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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Geistige Thätigkeit des Nachdruckers.

Die figürliche Auslegung des in den Nachdruckgesetzen
gebrauchten Ausdrucks: mechanische Vervielfältigung gibt übri-
gens nach zwei Richtungen zu fehlerhaften Schlussfolgerungen
Anlass. Zunächst rechnen die Vertheidiger derselben, wenig-
stens zum Theil, das Abschreiben und Abzeichnen zum That-
bestande des Nachdrucks 1).

Ferner wird auf Grund dieser figürlichen Auslegung zum
Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass das fremde Werk
nicht blos seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt, son-
dern auch in einer geistlosen Weise reproduzirt sei. Dies ist
jedoch ganz unrichtig. Der unbefugte Abdruck eines Werkes
ist darum nicht weniger Nachdruck, wenn derselbe mit kriti-
scher Sichtung und Verbesserung vorgenommen wird. Ebenso-
wenig ist es zulässig, nach einem mittelmässigen Gemälde ohne
Erlaubniss des Autors einen effectvollen Kupferstich herzustel-
len, oder von einem schlecht instrumentirten Orchestersatze
eine meisterhafte Transscription für das Klavier zu machen.

Die geistige Production des Uebersetzers, des Kupferste-
chers oder jedes andern Bearbeiters, kann zwar für denselben
ein geistiges Eigenthum an der neu geschaffenen Form begrün-
den (oben S. 133 f.). Allein diese originale Formgebung schliesst
keinesweges den Thatbestand des Nachdruckes oder der Nach-
bildung aus, wenn in der neuen und selbst verbesserten Form
der wesentliche Inhalt des nachgebildeten Werkes wiedergege-
ben wird. Wenn also im gegebenen Falle zu untersuchen ist,
ob ein partieller Nachdruck oder nur eine erlaubte Benutzung
des fremden Werkes vorliegt, so kommt es zwar auf den Um-
fang der vorgenommenen Veränderungen an, nicht aber darauf,
ob dieselben mit oder ohne Verständniss ausgeführt sind. Es
fragt sich zwar, ob eine sclavische Nachahmung oder eine
freie Schöpfung nach fremden Ideen vorliegt. Die Frage da-
gegen, ob diese Schöpfung stümperhaft oder geistvoll ist, ent-
zieht sich der juristischen Beurtheilung und hat mit dem That-
bestande des Nachdruckes nichts zu thun. Es ist daher unrichtig
den Begriff des mechanischen Verfahrens, welcher sich nur auf
die Vervielfältigung des Nachdruckes bezieht, auf die geistige
Thätigkeit des Nachdruckers zu beziehen.

1) Friedländer a. a. O. S. 40. -- Eisenlohr S. 97 Note 1 (im
Widerspruch mit der im Texte aufgestellten Definition der mechani-
schen Vervielfältigung.)
Geistige Thätigkeit des Nachdruckers.

Die figürliche Auslegung des in den Nachdruckgesetzen
gebrauchten Ausdrucks: mechanische Vervielfältigung gibt übri-
gens nach zwei Richtungen zu fehlerhaften Schlussfolgerungen
Anlass. Zunächst rechnen die Vertheidiger derselben, wenig-
stens zum Theil, das Abschreiben und Abzeichnen zum That-
bestande des Nachdrucks 1).

Ferner wird auf Grund dieser figürlichen Auslegung zum
Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass das fremde Werk
nicht blos seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt, son-
dern auch in einer geistlosen Weise reproduzirt sei. Dies ist
jedoch ganz unrichtig. Der unbefugte Abdruck eines Werkes
ist darum nicht weniger Nachdruck, wenn derselbe mit kriti-
scher Sichtung und Verbesserung vorgenommen wird. Ebenso-
wenig ist es zulässig, nach einem mittelmässigen Gemälde ohne
Erlaubniss des Autors einen effectvollen Kupferstich herzustel-
len, oder von einem schlecht instrumentirten Orchestersatze
eine meisterhafte Transscription für das Klavier zu machen.

