Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Reformen in England. -- Literarisches Eigenthum.
Rechtlosigkeit in Bezug auf das geistige Eigenthum der Er-
finder herrschte.

Auch auf dem Gebiete des literarischen Eigen-
thumes
ging die englische Gesetzgebung durch Verleihung
eines allgemeinen gleichförmigen Rechtsschutzes den continen-
talen Staaten voran. In England ist die Ansicht hergebracht,
dass das Verlagsrecht des Schriftstellers an seinen Werken
von jeher durch das gemeine Recht anerkannt worden sei und
zwar ohne jede Beschränkung.1) Allein diese Behauptung er-
weist sich bei näherer Betrachtung als unhaltbar. In England
beruhte die Sicherstellung des Verlagsrechtes ursprünglich auf
der zunftmässigen Vereinigung der Buchhändler (stationers
company
). Die Parlamentsacten von 1643 und 1662 verboten
nur den Nachdruck der in die Register dieser Zunft eingetra-
genen Bücher. Wenn diese Verordnungen auch zur Ein-
tragung den Nachweis der Genehmigung des Verfassers für
den Druck verlangten, so fehlte doch eine Vorschrift, durch
welche das Eigenthum des Verfassers unabhängig von dieser
Einregistrirung anerkannt wäre, für welche seit der Abschaf-
fung der Censur im Jahre 1692 ein gesetzlicher Zwang nicht
mehr bestand.

Es würde schwerlich zulässig gewesen sein als Zweck der
Parlamentsacte von 1709, welche nur eine beschränkte Schutz-
frist von 14 Jahren einführte, in den Eingangsworten die Auf-
munterung der Gelehrten und Schriftsteller zu bezeichnen,2)
wenn schon vorher, wie behauptet wird, dem Autor und seinen
Erben das ausschliessliche Recht zur Herausgabe seiner Schrif-
ten ohne jene Beschränkung zugestanden hätte. Es muss da-
her behauptet werden, dass erst durch die Parlamentsacte von

1) Vergl. den Vortrag des Sir Anthony Trollope vor dem Con-
gress der sozialen Wissenschaften. The Times 8. October 1866. -- Henry
John Stephen, New Commentaries on the laws of England, Lond, 1842.
Vol. II p. 95.
2) Whereas printers booksellers and other persons have of late
frequently taken the liberty of printing reprinting and publishing --
books and other writings without the consent of the anthors or pro-
prietors of such books and writings to their very great detriment and
too often to the ruin of them and their families; for preventing there-
fore such practices for the future and for the encouragement of learned
men to compose and write useful books be it enacted etc.

Reformen in England. — Literarisches Eigenthum.
Rechtlosigkeit in Bezug auf das geistige Eigenthum der Er-
finder herrschte.

Auch auf dem Gebiete des literarischen Eigen-
thumes
ging die englische Gesetzgebung durch Verleihung
eines allgemeinen gleichförmigen Rechtsschutzes den continen-
talen Staaten voran. In England ist die Ansicht hergebracht,
dass das Verlagsrecht des Schriftstellers an seinen Werken
von jeher durch das gemeine Recht anerkannt worden sei und
zwar ohne jede Beschränkung.1) Allein diese Behauptung er-
weist sich bei näherer Betrachtung als unhaltbar. In England
beruhte die Sicherstellung des Verlagsrechtes ursprünglich auf
der zunftmässigen Vereinigung der Buchhändler (stationers
company
). Die Parlamentsacten von 1643 und 1662 verboten
nur den Nachdruck der in die Register dieser Zunft eingetra-
genen Bücher. Wenn diese Verordnungen auch zur Ein-
tragung den Nachweis der Genehmigung des Verfassers für
den Druck verlangten, so fehlte doch eine Vorschrift, durch
welche das Eigenthum des Verfassers unabhängig von dieser
Einregistrirung anerkannt wäre, für welche seit der Abschaf-
fung der Censur im Jahre 1692 ein gesetzlicher Zwang nicht
mehr bestand.

Es würde schwerlich zulässig gewesen sein als Zweck der
Parlamentsacte von 1709, welche nur eine beschränkte Schutz-
frist von 14 Jahren einführte, in den Eingangsworten die Auf-
munterung der Gelehrten und Schriftsteller zu bezeichnen,2)
wenn schon vorher, wie behauptet wird, dem Autor und seinen
Erben das ausschliessliche Recht zur Herausgabe seiner Schrif-
ten ohne jene Beschränkung zugestanden hätte. Es muss da-
her behauptet werden, dass erst durch die Parlamentsacte von

