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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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IV. Verfolgung der Rechte. §. 19. Zurechnung.
Civilprozesses den ihm zugefügten Schaden gegen den Be-
einträchtiger geltend zu machen.

Bei der Auslegung dieser Vorschrift entsteht die Frage,
ob nur die Strafe der Confiscation oder auch der Entschädi-
gungsanspruch des Patentinhabers auf den Fall der nach vor-
heriger Verwarnung wiederholten Nachahmung beschränkt ist.

Das Handelsministerium hat in einem Falle die Beant-
wortung dieser Frage als nicht zu seiner Competenz gehörig
abgelehnt1). Eine gerichtliche Entscheidung ist darüber nicht
bekannt. Es kann indess auch nach dem Wortlaut der ange-
führten Bestimmung wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der
Entschädigungsanspruch des Patentinhabers sowohl in dem
ersten als in dem zweiten Contraventionsfalle ausser dem ange-
ordneten polizeilichen Untersuchungsverfahren im Wege des
Civilprozesses geltend gemacht werden kann und in beiden
Fällen lediglich nach den allgemeinen Regeln des Civilrechtes
zu beurtheilen ist. Der Verfasser des Publicandums vom 14.
October 1815 hatte weder die Absicht noch die Vollmacht
einen nach den allgemeinen Gesetzen begründeten Entschädi-
gungsanspruch wegen wissentlicher Beeinträchtigung des Pa-
tentes auszuschliessen2). Daher kann auch nach Preussischem
Rechte die rechtswidrige Absicht des Nachahmers schon im
ersten Contraventionsfalle geltend gemacht werden, so weit es
sich um das Verfahren im Civilprozesse und um den Entschä-
digungsanspruch, nicht um die Strafe der Confiscation handelt.

1) Rescript an den Mechaniker H. vom 30. September 1848:
"Das Handelsministerium muss Bedenken tragen über die der ge-
richtlichen Entscheidung zugewiesene Frage sich auszusprechen, ob
derjenige, dessen Patentrecht durch einen Dritten beeinträchtigt wor-
den, schon beim ersten oder beim wiederholten Contraventionsfalle
einen Entschädigungsanspruch geltend machen kann."
2) Ebensowenig darf aus der oben angeführten Vorschrift die
Folgerung gezogen werden, dass die Untersuchungskosten auch
im Falle der unwissentlichen und unverschuldeten Nachahmung dem
Nachahmer zur Last zu legen sein, es geht vielmehr aus der Fassung
des Einganges: "Wer überführt wird ein durch ein Patent erlangtes
Recht beeinträchtigt zu haben" deutlich die Voraussetzung der Ver-
schuldung hervor. Ist diese nicht nachgewiesen, so kann in dem er-
sten Contraventionsfalle nur auf die im §. 10 vorgeschriebene Verwar-
nung erkannt werden, während die Kosten des Verfahrens dem Extra-
henten zur Last fallen.

IV. Verfolgung der Rechte. §. 19. Zurechnung.
Civilprozesses den ihm zugefügten Schaden gegen den Be-
einträchtiger geltend zu machen.

Bei der Auslegung dieser Vorschrift entsteht die Frage,
ob nur die Strafe der Confiscation oder auch der Entschädi-
gungsanspruch des Patentinhabers auf den Fall der nach vor-
heriger Verwarnung wiederholten Nachahmung beschränkt ist.

Das Handelsministerium hat in einem Falle die Beant-
wortung dieser Frage als nicht zu seiner Competenz gehörig
abgelehnt1). Eine gerichtliche Entscheidung ist darüber nicht
bekannt. Es kann indess auch nach dem Wortlaut der ange-
führten Bestimmung wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der
Entschädigungsanspruch des Patentinhabers sowohl in dem
ersten als in dem zweiten Contraventionsfalle ausser dem ange-
ordneten polizeilichen Untersuchungsverfahren im Wege des
Civilprozesses geltend gemacht werden kann und in beiden
Fällen lediglich nach den allgemeinen Regeln des Civilrechtes
zu beurtheilen ist. Der Verfasser des Publicandums vom 14.
October 1815 hatte weder die Absicht noch die Vollmacht
einen nach den allgemeinen Gesetzen begründeten Entschädi-
gungsanspruch wegen wissentlicher Beeinträchtigung des Pa-
tentes auszuschliessen2). Daher kann auch nach Preussischem
Rechte die rechtswidrige Absicht des Nachahmers schon im
ersten Contraventionsfalle geltend gemacht werden, so weit es
sich um das Verfahren im Civilprozesse und um den Entschä-
digungsanspruch, nicht um die Strafe der Confiscation handelt.

