iſt es, Mittel zu erfinden, ſich dann nicht gegenſeitig laͤſtig, langweilig, nicht kalt, gleichguͤltig gegen einan¬ der zu werden, oder gar Eckel und Abneigung zu empfinden. Hier iſt alſo weiſe Vorſicht im Umgange noͤthig. Verſtellung faͤllt in allem Betrachte weg; aber einer gewiſſen Achtſam¬ keit auf ſich ſelbſt, und der moͤglichſten Entfer¬ nung alles deſſen, was ſicher widrige Eindruͤcke machen muß, ſoll man ſich befleiſſigen. Man ſetze daher nie gegen einander jene Hoͤflichkeit aus den Augen, die ſehr wohl mit Vertraulich¬ keit beſtehn kann, und die den Mann von fei¬ ner Erziehung bezeichnet! Ohne ſich fremd zu werden, ſorge man doch daͤfuͤr, daß man durch oft wiederholte Geſpraͤche uͤber die nemlichen Gegenſtaͤnde nicht langweilig werde, daß man ſich nicht ſo auswendig lerne, daß jedes Ge¬ ſpraͤch der Eheleute unter vier Augen laͤſtig ſcheint, und man ſich nach fremder Unterhal¬ tung ſehnt. Ich kenne einen Mann, der eine
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hen und ſehn muͤſſen, und alſo Muße und Ge¬
legenheit genug haben, Einer mit des Andern
Fehlern und Launen bekannt zu werden und,
ſelbſt durch die kleinſten derſelben, manche Un¬
gemaͤchlichkeit zu leiden, wichtig iſt es, Mittel
zu erfinden, ſich dann nicht gegenſeitig laͤſtig,
langweilig, nicht kalt, gleichguͤltig gegen einan¬
der zu werden, oder gar Eckel und Abneigung
zu empfinden. Hier iſt alſo weiſe Vorſicht im
Umgange noͤthig. Verſtellung faͤllt in allem
Betrachte weg; aber einer gewiſſen Achtſam¬
keit auf ſich ſelbſt, und der moͤglichſten Entfer¬
nung alles deſſen, was ſicher widrige Eindruͤcke
machen muß, ſoll man ſich befleiſſigen. Man
ſetze daher nie gegen einander jene Hoͤflichkeit
aus den Augen, die ſehr wohl mit Vertraulich¬
keit beſtehn kann, und die den Mann von fei¬
ner Erziehung bezeichnet! Ohne ſich fremd zu
werden, ſorge man doch daͤfuͤr, daß man durch
oft wiederholte Geſpraͤche uͤber die nemlichen
Gegenſtaͤnde nicht langweilig werde, daß man
ſich nicht ſo auswendig lerne, daß jedes Ge¬
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ſcheint, und man ſich nach fremder Unterhal¬
tung ſehnt. Ich kenne einen Mann, der eine
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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