a)Moser's Versuch, X. 1. 1 ff. v. Ompteda's Lit. II. 585 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 287.
b) Vergl. oben §. 233, und Vattel, liv. III, ch. 6, §. 83. sqq.
§. 269. Fortsetzung.
Die Verbindlichkeit, die vertragmäsige Kriegs- hülfe zu leisten, hängt in dem concreten Fall ab von der Vorfrage, ob der Bundesfall (casus foederis, le cas d'alliance) vorhanden sey a). Nie ist er es bei einem ungerechten Krieg. Aber oft fehlen hinlängliche Data, über die Recht- mäsigkeit des Kriegs mit voller Sachkunde zu urtheilen. In solchem Fall gilt die Vermuthung des Rechtverhaltens, auch unter unabhängigen Staaten (§. 237). Es ist also der Bundesstaat zu der vertragmäsigen Hülfe dann befugt und verpflichtet, und er befindet sich bei deren Lei- stung in gutem Glauben, wenn er, nach den ihm bekannten Merkmalen, den Krieg, auf Seite der mit ihm verbündeten kriegführenden Macht, nicht für ungerecht erkennt. -- Durch Kriegs- hülfe nimmt diejenige Macht, welche solche lei- stet, wesentlichen Theil an den Feindseligkeiten der einen kriegführenden Macht. Sie wird also hiedurch Feind der andern b). Aber der eu- ropäische Völkergebrauch erkennt sie dafür, im vollen Sinn, nur bei allgemeiner Kriegshülfe; bei particulärer hingegen nur dann, wenn diese erst während des Kriegs war versprochen worden c).
I. Cap. Recht des Kriegs.
a)Moser’s Versuch, X. 1. 1 ff. v. Ompteda’s Lit. II. 585 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 287.
b) Vergl. oben §. 233, und Vattel, liv. III, ch. 6, §. 83. sqq.
§. 269. Fortsetzung.
Die Verbindlichkeit, die vertragmäsige Kriegs- hülfe zu leisten, hängt in dem concreten Fall ab von der Vorfrage, ob der Bundesfall (casus foederis, le cas d’alliance) vorhanden sey a). Nie ist er es bei einem ungerechten Krieg. Aber oft fehlen hinlängliche Data, über die Recht- mäsigkeit des Kriegs mit voller Sachkunde zu urtheilen. In solchem Fall gilt die Vermuthung des Rechtverhaltens, auch unter unabhängigen Staaten (§. 237). Es ist also der Bundesstaat zu der vertragmäsigen Hülfe dann befugt und verpflichtet, und er befindet sich bei deren Lei- stung in gutem Glauben, wenn er, nach den ihm bekannten Merkmalen, den Krieg, auf Seite der mit ihm verbündeten kriegführenden Macht, nicht für ungerecht erkennt. — Durch Kriegs- hülfe nimmt diejenige Macht, welche solche lei- stet, wesentlichen Theil an den Feindseligkeiten der einen kriegführenden Macht. Sie wird also hiedurch Feind der andern b). Aber der eu- ropäische Völkergebrauch erkennt sie dafür, im vollen Sinn, nur bei allgemeiner Kriegshülfe; bei particulärer hingegen nur dann, wenn diese erst während des Kriegs war versprochen worden c).
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[435/0067]
I. Cap. Recht des Kriegs.
a⁾ Moser’s Versuch, X. 1. 1 ff. v. Ompteda’s Lit. II. 585 ff.
v. Kamptz neue Lit., §. 287.
b⁾ Vergl. oben §. 233, und Vattel, liv. III, ch. 6, §. 83. sqq.
§. 269.
Fortsetzung.
Die Verbindlichkeit, die vertragmäsige Kriegs-
hülfe zu leisten, hängt in dem concreten Fall
ab von der Vorfrage, ob der Bundesfall (casus
foederis, le cas d’alliance) vorhanden sey a).
Nie ist er es bei einem ungerechten Krieg. Aber
oft fehlen hinlängliche Data, über die Recht-
mäsigkeit des Kriegs mit voller Sachkunde zu
urtheilen. In solchem Fall gilt die Vermuthung
des Rechtverhaltens, auch unter unabhängigen
Staaten (§. 237). Es ist also der Bundesstaat
zu der vertragmäsigen Hülfe dann befugt und
verpflichtet, und er befindet sich bei deren Lei-
stung in gutem Glauben, wenn er, nach den
ihm bekannten Merkmalen, den Krieg, auf Seite
der mit ihm verbündeten kriegführenden Macht,
nicht für ungerecht erkennt. — Durch Kriegs-
hülfe nimmt diejenige Macht, welche solche lei-
stet, wesentlichen Theil an den Feindseligkeiten
der einen kriegführenden Macht. Sie wird also
hiedurch Feind der andern b). Aber der eu-
ropäische Völkergebrauch erkennt sie dafür, im
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particulärer hingegen nur dann, wenn diese erst
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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht02_1821/67>, abgerufen am 23.07.2024.
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