III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.
Nach einer andern Meinung hätte der Bundesbeschluss von 1832 durch die Auflösung des deutschen Bundes seine Geltung verloren. Durch dieses Ereigniss sei nämlich mit der Bundesverfassung auch die nur in dieser Verfassung begrün- dete Verbindlichkeit für Preussen erloschen, den übrigen deut- schen Staaten gemäss dem Beschlusse von 1832 den unbedingt gleichen Rechtsschutz zu gewähren. Wenn man andrerseits den in Preussen durch Patent vom 23. Februar 1833 publi- zirten Bundesbeschluss als Preussisches Landesgesetz betrachte, so sei der Inhalt desselben, insofern er die dem deutschen Bundesgebiete angehörenden Werke gegenüber den dem ausser- deutschen Auslande angehörenden begünstige, durch den Weg- fall eben dieses Bundesgebietes gegenstandslos geworden.
Beide Folgerungen sind jedoch als durchaus unrichtig zu bezeichnen. Die fortdauernde staatsrechtliche Gültigkeit der Bundesbeschlüsse über den Nachdruck ist überzeugend nach- gewiesen von Mandry, welcher dieselbe in dem Vorworte zu seiner Bearbeitung des bayerischen Gesetzes vom 28. Juni 1865 1) treffend wie folgt begründet:
"Die in Nachdruckssachen erlassenen Bundesbeschlüsse sind, obwohl die erste Veranlassung zu ihrer Entstehung durch den Art. 18 lit. d der deutschen Bundesacte gegeben worden ist, doch nichts Anderes, als durch die Bundesversammlung vermittelte Ver- einbarungen der deutschen Bundesstaaten unter einander. Diess lassen die einleitenden Worte zu den einzelnen Bundesbeschlüssen, namentlich aber die Bestimmungen des Art. 65 der Wiener Schluss- acte nicht bezweifeln. Es ist deshalb zunächst als möglich anzu- erkennen, dass die aus jenen Beschlüssen hervorgegangenen Ver- pflichtungen die Existenz des deutschen Bundes überdauern; und ist folgeweise davon auszugehen, dass die Auflösung des Bundes ihre Aufhebung nur dann in sich schliessen würde, wenn der aus- gesprochene oder zu folgernde Wille der in Betracht kommenden Regierungen bei der Auflösung des Bundes auf jene Aufhebung gerichtet gewesen und in den diese Auflösung stipulirenden Ver- trägen zum Ausdrucke gekommen wäre. In den hieher bezüglichen
erfüllt ist, hat die oben erörterte Controverse ihre practische Bedeutung verloren.
1) Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern, herausgegeben von v. Dollmann, Th. I Bd. 5 Heft 2 S. IV f.
III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.
Nach einer andern Meinung hätte der Bundesbeschluss von 1832 durch die Auflösung des deutschen Bundes seine Geltung verloren. Durch dieses Ereigniss sei nämlich mit der Bundesverfassung auch die nur in dieser Verfassung begrün- dete Verbindlichkeit für Preussen erloschen, den übrigen deut- schen Staaten gemäss dem Beschlusse von 1832 den unbedingt gleichen Rechtsschutz zu gewähren. Wenn man andrerseits den in Preussen durch Patent vom 23. Februar 1833 publi- zirten Bundesbeschluss als Preussisches Landesgesetz betrachte, so sei der Inhalt desselben, insofern er die dem deutschen Bundesgebiete angehörenden Werke gegenüber den dem ausser- deutschen Auslande angehörenden begünstige, durch den Weg- fall eben dieses Bundesgebietes gegenstandslos geworden.
