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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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heit und Abneigung die Ehe verbittern, wenn
nicht freye Wahl, sondern politische, ökonomi¬
sche Rücksichten, Zwang, Verzweiflung, Noth,
Dankbarkeit, depit amoureux, ein Ohngefehr,
eine Grille, oder nur cörperliches Bedürfniß,
wobey das Herz nicht war, dieselbe geknüpft
hat, wenn der eine Theil immer nur empfan¬
gen, nie geben will, unaufhörlich fordert, Be¬
friedigung aller Bedürfnisse, Hülfe, Rath,
Aufmerksamkeit, Unterhaltung, Vergnügen,
Trost im Leiden fordert -- und dagegen nichts
leistet. Wähle also mit Vorsicht die Gefähr¬
thinn Deines Lebens, wenn Deine künftige
häusliche Glückseligkeit nicht ein Spiel des Zu¬
falls seyn soll!

2.

Ueberlegt man aber, daß gewöhnlich auch
diejenigen Ehen, welche auf eigene Wahl be¬
ruhen, in einem Alter und unter Umständen
geschlossen werden, wo weniger reife Ueber¬
legung und Vernunft, als blinde Leidenschaft
und Naturtrieb diese Wahl bestimmen, obgleich
man in dieser Verblendung wohl sehr viel von
Sympathie und Herzenshange träumt und

schwätzt;
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heit und Abneigung die Ehe verbittern, wenn
nicht freye Wahl, ſondern politiſche, oͤkonomi¬
ſche Ruͤckſichten, Zwang, Verzweiflung, Noth,
Dankbarkeit, dépit amoureux, ein Ohngefehr,
eine Grille, oder nur coͤrperliches Beduͤrfniß,
wobey das Herz nicht war, dieſelbe geknuͤpft
hat, wenn der eine Theil immer nur empfan¬
gen, nie geben will, unaufhoͤrlich fordert, Be¬
friedigung aller Beduͤrfniſſe, Huͤlfe, Rath,
Aufmerkſamkeit, Unterhaltung, Vergnuͤgen,
Troſt im Leiden fordert — und dagegen nichts
leiſtet. Waͤhle alſo mit Vorſicht die Gefaͤhr¬
thinn Deines Lebens, wenn Deine kuͤnftige
haͤusliche Gluͤckſeligkeit nicht ein Spiel des Zu¬
falls ſeyn ſoll!

2.

Ueberlegt man aber, daß gewoͤhnlich auch
diejenigen Ehen, welche auf eigene Wahl be¬
ruhen, in einem Alter und unter Umſtaͤnden
geſchloſſen werden, wo weniger reife Ueber¬
legung und Vernunft, als blinde Leidenſchaft
und Naturtrieb dieſe Wahl beſtimmen, obgleich
man in dieſer Verblendung wohl ſehr viel von
Sympathie und Herzenshange traͤumt und

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[115/0145] heit und Abneigung die Ehe verbittern, wenn nicht freye Wahl, ſondern politiſche, oͤkonomi¬ ſche Ruͤckſichten, Zwang, Verzweiflung, Noth, Dankbarkeit, dépit amoureux, ein Ohngefehr, eine Grille, oder nur coͤrperliches Beduͤrfniß, wobey das Herz nicht war, dieſelbe geknuͤpft hat, wenn der eine Theil immer nur empfan¬ gen, nie geben will, unaufhoͤrlich fordert, Be¬ friedigung aller Beduͤrfniſſe, Huͤlfe, Rath, Aufmerkſamkeit, Unterhaltung, Vergnuͤgen, Troſt im Leiden fordert — und dagegen nichts leiſtet. Waͤhle alſo mit Vorſicht die Gefaͤhr¬ thinn Deines Lebens, wenn Deine kuͤnftige haͤusliche Gluͤckſeligkeit nicht ein Spiel des Zu¬ falls ſeyn ſoll! 2. Ueberlegt man aber, daß gewoͤhnlich auch diejenigen Ehen, welche auf eigene Wahl be¬ ruhen, in einem Alter und unter Umſtaͤnden geſchloſſen werden, wo weniger reife Ueber¬ legung und Vernunft, als blinde Leidenſchaft und Naturtrieb dieſe Wahl beſtimmen, obgleich man in dieſer Verblendung wohl ſehr viel von Sympathie und Herzenshange traͤumt und ſchwaͤtzt; H 2

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/145>, abgerufen am 21.12.2024.