Dies Ergebniss führt zu der Frage, wer von beiden, W. oder Kläger, als der eigentliche Erzeuger des Werkes anzusehen ist, wenn dazu beide durch ihre Thätigkeit mitwirkten. Als solcher muss, worüber nicht füglich ein Bedenken obwalten kann, Kläger gelten, denn er ist nicht bloss Urheber des Modells zur Vase, son- dern auch der Reliefs, welche er auf der Vase wiedergab. Er hat den W. gegen eine Geldvergütung zu bestimmten Arbeiten für sein Werk zur Darstellung des Modelles in Erz bedungen.
Diesen Verhältnissen gemäss würde die streitige Frage über das Eigenthum an der Vase zu Gunsten des Klägers als des Be- stellers einzelner Arbeiten, nicht des ganzen Werkes zu entscheiden sein, wenn nicht noch in Betracht käme, dass W. die Bronze zum Guss der Vase hergegeben hat. Die von W. gedungenen Arbeiten bestanden somit in einer Verarbeitung eigenen Materiales. Die Ver- arbeitung ist noch nicht vollendet, aber doch soweit vorgeschritten, dass der Rohstoff bereits in eine andere Sache von verschiedener Art und Gestaltung -- die gegossene Vase -- umgewandelt ist. Im vorliegenden Falle erscheint deshalb ein Schluss von dem Ei- genthume an dem Material auf das Eigenthum an der daraus ver- arbeiteten Vase nicht gerechtfertigt. Es handelt sich um die Her- vorbringung eines Werkes, zu dem W. durch seine Arbeiten Hülfe leisten sollte. Im Verhältnisse zu dem Originalkunstwerke erscheint der aus unedlem Metall bestehende Stoff nur als die Nebensache, die mit dem ersteren nur als Hauptsache in Verbindung gebracht wurde.
Das Eigenthum des Klägers an der Vase folgt speziell aus den Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Juni 1837 zum Schutze des Eigenthumes an Werken der Wissenschaft und Kunst. In Gemässheit desselben steht dem Urheber ein artistisches Eigenthum an Kunstwerken der Sculptur zu mit der Wirkung, dass jede Ver- vielfältigung derselben durch Dritte auf mechanischem Wege ohne seine Genehmigung untersagt und mit Strafe bedroht ist.
Die jetzt streitige Vase ist das Originalkunstwerk. Der Guss derselben ist vom Verklagten nicht ohne Genehmigung des Klägers, sogar vermöge einer contractlichen Verpflichtung unternommen. Von einer Verletzung der artistischen Eigenthumsrechte des Klägers dnrch rechtswidrige Vervielfältigung kann daher nicht die Rede sein. Allein, wenn unbefugte Vervielfältigungen kein erlaubtes Ei- genthum des Nachbildners ausmachen, solche Exemplare vielmehr confiscirt werden sollen -- §§. 30. 10. 12 des Gesetzes --, so dürfte
27
Vindication (Preussisches Recht).
Dies Ergebniss führt zu der Frage, wer von beiden, W. oder Kläger, als der eigentliche Erzeuger des Werkes anzusehen ist, wenn dazu beide durch ihre Thätigkeit mitwirkten. Als solcher muss, worüber nicht füglich ein Bedenken obwalten kann, Kläger gelten, denn er ist nicht bloss Urheber des Modells zur Vase, son- dern auch der Reliefs, welche er auf der Vase wiedergab. Er hat den W. gegen eine Geldvergütung zu bestimmten Arbeiten für sein Werk zur Darstellung des Modelles in Erz bedungen.
Diesen Verhältnissen gemäss würde die streitige Frage über das Eigenthum an der Vase zu Gunsten des Klägers als des Be- stellers einzelner Arbeiten, nicht des ganzen Werkes zu entscheiden sein, wenn nicht noch in Betracht käme, dass W. die Bronze zum Guss der Vase hergegeben hat. Die von W. gedungenen Arbeiten bestanden somit in einer Verarbeitung eigenen Materiales. Die Ver- arbeitung ist noch nicht vollendet, aber doch soweit vorgeschritten, dass der Rohstoff bereits in eine andere Sache von verschiedener Art und Gestaltung — die gegossene Vase — umgewandelt ist. Im vorliegenden Falle erscheint deshalb ein Schluss von dem Ei- genthume an dem Material auf das Eigenthum an der daraus ver- arbeiteten Vase nicht gerechtfertigt. Es handelt sich um die Her- vorbringung eines Werkes, zu dem W. durch seine Arbeiten Hülfe leisten sollte. Im Verhältnisse zu dem Originalkunstwerke erscheint der aus unedlem Metall bestehende Stoff nur als die Nebensache, die mit dem ersteren nur als Hauptsache in Verbindung gebracht wurde.
