dieser Ausdehnung zunächst in Deutschland durch die Schwer- fälligkeit der deutschen Bundeseinrichtungen, sodann für den ausländischen Verkehr durch die Opfer entgegenstellten, welche der deutsche Buchhandel in der Unterdrückung des internatio- nalen Nachdruckes bringen musste, so ist doch gegenwärtig das Ziel beinahe vollständig erreicht und die grossen Kultur- völker Europas erkennen auf dem Gebiete des Schrift- und des Kunsteigenthumes gegenseitig die innerhalb ihrer Grenzen begründeten Rechtsverhältnisse des geistigen Eigenthumes, gleich den inländischen, an.
Dieses Resultat ist jedoch nicht dadurch erreicht, dass der Grundsatz der territorialen Geltung des geistigen Eigenthumes einfach aufgehoben wäre. Es gilt vielmehr nach wie vor in allen Gesetzgebungen als Regel, dass nur das im Inlande er- worbene geistige Eigenthum Anspruch auf Geltung hat und diese Regel ist nur durch verschiedene Ausnahmen zu Gunsten der aus- ländischen geistigen Production eingeschränkt -- Ausnahmen, die jedoch einer vollständigen Aufhebung jener Regel beinahe gleich- kommen. Diese Ausnahmen treten in unsrer Gesetzgebung in dreifacher Gestalt auf, zunächst in der Ausdehnung der Gren- zen der territorialen Geltung auf das Gebiet des ehemaligen deutschen Bundes (Publications-Patent vom 23. Februar 1833 und Verordnung vom 23. Februar 1833), sodann in der ver- tragsmässigen Gleichstellung der französischen, englischen und belgischen Verlagsrechte mit den einheimischen durch die mit den letzteren Staaten geschlossenen Staatsverträge, endlich in der allgemeinen Gleichstellung der in fremden Staaten erschie- nenen Werke mit den einheimischen, in dem Masse als den einheimischen Werken durch die Gesetze des fremden Staates ebenfalls Schutz gewährt ist (Gesetz vom 11. Juli 1837 §. 38).
Diese drei Ausnahmen beziehen sich auf drei verschiedene Gebiete: auf das ehemalige Bundesgebiet, auf das Gebiet des vertragsmässigen Rechtsschutzes (England, Frankreich und Bel- gien) und auf das Gebiet der sogenannten materiellen Reci- procität, welches in jedem einzelnen Falle durch Vergleichung der bezüglichen ausländischen mit der einheimischen Nach- druckgesetzgebung festgestellt werden muss. Auch der Um- fang, in welchem die ausländische geistige Production der inländischen gleichgestellt wird, ist für die drei Rechtsgebiete ein verschiedener.
Territoriale Geltung der Rechtsverhältnisse.
dieser Ausdehnung zunächst in Deutschland durch die Schwer- fälligkeit der deutschen Bundeseinrichtungen, sodann für den ausländischen Verkehr durch die Opfer entgegenstellten, welche der deutsche Buchhandel in der Unterdrückung des internatio- nalen Nachdruckes bringen musste, so ist doch gegenwärtig das Ziel beinahe vollständig erreicht und die grossen Kultur- völker Europas erkennen auf dem Gebiete des Schrift- und des Kunsteigenthumes gegenseitig die innerhalb ihrer Grenzen begründeten Rechtsverhältnisse des geistigen Eigenthumes, gleich den inländischen, an.
Dieses Resultat ist jedoch nicht dadurch erreicht, dass der Grundsatz der territorialen Geltung des geistigen Eigenthumes einfach aufgehoben wäre. Es gilt vielmehr nach wie vor in allen Gesetzgebungen als Regel, dass nur das im Inlande er- worbene geistige Eigenthum Anspruch auf Geltung hat und diese Regel ist nur durch verschiedene Ausnahmen zu Gunsten der aus- ländischen geistigen Production eingeschränkt — Ausnahmen, die jedoch einer vollständigen Aufhebung jener Regel beinahe gleich- kommen. Diese Ausnahmen treten in unsrer Gesetzgebung in dreifacher Gestalt auf, zunächst in der Ausdehnung der Gren- zen der territorialen Geltung auf das Gebiet des ehemaligen deutschen Bundes (Publications-Patent vom 23. Februar 1833 und Verordnung vom 23. Februar 1833), sodann in der ver- tragsmässigen Gleichstellung der französischen, englischen und belgischen Verlagsrechte mit den einheimischen durch die mit den letzteren Staaten geschlossenen Staatsverträge, endlich in der allgemeinen Gleichstellung der in fremden Staaten erschie- nenen Werke mit den einheimischen, in dem Masse als den einheimischen Werken durch die Gesetze des fremden Staates ebenfalls Schutz gewährt ist (Gesetz vom 11. Juli 1837 §. 38).
