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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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Fehler der Beschreibung.
Englische und das Nordamerikanische Recht für den Fall auf-
stellen, dass die Beschreibung ausser den wirklich neu erfun-
denen Theilen andere bereits bekannte Vorrichtungen und
Prozesse umfasst, ohne die letzteren ausdrücklich als von der
Patentirung ausgenommen zu bezeichnen. Der Grundsatz, dass
die Aufnahme bereits bekannter Theile in die Beschreibung das
ganze Patent ungültig macht, sofern dieselben nicht ausdrück-
lich als bereits bekannt und von der nachgesuchten Patentirung
ausgeschlossen bezeichnet werden, hat seinen Ursprung in der
Praxis der Englischen Gerichtshöfe. Er wird von den Engli-
schen Juristen dadurch motivirt, dass das Publicum einen be-
stimmten Anhalt dafür haben müsse, welche Gegenstände durch
das ertheilte Patent der allgemeinen Benutzung entzogen sind.
Jede Ungenauigkeit in dieser Bezeichnung, insbesondere die Aus-
dehnung der Beschreibung auf bereits zum Gemeingut gewor-
dene Vorrichtungen und Prozesse müsse die Nichtigkeit des
ganzen Patentes nach sich ziehen1).

Dieser Grundsatz der Englischen Praxis ist demnächst
durch die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten ausdrücklich
sanctionirt2).

Das Italienische Patentgesetz vom 30. October 1859 hat
dieselbe Regel insoweit angenommen, als es nach Art. 60 die
Klage der Staatsbehörde auf Aufhebung des ganzen Patentes
in dem Falle eintreten lässt, wenn das ertheilte Patent zwei-
mal in einem gegen Privatpersonen geführten Prozesse auch
nur theilweise für nichtig erklärt ist. Hiernach ist das Patent
durch die Aufnahme solcher bereits bekannten Theile nicht von
vorn herein nichtig und derjenige, welcher die wirklich neu er-
fundenen Theile unbefugt nachahmt, kann sich nicht durch den
Einwand schützen, dass das Patent auch andre nicht geschützte
Theile umfasse. Dagegen tritt die Vernichtung des Patentes
in dem Falle ein, wenn der Patentinhaber nicht bloss gemein-
freie Bestandtheile in seine Beschreibung aufgenommen, sondern

1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions. Lon-
don 1851 p. 125.
2) Statut v. 4. März 1836 sect. 15. That the defendant in any
such case shall be permitted to plead -- that the patentee was not
the original and first inventor or discoverer of the thing patented or
of a substantial and material part thereof claimed as new
.

Fehler der Beschreibung.
Englische und das Nordamerikanische Recht für den Fall auf-
stellen, dass die Beschreibung ausser den wirklich neu erfun-
denen Theilen andere bereits bekannte Vorrichtungen und
Prozesse umfasst, ohne die letzteren ausdrücklich als von der
Patentirung ausgenommen zu bezeichnen. Der Grundsatz, dass
die Aufnahme bereits bekannter Theile in die Beschreibung das
ganze Patent ungültig macht, sofern dieselben nicht ausdrück-
lich als bereits bekannt und von der nachgesuchten Patentirung
ausgeschlossen bezeichnet werden, hat seinen Ursprung in der
Praxis der Englischen Gerichtshöfe. Er wird von den Engli-
schen Juristen dadurch motivirt, dass das Publicum einen be-
stimmten Anhalt dafür haben müsse, welche Gegenstände durch
das ertheilte Patent der allgemeinen Benutzung entzogen sind.
Jede Ungenauigkeit in dieser Bezeichnung, insbesondere die Aus-
dehnung der Beschreibung auf bereits zum Gemeingut gewor-
dene Vorrichtungen und Prozesse müsse die Nichtigkeit des
ganzen Patentes nach sich ziehen1).

Dieser Grundsatz der Englischen Praxis ist demnächst
durch die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten ausdrücklich
sanctionirt2).

Das Italienische Patentgesetz vom 30. October 1859 hat
dieselbe Regel insoweit angenommen, als es nach Art. 60 die
Klage der Staatsbehörde auf Aufhebung des ganzen Patentes
in dem Falle eintreten lässt, wenn das ertheilte Patent zwei-
mal in einem gegen Privatpersonen geführten Prozesse auch
nur theilweise für nichtig erklärt ist. Hiernach ist das Patent
durch die Aufnahme solcher bereits bekannten Theile nicht von
vorn herein nichtig und derjenige, welcher die wirklich neu er-
fundenen Theile unbefugt nachahmt, kann sich nicht durch den
Einwand schützen, dass das Patent auch andre nicht geschützte
Theile umfasse. Dagegen tritt die Vernichtung des Patentes
in dem Falle ein, wenn der Patentinhaber nicht bloss gemein-
freie Bestandtheile in seine Beschreibung aufgenommen, sondern

1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions. Lon-
don 1851 p. 125.
2) Statut v. 4. März 1836 sect. 15. That the defendant in any
such case shall be permitted to plead — that the patentee was not
the original and first inventor or discoverer of the thing patented or
of a substantial and material part thereof claimed as new
.
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[133/0160] Fehler der Beschreibung. Englische und das Nordamerikanische Recht für den Fall auf- stellen, dass die Beschreibung ausser den wirklich neu erfun- denen Theilen andere bereits bekannte Vorrichtungen und Prozesse umfasst, ohne die letzteren ausdrücklich als von der Patentirung ausgenommen zu bezeichnen. Der Grundsatz, dass die Aufnahme bereits bekannter Theile in die Beschreibung das ganze Patent ungültig macht, sofern dieselben nicht ausdrück- lich als bereits bekannt und von der nachgesuchten Patentirung ausgeschlossen bezeichnet werden, hat seinen Ursprung in der Praxis der Englischen Gerichtshöfe. Er wird von den Engli- schen Juristen dadurch motivirt, dass das Publicum einen be- stimmten Anhalt dafür haben müsse, welche Gegenstände durch das ertheilte Patent der allgemeinen Benutzung entzogen sind. Jede Ungenauigkeit in dieser Bezeichnung, insbesondere die Aus- dehnung der Beschreibung auf bereits zum Gemeingut gewor- dene Vorrichtungen und Prozesse müsse die Nichtigkeit des ganzen Patentes nach sich ziehen 1). Dieser Grundsatz der Englischen Praxis ist demnächst durch die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten ausdrücklich sanctionirt 2). Das Italienische Patentgesetz vom 30. October 1859 hat dieselbe Regel insoweit angenommen, als es nach Art. 60 die Klage der Staatsbehörde auf Aufhebung des ganzen Patentes in dem Falle eintreten lässt, wenn das ertheilte Patent zwei- mal in einem gegen Privatpersonen geführten Prozesse auch nur theilweise für nichtig erklärt ist. Hiernach ist das Patent durch die Aufnahme solcher bereits bekannten Theile nicht von vorn herein nichtig und derjenige, welcher die wirklich neu er- fundenen Theile unbefugt nachahmt, kann sich nicht durch den Einwand schützen, dass das Patent auch andre nicht geschützte Theile umfasse. Dagegen tritt die Vernichtung des Patentes in dem Falle ein, wenn der Patentinhaber nicht bloss gemein- freie Bestandtheile in seine Beschreibung aufgenommen, sondern 1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions. Lon- don 1851 p. 125. 2) Statut v. 4. März 1836 sect. 15. That the defendant in any such case shall be permitted to plead — that the patentee was not the original and first inventor or discoverer of the thing patented or of a substantial and material part thereof claimed as new.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/160>, abgerufen am 24.11.2024.