Die geistige Production des Uebersetzers, des Kupferste-
chers oder jedes andern Bearbeiters, kann zwar für denselben
ein geistiges Eigenthum an der neu geschaffenen Form begrün-
den (oben S. 133 f.). Allein diese originale Formgebung schliesst
keinesweges den Thatbestand des Nachdruckes oder der Nach-
bildung aus, wenn in der neuen und selbst verbesserten Form
der wesentliche Inhalt des nachgebildeten Werkes wiedergege-
ben wird. Wenn also im gegebenen Falle zu untersuchen ist,
ob ein partieller Nachdruck oder nur eine erlaubte Benutzung
des fremden Werkes vorliegt, so kommt es zwar auf den Um-
fang der vorgenommenen Veränderungen an, nicht aber darauf,
ob dieselben mit oder ohne Verständniss ausgeführt sind. Es
fragt sich zwar, ob eine sclavische Nachahmung oder eine
freie Schöpfung nach fremden Ideen vorliegt. Die Frage da-
gegen, ob diese Schöpfung stümperhaft oder geistvoll ist, ent-
zieht sich der juristischen Beurtheilung und hat mit dem That-
bestande des Nachdruckes nichts zu thun. Es ist daher unrichtig
den Begriff des mechanischen Verfahrens, welcher sich nur auf
die Vervielfältigung des Nachdruckes bezieht, auf die geistige
Thätigkeit des Nachdruckers zu beziehen.

1) Friedländer a. a. O. S. 40. — Eisenlohr S. 97 Note 1 (im
Widerspruch mit der im Texte aufgestellten Definition der mechani-
schen Vervielfältigung.)
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[399/0415] Geistige Thätigkeit des Nachdruckers. Die figürliche Auslegung des in den Nachdruckgesetzen gebrauchten Ausdrucks: mechanische Vervielfältigung gibt übri- gens nach zwei Richtungen zu fehlerhaften Schlussfolgerungen Anlass. Zunächst rechnen die Vertheidiger derselben, wenig- stens zum Theil, das Abschreiben und Abzeichnen zum That- bestande des Nachdrucks 1). Ferner wird auf Grund dieser figürlichen Auslegung zum Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass das fremde Werk nicht blos seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt, son- dern auch in einer geistlosen Weise reproduzirt sei. Dies ist jedoch ganz unrichtig. Der unbefugte Abdruck eines Werkes ist darum nicht weniger Nachdruck, wenn derselbe mit kriti- scher Sichtung und Verbesserung vorgenommen wird. Ebenso- wenig ist es zulässig, nach einem mittelmässigen Gemälde ohne Erlaubniss des Autors einen effectvollen Kupferstich herzustel- len, oder von einem schlecht instrumentirten Orchestersatze eine meisterhafte Transscription für das Klavier zu machen. Die geistige Production des Uebersetzers, des Kupferste- chers oder jedes andern Bearbeiters, kann zwar für denselben ein geistiges Eigenthum an der neu geschaffenen Form begrün- den (oben S. 133 f.). Allein diese originale Formgebung schliesst keinesweges den Thatbestand des Nachdruckes oder der Nach- bildung aus, wenn in der neuen und selbst verbesserten Form der wesentliche Inhalt des nachgebildeten Werkes wiedergege- ben wird. Wenn also im gegebenen Falle zu untersuchen ist, ob ein partieller Nachdruck oder nur eine erlaubte Benutzung des fremden Werkes vorliegt, so kommt es zwar auf den Um- fang der vorgenommenen Veränderungen an, nicht aber darauf, ob dieselben mit oder ohne Verständniss ausgeführt sind. Es fragt sich zwar, ob eine sclavische Nachahmung oder eine freie Schöpfung nach fremden Ideen vorliegt. Die Frage da- gegen, ob diese Schöpfung stümperhaft oder geistvoll ist, ent- zieht sich der juristischen Beurtheilung und hat mit dem That- bestande des Nachdruckes nichts zu thun. Es ist daher unrichtig den Begriff des mechanischen Verfahrens, welcher sich nur auf die Vervielfältigung des Nachdruckes bezieht, auf die geistige Thätigkeit des Nachdruckers zu beziehen. 1) Friedländer a. a. O. S. 40. — Eisenlohr S. 97 Note 1 (im Widerspruch mit der im Texte aufgestellten Definition der mechani- schen Vervielfältigung.)

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/415>, abgerufen am 12.12.2024.