zulässig sein, wenn jemand auf irgend welche willkürliche Le- girungen des Aluminiums, des Magnesiums oder eines andern neu entdeckten. Metalles ein Patent lösen wollte bloss auf die Behauptung hin, dass er diese Mischung zuerst angewen- det habe.
Ebenso können Linsen für Fernröhre und für Mikroskope aus jeder Art von Glas hergestellt werden und sind zu ver- schiedenen Zwecken aus verschiedenem Materiale gefertigt wor- den. Ein Patent ist dagegen nur für die Erfindung Dollands ertheilt worden, welcher durch die Verbindung verschieden brech- barer Medien die Farbenzerstreuung aufhob, welche alle ein- fachen Linsen verursachen.
Die Praxis, welche jede beliebige Veränderung in dem Ma- teriale oder in der Form einer bereits bekannten Waare oder eines Werkzeuges als eine neue Erfindung ansieht, welche von ihrem Urheber monopolisirt werden kann, lässt sich we- der mit dem Wortlaute noch mit dem Geiste der Patentge- setze vereinigen. Sie ist überdies geeignet, den Patentschutz in eine gemeinschädliche Belästigung des Verkehrs zu ver- wandeln.
Nicht alles was neu ist, ist zugleich eine Erfindung. In dem Rechtsfalle Walter v. Congreve1), welcher ein Patent für den Pulvertransport in Messingcylindern betraf, erklärte sich der Vicekanzler Sir J. Leach gegen die Gültigkeit des Patentes, indem er ausführte: "Nicht jedes neue Ding sei eine patentwürdige Er- findung, noch könne jeder Urheber eines neu gestalteten Werk- zeuges ein Erfinder genannt werden. Es müsse ein neues Prin- zip gefunden sein und Fleiss und Scharfsinn müsse verwendet sein, um den Erfinder zum Patentschutze zu berechtigen. Die Herstellung eines alten Geräthes aus neuem Material könne an sich nicht für eine Erfindung gelten und der Kläger könne für sein Pulverfass, dessen einziger Werth darin bestehe, dass es von Messing statt von Holz gemacht sei, ebensowenig den Patentschutz beanspruchen, als etwa der Verfertiger des ersten silbernen Theetopfs seine Mitbürger, die bis dahin nur irdene Theegeschirre gebraucht hatten, von dem Gebrauche silber- ner Theetöpfe ausser den bei ihm gekauften hätte ausschlies- sen können."
1) Godson, A Treatise on the law of patents p. 56.
I. Vorbegriffe. §. 4. Neue Erfindungen.
zulässig sein, wenn jemand auf irgend welche willkürliche Le- girungen des Aluminiums, des Magnesiums oder eines andern neu entdeckten. Metalles ein Patent lösen wollte bloss auf die Behauptung hin, dass er diese Mischung zuerst angewen- det habe.
Ebenso können Linsen für Fernröhre und für Mikroskope aus jeder Art von Glas hergestellt werden und sind zu ver- schiedenen Zwecken aus verschiedenem Materiale gefertigt wor- den. Ein Patent ist dagegen nur für die Erfindung Dollands ertheilt worden, welcher durch die Verbindung verschieden brech- barer Medien die Farbenzerstreuung aufhob, welche alle ein- fachen Linsen verursachen.
Die Praxis, welche jede beliebige Veränderung in dem Ma- teriale oder in der Form einer bereits bekannten Waare oder eines Werkzeuges als eine neue Erfindung ansieht, welche von ihrem Urheber monopolisirt werden kann, lässt sich we- der mit dem Wortlaute noch mit dem Geiste der Patentge- setze vereinigen. Sie ist überdies geeignet, den Patentschutz in eine gemeinschädliche Belästigung des Verkehrs zu ver- wandeln.