1) Rescript an den Mechaniker H. vom 30. September 1848:
»Das Handelsministerium muss Bedenken tragen über die der ge-
richtlichen Entscheidung zugewiesene Frage sich auszusprechen, ob
derjenige, dessen Patentrecht durch einen Dritten beeinträchtigt wor-
den, schon beim ersten oder beim wiederholten Contraventionsfalle
einen Entschädigungsanspruch geltend machen kann.«
2) Ebensowenig darf aus der oben angeführten Vorschrift die
Folgerung gezogen werden, dass die Untersuchungskosten auch
im Falle der unwissentlichen und unverschuldeten Nachahmung dem
Nachahmer zur Last zu legen sein, es geht vielmehr aus der Fassung
des Einganges: »Wer überführt wird ein durch ein Patent erlangtes
Recht beeinträchtigt zu haben« deutlich die Voraussetzung der Ver-
schuldung hervor. Ist diese nicht nachgewiesen, so kann in dem er-
sten Contraventionsfalle nur auf die im §. 10 vorgeschriebene Verwar-
nung erkannt werden, während die Kosten des Verfahrens dem Extra-
henten zur Last fallen.
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[174/0201] IV. Verfolgung der Rechte. §. 19. Zurechnung. Civilprozesses den ihm zugefügten Schaden gegen den Be- einträchtiger geltend zu machen. Bei der Auslegung dieser Vorschrift entsteht die Frage, ob nur die Strafe der Confiscation oder auch der Entschädi- gungsanspruch des Patentinhabers auf den Fall der nach vor- heriger Verwarnung wiederholten Nachahmung beschränkt ist. Das Handelsministerium hat in einem Falle die Beant- wortung dieser Frage als nicht zu seiner Competenz gehörig abgelehnt 1). Eine gerichtliche Entscheidung ist darüber nicht bekannt. Es kann indess auch nach dem Wortlaut der ange- führten Bestimmung wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der Entschädigungsanspruch des Patentinhabers sowohl in dem ersten als in dem zweiten Contraventionsfalle ausser dem ange- ordneten polizeilichen Untersuchungsverfahren im Wege des Civilprozesses geltend gemacht werden kann und in beiden Fällen lediglich nach den allgemeinen Regeln des Civilrechtes zu beurtheilen ist. Der Verfasser des Publicandums vom 14. October 1815 hatte weder die Absicht noch die Vollmacht einen nach den allgemeinen Gesetzen begründeten Entschädi- gungsanspruch wegen wissentlicher Beeinträchtigung des Pa- tentes auszuschliessen 2). Daher kann auch nach Preussischem Rechte die rechtswidrige Absicht des Nachahmers schon im ersten Contraventionsfalle geltend gemacht werden, so weit es sich um das Verfahren im Civilprozesse und um den Entschä- digungsanspruch, nicht um die Strafe der Confiscation handelt. 1) Rescript an den Mechaniker H. vom 30. September 1848: »Das Handelsministerium muss Bedenken tragen über die der ge- richtlichen Entscheidung zugewiesene Frage sich auszusprechen, ob derjenige, dessen Patentrecht durch einen Dritten beeinträchtigt wor- den, schon beim ersten oder beim wiederholten Contraventionsfalle einen Entschädigungsanspruch geltend machen kann.« 2) Ebensowenig darf aus der oben angeführten Vorschrift die Folgerung gezogen werden, dass die Untersuchungskosten auch im Falle der unwissentlichen und unverschuldeten Nachahmung dem Nachahmer zur Last zu legen sein, es geht vielmehr aus der Fassung des Einganges: »Wer überführt wird ein durch ein Patent erlangtes Recht beeinträchtigt zu haben« deutlich die Voraussetzung der Ver- schuldung hervor. Ist diese nicht nachgewiesen, so kann in dem er- sten Contraventionsfalle nur auf die im §. 10 vorgeschriebene Verwar- nung erkannt werden, während die Kosten des Verfahrens dem Extra- henten zur Last fallen.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/201>, abgerufen am 23.11.2024.