Diese drei Ausnahmen beziehen sich auf drei verschiedene Gebiete: auf das ehemalige Bundesgebiet, auf das Gebiet des vertragsmässigen Rechtsschutzes (England, Frankreich und Bel- gien) und auf das Gebiet der sogenannten materiellen Reci- procität, welches in jedem einzelnen Falle durch Vergleichung der bezüglichen ausländischen mit der einheimischen Nach- druckgesetzgebung festgestellt werden muss. Auch der Um- fang, in welchem die ausländische geistige Production der inländischen gleichgestellt wird, ist für die drei Rechtsgebiete ein verschiedener.
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[75/0091]
Territoriale Geltung der Rechtsverhältnisse.
dieser Ausdehnung zunächst in Deutschland durch die Schwer-
fälligkeit der deutschen Bundeseinrichtungen, sodann für den
ausländischen Verkehr durch die Opfer entgegenstellten, welche
der deutsche Buchhandel in der Unterdrückung des internatio-
nalen Nachdruckes bringen musste, so ist doch gegenwärtig
das Ziel beinahe vollständig erreicht und die grossen Kultur-
völker Europas erkennen auf dem Gebiete des Schrift- und
des Kunsteigenthumes gegenseitig die innerhalb ihrer Grenzen
begründeten Rechtsverhältnisse des geistigen Eigenthumes,
gleich den inländischen, an.
Dieses Resultat ist jedoch nicht dadurch erreicht, dass der
Grundsatz der territorialen Geltung des geistigen Eigenthumes
einfach aufgehoben wäre. Es gilt vielmehr nach wie vor in
allen Gesetzgebungen als Regel, dass nur das im Inlande er-
worbene geistige Eigenthum Anspruch auf Geltung hat und diese
Regel ist nur durch verschiedene Ausnahmen zu Gunsten der aus-
ländischen geistigen Production eingeschränkt — Ausnahmen, die
jedoch einer vollständigen Aufhebung jener Regel beinahe gleich-
kommen. Diese Ausnahmen treten in unsrer Gesetzgebung in
dreifacher Gestalt auf, zunächst in der Ausdehnung der Gren-
zen der territorialen Geltung auf das Gebiet des ehemaligen
deutschen Bundes (Publications-Patent vom 23. Februar 1833
und Verordnung vom 23. Februar 1833), sodann in der ver-
tragsmässigen Gleichstellung der französischen, englischen und
belgischen Verlagsrechte mit den einheimischen durch die mit
den letzteren Staaten geschlossenen Staatsverträge, endlich in
der allgemeinen Gleichstellung der in fremden Staaten erschie-
nenen Werke mit den einheimischen, in dem Masse als den
einheimischen Werken durch die Gesetze des fremden Staates
ebenfalls Schutz gewährt ist (Gesetz vom 11. Juli 1837 §. 38).
Diese drei Ausnahmen beziehen sich auf drei verschiedene
Gebiete: auf das ehemalige Bundesgebiet, auf das Gebiet des
vertragsmässigen Rechtsschutzes (England, Frankreich und Bel-
gien) und auf das Gebiet der sogenannten materiellen Reci-
procität, welches in jedem einzelnen Falle durch Vergleichung
der bezüglichen ausländischen mit der einheimischen Nach-
druckgesetzgebung festgestellt werden muss. Auch der Um-
fang, in welchem die ausländische geistige Production der
inländischen gleichgestellt wird, ist für die drei Rechtsgebiete
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/91>, abgerufen am 21.07.2024.
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