Nicht alles was neu ist, ist zugleich eine Erfindung. In dem Rechtsfalle Walter v. Congreve1), welcher ein Patent für den Pulvertransport in Messingcylindern betraf, erklärte sich der Vicekanzler Sir J. Leach gegen die Gültigkeit des Patentes, indem er ausführte: »Nicht jedes neue Ding sei eine patentwürdige Er- findung, noch könne jeder Urheber eines neu gestalteten Werk- zeuges ein Erfinder genannt werden. Es müsse ein neues Prin- zip gefunden sein und Fleiss und Scharfsinn müsse verwendet sein, um den Erfinder zum Patentschutze zu berechtigen. Die Herstellung eines alten Geräthes aus neuem Material könne an sich nicht für eine Erfindung gelten und der Kläger könne für sein Pulverfass, dessen einziger Werth darin bestehe, dass es von Messing statt von Holz gemacht sei, ebensowenig den Patentschutz beanspruchen, als etwa der Verfertiger des ersten silbernen Theetopfs seine Mitbürger, die bis dahin nur irdene Theegeschirre gebraucht hatten, von dem Gebrauche silber- ner Theetöpfe ausser den bei ihm gekauften hätte ausschlies- sen können.«
1) Godson, A Treatise on the law of patents p. 56.
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I. Vorbegriffe. §. 4. Neue Erfindungen.
zulässig sein, wenn jemand auf irgend welche willkürliche Le-
girungen des Aluminiums, des Magnesiums oder eines andern
neu entdeckten. Metalles ein Patent lösen wollte bloss auf
die Behauptung hin, dass er diese Mischung zuerst angewen-
det habe.
Ebenso können Linsen für Fernröhre und für Mikroskope
aus jeder Art von Glas hergestellt werden und sind zu ver-
schiedenen Zwecken aus verschiedenem Materiale gefertigt wor-
den. Ein Patent ist dagegen nur für die Erfindung Dollands
ertheilt worden, welcher durch die Verbindung verschieden brech-
barer Medien die Farbenzerstreuung aufhob, welche alle ein-
fachen Linsen verursachen.
Die Praxis, welche jede beliebige Veränderung in dem Ma-
teriale oder in der Form einer bereits bekannten Waare oder
eines Werkzeuges als eine neue Erfindung ansieht, welche
von ihrem Urheber monopolisirt werden kann, lässt sich we-
der mit dem Wortlaute noch mit dem Geiste der Patentge-
setze vereinigen. Sie ist überdies geeignet, den Patentschutz
in eine gemeinschädliche Belästigung des Verkehrs zu ver-
wandeln.
Nicht alles was neu ist, ist zugleich eine Erfindung. In dem
Rechtsfalle Walter v. Congreve 1), welcher ein Patent für den
Pulvertransport in Messingcylindern betraf, erklärte sich der
Vicekanzler Sir J. Leach gegen die Gültigkeit des Patentes, indem
er ausführte: »Nicht jedes neue Ding sei eine patentwürdige Er-
findung, noch könne jeder Urheber eines neu gestalteten Werk-
zeuges ein Erfinder genannt werden. Es müsse ein neues Prin-
zip gefunden sein und Fleiss und Scharfsinn müsse verwendet
sein, um den Erfinder zum Patentschutze zu berechtigen. Die
Herstellung eines alten Geräthes aus neuem Material könne
an sich nicht für eine Erfindung gelten und der Kläger könne
für sein Pulverfass, dessen einziger Werth darin bestehe, dass
es von Messing statt von Holz gemacht sei, ebensowenig den
Patentschutz beanspruchen, als etwa der Verfertiger des ersten
silbernen Theetopfs seine Mitbürger, die bis dahin nur irdene
Theegeschirre gebraucht hatten, von dem Gebrauche silber-
ner Theetöpfe ausser den bei ihm gekauften hätte ausschlies-
sen können.«
1) Godson, A Treatise on the law of patents p. 56.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/67>, abgerufen am 22.11.2024.
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