Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821.II. Cap. Recht der Neutralität. sitation, dass das Schiff der Nehmung ganz un-terworfen seyn möchte, so kann das Kriegs- oder Caperschiff dasselbe aufbringen. Es muss sich aber aller eigenmächtigen Zueignung und Thät- lichkeit enthalten a), das Schiff, wo möglich, nach einem Hafen seines Souverains abführen, oder durch einen seiner Offiziere (conducteur de la prise) abführen lassen, und über die Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit der Prise von dem gehörigen See- oder PrisenGericht (Pri- zecourt) entscheiden lassen. Meist hat hier ein förmlicher ReclameProcess, oft in mehreren In- stanzen, statt b). Wird nur auf einen Theil der Ladung Anspruch gemacht, und wird dieser willig abgetreten, so darf das Schiff an Fort- setzung seiner Reise nicht gehindert werden c); es geschieht dieses aber dennoch nicht selten, welches meist Beschwerde veranlasst. Wird der in Anspruch genommene Theil der Ladung gut- willig nicht ausgeliefert, so kann das Schiff auf- gebracht werden, und der Streit ist von dem ge- hörigen Seegericht zu entscheiden. Bei einem Rechtsstreit dieser Art, wird der Beweis nicht dem Nehmer, als dem Kläger, aufgelegt, son- dern dem Beklagten d). Entscheidungsquelle sind die Staatsverträge, in deren Ermangelung das natürliche Völkerrecht e); nicht das Land- recht, den KostenPunct ausgenommen. Das PrisenGericht ist als eine SpecialCommission der Staatsregierung zu betrachten f). II. Cap. Recht der Neutralität. sitation, daſs das Schiff der Nehmung ganz un-terworfen seyn möchte, so kann das Kriegs- oder Çaperschiff dasselbe aufbringen. Es muſs sich aber aller eigenmächtigen Zueignung und Thät- lichkeit enthalten a), das Schiff, wo möglich, nach einem Hafen seines Souverains abführen, oder durch einen seiner Offiziere (conducteur de la prise) abführen lassen, und über die Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit der Prise von dem gehörigen See- oder PrisenGericht (Pri- zecourt) entscheiden lassen. Meist hat hier ein förmlicher ReclameProceſs, oft in mehreren In- stanzen, statt b). Wird nur auf einen Theil der Ladung Anspruch gemacht, und wird dieser willig abgetreten, so darf das Schiff an Fort- setzung seiner Reise nicht gehindert werden c); es geschieht dieses aber dennoch nicht selten, welches meist Beschwerde veranlaſst. Wird der in Anspruch genommene Theil der Ladung gut- willig nicht ausgeliefert, so kann das Schiff auf- gebracht werden, und der Streit ist von dem ge- hörigen Seegericht zu entscheiden. Bei einem Rechtsstreit dieser Art, wird der Beweis nicht dem Nehmer, als dem Kläger, aufgelegt, son- dern dem Beklagten d). Entscheidungsquelle sind die Staatsverträge, in deren Ermangelung das natürliche Völkerrecht e); nicht das Land- recht, den KostenPunct ausgenommen. Das PrisenGericht ist als eine SpecialCommission der Staatsregierung zu betrachten f). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0107" n="475"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Cap. Recht der Neutralität.</hi></fw><lb/> sitation, daſs das Schiff der Nehmung <hi rendition="#i">ganz</hi> un-<lb/> terworfen seyn möchte, so kann das Kriegs- oder<lb/> Çaperschiff dasselbe aufbringen. Es muſs sich<lb/> aber aller eigenmächtigen Zueignung und Thät-<lb/> lichkeit enthalten <hi rendition="#i">a</hi>), das Schiff, wo möglich,<lb/> nach einem Hafen seines Souverains abführen,<lb/> oder durch einen seiner Offiziere (conducteur<lb/> de la prise) abführen lassen, und über die<lb/> Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit der Prise<lb/> von dem gehörigen See- oder <hi rendition="#i">PrisenGericht</hi> (Pri-<lb/> zecourt) entscheiden lassen. Meist hat hier ein<lb/> förmlicher <hi rendition="#i">ReclameProceſs</hi>, oft in mehreren In-<lb/> stanzen, statt <hi rendition="#i">b</hi>). Wird nur auf einen <hi rendition="#i">Theil</hi><lb/> der Ladung Anspruch gemacht, und wird dieser<lb/> willig abgetreten, so darf das Schiff an Fort-<lb/> setzung seiner Reise nicht gehindert werden <hi rendition="#i">c</hi>);<lb/> es geschieht dieses aber dennoch nicht selten,<lb/> welches meist Beschwerde veranlaſst. Wird der<lb/> in Anspruch genommene Theil der Ladung gut-<lb/> willig nicht ausgeliefert, so kann das Schiff auf-<lb/> gebracht werden, und der Streit ist von dem ge-<lb/> hörigen Seegericht zu entscheiden. Bei einem<lb/> Rechtsstreit dieser Art, wird der Beweis nicht<lb/> dem Nehmer, als dem Kläger, aufgelegt, son-<lb/> dern dem Beklagten <hi rendition="#i">d</hi>). Entscheidungsquelle<lb/> sind die Staatsverträge, in deren Ermangelung<lb/> das natürliche Völkerrecht <hi rendition="#i">e</hi>); nicht das Land-<lb/> recht, den KostenPunct ausgenommen. Das<lb/><hi rendition="#i">PrisenGericht</hi> ist als eine SpecialCommission der<lb/> Staatsregierung zu betrachten <hi rendition="#i">f</hi>).</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [475/0107]
II. Cap. Recht der Neutralität.
sitation, daſs das Schiff der Nehmung ganz un-
terworfen seyn möchte, so kann das Kriegs- oder
Çaperschiff dasselbe aufbringen. Es muſs sich
aber aller eigenmächtigen Zueignung und Thät-
lichkeit enthalten a), das Schiff, wo möglich,
nach einem Hafen seines Souverains abführen,
oder durch einen seiner Offiziere (conducteur
de la prise) abführen lassen, und über die
Rechtmäsigkeit oder Unrechtmäsigkeit der Prise
von dem gehörigen See- oder PrisenGericht (Pri-
zecourt) entscheiden lassen. Meist hat hier ein
förmlicher ReclameProceſs, oft in mehreren In-
stanzen, statt b). Wird nur auf einen Theil
der Ladung Anspruch gemacht, und wird dieser
willig abgetreten, so darf das Schiff an Fort-
setzung seiner Reise nicht gehindert werden c);
es geschieht dieses aber dennoch nicht selten,
welches meist Beschwerde veranlaſst. Wird der
in Anspruch genommene Theil der Ladung gut-
willig nicht ausgeliefert, so kann das Schiff auf-
gebracht werden, und der Streit ist von dem ge-
hörigen Seegericht zu entscheiden. Bei einem
Rechtsstreit dieser Art, wird der Beweis nicht
dem Nehmer, als dem Kläger, aufgelegt, son-
dern dem Beklagten d). Entscheidungsquelle
sind die Staatsverträge, in deren Ermangelung
das natürliche Völkerrecht e); nicht das Land-
recht, den KostenPunct ausgenommen. Das
PrisenGericht ist als eine SpecialCommission der
Staatsregierung zu betrachten f).
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Zitationshilfe: | Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht02_1821/107>, abgerufen am 27.07.2024. |