Reichsgesetze, ward die Autonomie und Gesetzgebungsfreiheit der Bundes- fürsten weder aufgehoben, noch beschränkt. Demnach war es ihrer Bundespflicht nicht zu- wider, wenn sie freiwillig, ohne Meinung einer aus der Zeit der Reichsverbindung noch fortdauernden moralischen Nothwenigkeit, reichsgesetzliche Vorschriften fer- nerhin entweder selbst beobachteten, oder solchen practische Gültigkeit für ihre Staatsbehörden und Unterthanen, aus- drücklich oder stillschweigend beilegten a). II) Namentlich gilt dieses von Reichsge- setzen, welche auf PolizeiGegenstände, auf Münz- und Kalenderwesen, auf peinliches und bürgerliches Recht und Rechtsverfahrenb) sich beziehen. In Ansehung dieser Gegenstände, konnte daher den Reichsgesetzen, zwar nicht als solchen, oder nach ihrer ursprünglichen Form, aber doch nach ihrem Inhalt (materiell), mithin zwar nicht mehr als gemeinem Recht (jus commune), aber doch als angenomme- nem Landrecht (jus receptum), practische Gültigkeit in den vorhin zu dem teutschen Reich gehörigen Staaten nicht versagt wer- den, so lang und so weit sie durch eigene Landesgesetze nicht abgeschafft oder
der teutschen Reichsverbindung etc.
Reichsgesetze, ward die Autonomie und Gesetzgebungsfreiheit der Bundes- fürsten weder aufgehoben, noch beschränkt. Demnach war es ihrer Bundespflicht nicht zu- wider, wenn sie freiwillig, ohne Meinung einer aus der Zeit der Reichsverbindung noch fortdauernden moralischen Nothwenigkeit, reichsgesetzliche Vorschriften fer- nerhin entweder selbst beobachteten, oder solchen practische Gültigkeit für ihre Staatsbehörden und Unterthanen, aus- drücklich oder stillschweigend beilegten a). II) Namentlich gilt dieses von Reichsge- setzen, welche auf PolizeiGegenstände, auf Münz- und Kalenderwesen, auf peinliches und bürgerliches Recht und Rechtsverfahrenb) sich beziehen. In Ansehung dieser Gegenstände, konnte daher den Reichsgesetzen, zwar nicht als solchen, oder nach ihrer ursprünglichen Form, aber doch nach ihrem Inhalt (materiell), mithin zwar nicht mehr als gemeinem Recht (jus commune), aber doch als angenomme- nem Landrecht (jus receptum), practische Gültigkeit in den vorhin zu dem teutschen Reich gehörigen Staaten nicht versagt wer- den, so lang und so weit sie durch eigene Landesgesetze nicht abgeschafft oder
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[87/0111]
der teutschen Reichsverbindung etc.
Reichsgesetze, ward die Autonomie und
Gesetzgebungsfreiheit der Bundes-
fürsten weder aufgehoben, noch beschränkt.
Demnach war es ihrer Bundespflicht nicht zu-
wider, wenn sie freiwillig, ohne Meinung einer
aus der Zeit der Reichsverbindung noch
fortdauernden moralischen Nothwenigkeit,
reichsgesetzliche Vorschriften fer-
nerhin entweder selbst beobachteten, oder
solchen practische Gültigkeit für ihre
Staatsbehörden und Unterthanen, aus-
drücklich oder stillschweigend beilegten a).
II) Namentlich gilt dieses von Reichsge-
setzen, welche auf PolizeiGegenstände,
auf Münz- und Kalenderwesen, auf
peinliches und bürgerliches Recht
und Rechtsverfahren b) sich beziehen.
In Ansehung dieser Gegenstände, konnte daher
den Reichsgesetzen, zwar nicht als solchen,
oder nach ihrer ursprünglichen Form, aber
doch nach ihrem Inhalt (materiell), mithin
zwar nicht mehr als gemeinem Recht (jus
commune), aber doch als angenomme-
nem Landrecht (jus receptum), practische
Gültigkeit in den vorhin zu dem teutschen
Reich gehörigen Staaten nicht versagt wer-
den, so lang und so weit sie durch eigene
Landesgesetze nicht abgeschafft oder
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Klüber, Johann Ludwig: Öffentliches Recht des teutschen Bundes und der Bundesstaaten. Frankfurt (Main), 1817, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_recht_1817/111>, abgerufen am 22.11.2024.
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