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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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Hinterlegung.
Verfolgung desselben. Sie kann zu jeder Zeit nachgeholt wer-
den und auch die Vorschrift des Staatsrathsbeschlusses von
1787, dass die Hinterlegung erfolgen müsse, ehe die Stoffe mit
dem neu erfundenen Muster in den Handel kommen, ist in die
Decrete von 1806 und 1811 nicht übergegangen. So lange da-
her das Muster nicht thatsächlich dem allgemeinen Gebrauche
überlassen ist, kann die Hinterlegung des Musters zu jeder
beliebigen Zeit mit voller Wirkung erfolgen und das Erfor-
derniss der Neuheit des Musters geht nicht wie bei den Erfin-
dungspatenten dadurch verloren, dass der Erfinder selbst das
Muster vor der Anmeldung in Gebrauch genommen und ver-
öffentlicht hat.

Die hier vorgetragene Ansicht ist diejenige der älteren
Französischen Jurisprudenz und von dem Pariser Cassations-
hofe in verschiedenen Entscheidungen bis zum Jahre 1843 fest-
gehalten1).

Nach neueren Entscheidungen desselben Cassationshofes
wird dagegen die Deposition des Waarenmusters als eine Be-
dingung zur Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes der Be-
nutzung aufgefasst, welche erfüllt sein muss, bevor das Muster
der Oeffentlichkeit übergeben wird. Hiernach würde die Hin-
terlegung des Musters nicht mehr mit Erfolg bewirkt werden
können, wenn der nach demselben fabrizirte Stoff von dem Er-
finder in den Handel gebracht ist.

Die Gründe dieser Entscheidungen beruhen auf der Er-
wägung, dass das Waarenmuster nicht wie die literarischen
und künstlerischen Erzeugnisse kraft des Gesetzes der aus-
schliesslichen Benutzung des Urhebers vorbehalten sei. sondern

1) Vergl. die Entscheidungen vom 22. Mai 1822 und vom 14.
Januar 1828 (Devilleneuve et Carette, Recueil general vol. 8 p. 610, vol. 9
p. 10). In dem zuletzt angeführten Rechtsfalle (Guiraudet contra Boullet),
welcher von Stuve, das industrielle Eigenthum S. 31 f. ausführlich mit-
getheilt wird, war festgestellt, dass das Muster vor der Deposition
nicht bloss von dem Erfinder selbst, sondern auch in dessen Auftrage
von einem andern Fabrikanten angefertigt worden war. Der Appellhof
von Lyon, dessen Entscheidung durch das angeführte Cassationsurtheil
aufrecht erhalten wurde, verwarf jedoch sowohl die hierauf gestützte
Einrede, als auch den angetretenen Zeugenbeweis darüber, dass das
Muster vor der Deposition in den Fabriken von Lyon bekannt gewe-
sen und öffentlich verkauft worden sei, als unzulässig.

Hinterlegung.
Verfolgung desselben. Sie kann zu jeder Zeit nachgeholt wer-
den und auch die Vorschrift des Staatsrathsbeschlusses von
1787, dass die Hinterlegung erfolgen müsse, ehe die Stoffe mit
dem neu erfundenen Muster in den Handel kommen, ist in die
Decrete von 1806 und 1811 nicht übergegangen. So lange da-
her das Muster nicht thatsächlich dem allgemeinen Gebrauche
überlassen ist, kann die Hinterlegung des Musters zu jeder
beliebigen Zeit mit voller Wirkung erfolgen und das Erfor-
derniss der Neuheit des Musters geht nicht wie bei den Erfin-
dungspatenten dadurch verloren, dass der Erfinder selbst das
Muster vor der Anmeldung in Gebrauch genommen und ver-
öffentlicht hat.

Die hier vorgetragene Ansicht ist diejenige der älteren
Französischen Jurisprudenz und von dem Pariser Cassations-
hofe in verschiedenen Entscheidungen bis zum Jahre 1843 fest-
gehalten1).

Nach neueren Entscheidungen desselben Cassationshofes
wird dagegen die Deposition des Waarenmusters als eine Be-
dingung zur Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes der Be-
nutzung aufgefasst, welche erfüllt sein muss, bevor das Muster
der Oeffentlichkeit übergeben wird. Hiernach würde die Hin-
terlegung des Musters nicht mehr mit Erfolg bewirkt werden
können, wenn der nach demselben fabrizirte Stoff von dem Er-
finder in den Handel gebracht ist.