1) Vergl. den Vortrag des Sir Anthony Trollope vor dem Con-
gress der sozialen Wissenschaften. The Times 8. October 1866. — Henry
John Stephen, New Commentaries on the laws of England, Lond, 1842.
Vol. II p. 95.
2) Whereas printers booksellers and other persons have of late
frequently taken the liberty of printing reprinting and publishing —
books and other writings without the consent of the anthors or pro-
prietors of such books and writings to their very great detriment and
too often to the ruin of them and their families; for preventing there-
fore such practices for the future and for the encouragement of learned
men to compose and write useful books be it enacted etc.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="45"/><fw place="top" type="header">Reformen in England. &#x2014; Literarisches Eigenthum.</fw><lb/>
Rechtlosigkeit in Bezug auf das geistige Eigenthum der Er-<lb/>
finder herrschte.</p><lb/>
            <p>Auch auf dem Gebiete des <hi rendition="#g">literarischen Eigen-<lb/>
thumes</hi> ging die englische Gesetzgebung durch Verleihung<lb/>
eines allgemeinen gleichförmigen Rechtsschutzes den continen-<lb/>
talen Staaten voran. In England ist die Ansicht hergebracht,<lb/>
dass das Verlagsrecht des Schriftstellers an seinen Werken<lb/>
von jeher durch das gemeine Recht anerkannt worden sei und<lb/>
zwar ohne jede Beschränkung.<note place="foot" n="1)">Vergl. den Vortrag des Sir Anthony Trollope vor dem Con-<lb/>
gress der sozialen Wissenschaften. The Times 8. October 1866. &#x2014; Henry<lb/>
John Stephen, New Commentaries on the laws of England, Lond, 1842.<lb/>
Vol. II p. 95.</note> Allein diese Behauptung er-<lb/>
weist sich bei näherer Betrachtung als unhaltbar. In England<lb/>
beruhte die Sicherstellung des Verlagsrechtes ursprünglich auf<lb/>
der zunftmässigen Vereinigung der Buchhändler (<hi rendition="#i">stationers<lb/>
company</hi>). Die Parlamentsacten von 1643 und 1662 verboten<lb/>
nur den Nachdruck der in die Register dieser Zunft eingetra-<lb/>
genen Bücher. Wenn diese Verordnungen auch zur Ein-<lb/>
tragung den Nachweis der Genehmigung des Verfassers für<lb/>
den Druck verlangten, so fehlte doch eine Vorschrift, durch<lb/>
welche das Eigenthum des Verfassers unabhängig von dieser<lb/>
Einregistrirung anerkannt wäre, für welche seit der Abschaf-<lb/>
fung der Censur im Jahre 1692 ein gesetzlicher Zwang nicht<lb/>
mehr bestand.</p><lb/>
            <p>Es würde schwerlich zulässig gewesen sein als Zweck der<lb/>
Parlamentsacte von 1709, welche nur eine beschränkte Schutz-<lb/>
frist von 14 Jahren einführte, in den Eingangsworten die Auf-<lb/>
munterung der Gelehrten und Schriftsteller zu bezeichnen,<note place="foot" n="2)">Whereas printers booksellers and other persons have of late<lb/>
frequently taken the liberty of printing reprinting and publishing &#x2014;<lb/>
books and other writings without the consent of the anthors or pro-<lb/>
prietors of such books and writings to their very great detriment and<lb/>
too often to the ruin of them and their families; for preventing there-<lb/>
fore such practices for the future and for the encouragement of learned<lb/>
men to compose and write useful books be it enacted etc.</note><lb/>
wenn schon vorher, wie behauptet wird, dem Autor und seinen<lb/>
Erben das ausschliessliche Recht zur Herausgabe seiner Schrif-<lb/>
ten ohne jene Beschränkung zugestanden hätte. Es muss da-<lb/>
her behauptet werden, dass erst durch die Parlamentsacte von<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0061] Reformen in England. — Literarisches Eigenthum. Rechtlosigkeit in Bezug auf das geistige Eigenthum der Er- finder herrschte. Auch auf dem Gebiete des literarischen Eigen- thumes ging die englische Gesetzgebung durch Verleihung eines allgemeinen gleichförmigen Rechtsschutzes den continen- talen Staaten voran. In England ist die Ansicht hergebracht, dass das Verlagsrecht des Schriftstellers an seinen Werken von jeher durch das gemeine Recht anerkannt worden sei und zwar ohne jede Beschränkung. 1) Allein diese Behauptung er- weist sich bei näherer Betrachtung als unhaltbar. In England beruhte die Sicherstellung des Verlagsrechtes ursprünglich auf der zunftmässigen Vereinigung der Buchhändler (stationers company). Die Parlamentsacten von 1643 und 1662 verboten nur den Nachdruck der in die Register dieser Zunft eingetra- genen Bücher. Wenn diese Verordnungen auch zur Ein- tragung den Nachweis der Genehmigung des Verfassers für den Druck verlangten, so fehlte doch eine Vorschrift, durch welche das Eigenthum des Verfassers unabhängig von dieser Einregistrirung anerkannt wäre, für welche seit der Abschaf- fung der Censur im Jahre 1692 ein gesetzlicher Zwang nicht mehr bestand. Es würde schwerlich zulässig gewesen sein als Zweck der Parlamentsacte von 1709, welche nur eine beschränkte Schutz- frist von 14 Jahren einführte, in den Eingangsworten die Auf- munterung der Gelehrten und Schriftsteller zu bezeichnen, 2) wenn schon vorher, wie behauptet wird, dem Autor und seinen Erben das ausschliessliche Recht zur Herausgabe seiner Schrif- ten ohne jene Beschränkung zugestanden hätte. Es muss da- her behauptet werden, dass erst durch die Parlamentsacte von 1) Vergl. den Vortrag des Sir Anthony Trollope vor dem Con- gress der sozialen Wissenschaften. The Times 8. October 1866. — Henry John Stephen, New Commentaries on the laws of England, Lond, 1842. Vol. II p. 95. 2) Whereas printers booksellers and other persons have of late frequently taken the liberty of printing reprinting and publishing — books and other writings without the consent of the anthors or pro- prietors of such books and writings to their very great detriment and too often to the ruin of them and their families; for preventing there- fore such practices for the future and for the encouragement of learned men to compose and write useful books be it enacted etc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/61
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/61>, abgerufen am 24.11.2024.