Das Eigenthum des Klägers an der Vase folgt speziell aus den Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Juni 1837 zum Schutze des Eigenthumes an Werken der Wissenschaft und Kunst. In Gemässheit desselben steht dem Urheber ein artistisches Eigenthum an Kunstwerken der Sculptur zu mit der Wirkung, dass jede Ver- vielfältigung derselben durch Dritte auf mechanischem Wege ohne seine Genehmigung untersagt und mit Strafe bedroht ist.
Die jetzt streitige Vase ist das Originalkunstwerk. Der Guss derselben ist vom Verklagten nicht ohne Genehmigung des Klägers, sogar vermöge einer contractlichen Verpflichtung unternommen. Von einer Verletzung der artistischen Eigenthumsrechte des Klägers dnrch rechtswidrige Vervielfältigung kann daher nicht die Rede sein. Allein, wenn unbefugte Vervielfältigungen kein erlaubtes Ei- genthum des Nachbildners ausmachen, solche Exemplare vielmehr confiscirt werden sollen — §§. 30. 10. 12 des Gesetzes —, so dürfte
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[417/0433]
Vindication (Preussisches Recht).
Dies Ergebniss führt zu der Frage, wer von beiden, W. oder
Kläger, als der eigentliche Erzeuger des Werkes anzusehen ist,
wenn dazu beide durch ihre Thätigkeit mitwirkten. Als solcher
muss, worüber nicht füglich ein Bedenken obwalten kann, Kläger
gelten, denn er ist nicht bloss Urheber des Modells zur Vase, son-
dern auch der Reliefs, welche er auf der Vase wiedergab. Er hat
den W. gegen eine Geldvergütung zu bestimmten Arbeiten für sein
Werk zur Darstellung des Modelles in Erz bedungen.
Diesen Verhältnissen gemäss würde die streitige Frage über
das Eigenthum an der Vase zu Gunsten des Klägers als des Be-
stellers einzelner Arbeiten, nicht des ganzen Werkes zu entscheiden
sein, wenn nicht noch in Betracht käme, dass W. die Bronze zum
Guss der Vase hergegeben hat. Die von W. gedungenen Arbeiten
bestanden somit in einer Verarbeitung eigenen Materiales. Die Ver-
arbeitung ist noch nicht vollendet, aber doch soweit vorgeschritten,
dass der Rohstoff bereits in eine andere Sache von verschiedener
Art und Gestaltung — die gegossene Vase — umgewandelt ist.
Im vorliegenden Falle erscheint deshalb ein Schluss von dem Ei-
genthume an dem Material auf das Eigenthum an der daraus ver-
arbeiteten Vase nicht gerechtfertigt. Es handelt sich um die Her-
vorbringung eines Werkes, zu dem W. durch seine Arbeiten Hülfe
leisten sollte. Im Verhältnisse zu dem Originalkunstwerke erscheint
der aus unedlem Metall bestehende Stoff nur als die Nebensache,
die mit dem ersteren nur als Hauptsache in Verbindung gebracht
wurde.
Das Eigenthum des Klägers an der Vase folgt speziell aus
den Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Juni 1837 zum Schutze
des Eigenthumes an Werken der Wissenschaft und Kunst. In
Gemässheit desselben steht dem Urheber ein artistisches Eigenthum
an Kunstwerken der Sculptur zu mit der Wirkung, dass jede Ver-
vielfältigung derselben durch Dritte auf mechanischem Wege ohne
seine Genehmigung untersagt und mit Strafe bedroht ist.
Die jetzt streitige Vase ist das Originalkunstwerk. Der Guss
derselben ist vom Verklagten nicht ohne Genehmigung des Klägers,
sogar vermöge einer contractlichen Verpflichtung unternommen. Von
einer Verletzung der artistischen Eigenthumsrechte des Klägers
dnrch rechtswidrige Vervielfältigung kann daher nicht die Rede
sein. Allein, wenn unbefugte Vervielfältigungen kein erlaubtes Ei-
genthum des Nachbildners ausmachen, solche Exemplare vielmehr
confiscirt werden sollen — §§. 30. 10. 12 des Gesetzes —, so dürfte
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/433>, abgerufen am 05.12.2024.
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