Beide Folgerungen sind jedoch als durchaus unrichtig zu bezeichnen. Die fortdauernde staatsrechtliche Gültigkeit der Bundesbeschlüsse über den Nachdruck ist überzeugend nach- gewiesen von Mandry, welcher dieselbe in dem Vorworte zu seiner Bearbeitung des bayerischen Gesetzes vom 28. Juni 1865 1) treffend wie folgt begründet:
„Die in Nachdruckssachen erlassenen Bundesbeschlüsse sind, obwohl die erste Veranlassung zu ihrer Entstehung durch den Art. 18 lit. d der deutschen Bundesacte gegeben worden ist, doch nichts Anderes, als durch die Bundesversammlung vermittelte Ver- einbarungen der deutschen Bundesstaaten unter einander. Diess lassen die einleitenden Worte zu den einzelnen Bundesbeschlüssen, namentlich aber die Bestimmungen des Art. 65 der Wiener Schluss- acte nicht bezweifeln. Es ist deshalb zunächst als möglich anzu- erkennen, dass die aus jenen Beschlüssen hervorgegangenen Ver- pflichtungen die Existenz des deutschen Bundes überdauern; und ist folgeweise davon auszugehen, dass die Auflösung des Bundes ihre Aufhebung nur dann in sich schliessen würde, wenn der aus- gesprochene oder zu folgernde Wille der in Betracht kommenden Regierungen bei der Auflösung des Bundes auf jene Aufhebung gerichtet gewesen und in den diese Auflösung stipulirenden Ver- trägen zum Ausdrucke gekommen wäre. In den hieher bezüglichen
erfüllt ist, hat die oben erörterte Controverse ihre practische Bedeutung verloren.
1) Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern, herausgegeben von v. Dollmann, Th. I Bd. 5 Heft 2 S. IV f.
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III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.
Nach einer andern Meinung hätte der Bundesbeschluss
von 1832 durch die Auflösung des deutschen Bundes seine
Geltung verloren. Durch dieses Ereigniss sei nämlich mit der
Bundesverfassung auch die nur in dieser Verfassung begrün-
dete Verbindlichkeit für Preussen erloschen, den übrigen deut-
schen Staaten gemäss dem Beschlusse von 1832 den unbedingt
gleichen Rechtsschutz zu gewähren. Wenn man andrerseits
den in Preussen durch Patent vom 23. Februar 1833 publi-
zirten Bundesbeschluss als Preussisches Landesgesetz betrachte,
so sei der Inhalt desselben, insofern er die dem deutschen
Bundesgebiete angehörenden Werke gegenüber den dem ausser-
deutschen Auslande angehörenden begünstige, durch den Weg-
fall eben dieses Bundesgebietes gegenstandslos geworden.
Beide Folgerungen sind jedoch als durchaus unrichtig zu
bezeichnen. Die fortdauernde staatsrechtliche Gültigkeit der
Bundesbeschlüsse über den Nachdruck ist überzeugend nach-
gewiesen von Mandry, welcher dieselbe in dem Vorworte zu
seiner Bearbeitung des bayerischen Gesetzes vom 28. Juni
1865 1) treffend wie folgt begründet:
„Die in Nachdruckssachen erlassenen Bundesbeschlüsse sind,
obwohl die erste Veranlassung zu ihrer Entstehung durch den
Art. 18 lit. d der deutschen Bundesacte gegeben worden ist, doch
nichts Anderes, als durch die Bundesversammlung vermittelte Ver-
einbarungen der deutschen Bundesstaaten unter einander. Diess
lassen die einleitenden Worte zu den einzelnen Bundesbeschlüssen,
namentlich aber die Bestimmungen des Art. 65 der Wiener Schluss-
acte nicht bezweifeln. Es ist deshalb zunächst als möglich anzu-
erkennen, dass die aus jenen Beschlüssen hervorgegangenen Ver-
pflichtungen die Existenz des deutschen Bundes überdauern; und
ist folgeweise davon auszugehen, dass die Auflösung des Bundes
ihre Aufhebung nur dann in sich schliessen würde, wenn der aus-
gesprochene oder zu folgernde Wille der in Betracht kommenden
Regierungen bei der Auflösung des Bundes auf jene Aufhebung
gerichtet gewesen und in den diese Auflösung stipulirenden Ver-
trägen zum Ausdrucke gekommen wäre. In den hieher bezüglichen
1)
1) Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern, herausgegeben von
v. Dollmann, Th. I Bd. 5 Heft 2 S. IV f.
1) erfüllt ist, hat die oben erörterte Controverse ihre practische Bedeutung
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/96>, abgerufen am 24.11.2024.
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