Die Gründe dieser Entscheidungen beruhen auf der Er-
wägung, dass das Waarenmuster nicht wie die literarischen
und künstlerischen Erzeugnisse kraft des Gesetzes der aus-
schliesslichen Benutzung des Urhebers vorbehalten sei. sondern

1) Vergl. die Entscheidungen vom 22. Mai 1822 und vom 14.
Januar 1828 (Devilleneuve et Carette, Recueil général vol. 8 p. 610, vol. 9
p. 10). In dem zuletzt angeführten Rechtsfalle (Guiraudet contra Boullet),
welcher von Stuve, das industrielle Eigenthum S. 31 f. ausführlich mit-
getheilt wird, war festgestellt, dass das Muster vor der Deposition
nicht bloss von dem Erfinder selbst, sondern auch in dessen Auftrage
von einem andern Fabrikanten angefertigt worden war. Der Appellhof
von Lyon, dessen Entscheidung durch das angeführte Cassationsurtheil
aufrecht erhalten wurde, verwarf jedoch sowohl die hierauf gestützte
Einrede, als auch den angetretenen Zeugenbeweis darüber, dass das
Muster vor der Deposition in den Fabriken von Lyon bekannt gewe-
sen und öffentlich verkauft worden sei, als unzulässig.
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[367/0394] Hinterlegung. Verfolgung desselben. Sie kann zu jeder Zeit nachgeholt wer- den und auch die Vorschrift des Staatsrathsbeschlusses von 1787, dass die Hinterlegung erfolgen müsse, ehe die Stoffe mit dem neu erfundenen Muster in den Handel kommen, ist in die Decrete von 1806 und 1811 nicht übergegangen. So lange da- her das Muster nicht thatsächlich dem allgemeinen Gebrauche überlassen ist, kann die Hinterlegung des Musters zu jeder beliebigen Zeit mit voller Wirkung erfolgen und das Erfor- derniss der Neuheit des Musters geht nicht wie bei den Erfin- dungspatenten dadurch verloren, dass der Erfinder selbst das Muster vor der Anmeldung in Gebrauch genommen und ver- öffentlicht hat. Die hier vorgetragene Ansicht ist diejenige der älteren Französischen Jurisprudenz und von dem Pariser Cassations- hofe in verschiedenen Entscheidungen bis zum Jahre 1843 fest- gehalten 1). Nach neueren Entscheidungen desselben Cassationshofes wird dagegen die Deposition des Waarenmusters als eine Be- dingung zur Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes der Be- nutzung aufgefasst, welche erfüllt sein muss, bevor das Muster der Oeffentlichkeit übergeben wird. Hiernach würde die Hin- terlegung des Musters nicht mehr mit Erfolg bewirkt werden können, wenn der nach demselben fabrizirte Stoff von dem Er- finder in den Handel gebracht ist. Die Gründe dieser Entscheidungen beruhen auf der Er- wägung, dass das Waarenmuster nicht wie die literarischen und künstlerischen Erzeugnisse kraft des Gesetzes der aus- schliesslichen Benutzung des Urhebers vorbehalten sei. sondern 1) Vergl. die Entscheidungen vom 22. Mai 1822 und vom 14. Januar 1828 (Devilleneuve et Carette, Recueil général vol. 8 p. 610, vol. 9 p. 10). In dem zuletzt angeführten Rechtsfalle (Guiraudet contra Boullet), welcher von Stuve, das industrielle Eigenthum S. 31 f. ausführlich mit- getheilt wird, war festgestellt, dass das Muster vor der Deposition nicht bloss von dem Erfinder selbst, sondern auch in dessen Auftrage von einem andern Fabrikanten angefertigt worden war. Der Appellhof von Lyon, dessen Entscheidung durch das angeführte Cassationsurtheil aufrecht erhalten wurde, verwarf jedoch sowohl die hierauf gestützte Einrede, als auch den angetretenen Zeugenbeweis darüber, dass das Muster vor der Deposition in den Fabriken von Lyon bekannt gewe- sen und öffentlich verkauft worden sei, als unzulässig.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/394>, abgerufen am 22.11.2024.