§. 310. Neue Beschränkungen der Schiffahrt und des Seehandels: a) durch Englands Betragen gegen die Neutralen.
In dem eben so hartnäckigen als lang- wierigen Kampf zwischen Frankreich und Eng- land, welcher sich vierzehn Monate nach dem Frieden von Amiens erneuerte (Mai 1803), ward nicht bloss der Seehandel der Neutralen, son- dern jeder Seehandel, ja jeder Verkehr zur See, und hiemit zugleich der Landhandel in ganz Europa, in eine Lage gebracht, wie die Welt sie noch nie gesehen hatte. Die Nothwendigkeit eines allgemeinen SeeCodex ward dadurch nur fühlbarer. Grossbritannien trachtete a), haupt- sächlich seit 1806, in dem Gefühl seiner See- Uebermacht, den von ihm schon früher in et- lichen Verträgen (§. 302, Note b, und §. 307), namentlich mit den Vereinigten Staaten von Nord- amerika und den Hansestädten, aufgestellten Grundsatz, dass die Flagge die Waare nicht decke, gegen die Neutralen allgemein geltend zu machen. Es verband damit den Anspruch, dass selbst die unter Convoi segelnden Schiffe sich der Visitation seiner Kriegsschiffe und Caper unterwerfen müssten. Es nahm an, dass ganze Küsten und Länder, in der weitesten Ausdeh- nung, in BloquadeStand gesetzt werden könnten, und dieses sogar durch bloss wörtliche Erklärung
II. Cap. Recht der Neutralität.
§. 310. Neue Beschränkungen der Schiffahrt und des Seehandels: a) durch Englands Betragen gegen die Neutralen.
In dem eben so hartnäckigen als lang- wierigen Kampf zwischen Frankreich und Eng- land, welcher sich vierzehn Monate nach dem Frieden von Amiens erneuerte (Mai 1803), ward nicht bloſs der Seehandel der Neutralen, son- dern jeder Seehandel, ja jeder Verkehr zur See, und hiemit zugleich der Landhandel in ganz Europa, in eine Lage gebracht, wie die Welt sie noch nie gesehen hatte. Die Nothwendigkeit eines allgemeinen SeeCodex ward dadurch nur fühlbarer. Groſsbritannien trachtete a), haupt- sächlich seit 1806, in dem Gefühl seiner See- Uebermacht, den von ihm schon früher in et- lichen Verträgen (§. 302, Note b, und §. 307), namentlich mit den Vereinigten Staaten von Nord- amerika und den Hansestädten, aufgestellten Grundsatz, daſs die Flagge die Waare nicht decke, gegen die Neutralen allgemein geltend zu machen. Es verband damit den Anspruch, daſs selbst die unter Convoi segelnden Schiffe sich der Visitation seiner Kriegsschiffe und Caper unterwerfen müſsten. Es nahm an, daſs ganze Küsten und Länder, in der weitesten Ausdeh- nung, in BloquadeStand gesetzt werden könnten, und dieses sogar durch bloſs wörtliche Erklärung
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II. Cap. Recht der Neutralität.
§. 310.
Neue Beschränkungen der Schiffahrt und des
Seehandels:
a) durch Englands Betragen gegen die Neutralen.
In dem eben so hartnäckigen als lang-
wierigen Kampf zwischen Frankreich und Eng-
land, welcher sich vierzehn Monate nach dem
Frieden von Amiens erneuerte (Mai 1803), ward
nicht bloſs der Seehandel der Neutralen, son-
dern jeder Seehandel, ja jeder Verkehr zur See,
und hiemit zugleich der Landhandel in ganz
Europa, in eine Lage gebracht, wie die Welt
sie noch nie gesehen hatte. Die Nothwendigkeit
eines allgemeinen SeeCodex ward dadurch nur
fühlbarer. Groſsbritannien trachtete a), haupt-
sächlich seit 1806, in dem Gefühl seiner See-
Uebermacht, den von ihm schon früher in et-
lichen Verträgen (§. 302, Note b, und §. 307),
namentlich mit den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika und den Hansestädten, aufgestellten
Grundsatz, daſs die Flagge die Waare nicht
decke, gegen die Neutralen allgemein geltend
zu machen. Es verband damit den Anspruch,
daſs selbst die unter Convoi segelnden Schiffe
sich der Visitation seiner Kriegsschiffe und Caper
unterwerfen müſsten. Es nahm an, daſs ganze
Küsten und Länder, in der weitesten Ausdeh-
nung, in BloquadeStand gesetzt werden könnten,
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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht02_1821/129>, abgerufen am 23.07.2024.
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