Nachbildungen des Aeusseren der Druckwerke in gewinnsüchtiger Absicht nicht anwendbar zu sein.
Unser Nachdruckgesetz erfordert allerdings zum Thatbestande des verbotenen Nachdrucks mindestens den theilweis erfolgten Wie- derabdruck des ursprünglichen Werkes ohne Genehmigung des aus- schliesslich Berechtigten. Und ein solcher partieller Nachdruck lässt sich in der Eigenthümlichkeit des vorliegenden Falles dem Angeschuldigten nicht vorwerfen, sofern es sich nur materiell um die grössere oder geringere Anzahl der von ihm benutzten oder wiedergegebenen einzelnen Stellen handelt. Jedoch legt auch un- ser Nachdruckgesetz kein Hinderniss in den Weg, wenn es sich darum handelt, durch den Begriff des Nachdruckes einen Fall zu treffen, dessen Eigenthümlichkeit in der Schaden bringenden Be- nutzung des Titels und der Gestalt eines fremden Verlagswerkes besteht. --
So wenig sich also ein- für allemal der Satz aufstellen liesse, dass die Benutzung eines früheren Büchertitels dem neuen Werke den Stempel eines strafbaren Nachdruckes aufprägt, so darf doch im vorliegenden concreten Falle um der begleitenden Umstände willen schon der Nachdruck des Titels als strafbar erachtet werden. Diese begleitenden Umstände bestehen aber in der Nachbildung der gan- zen Gestalt desjenigen Buches, mit welchem concurrirt werden soll, denn auch die Gestalt des Buches kann unter den Umständen des vorliegenden Falles als zur Substanz des Buches gehörig angesehen werden."
Die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens enthalten ihre Widerlegung in sich selbst. Auf der einen Seite wird aner- kannt, dass zum Thatbestande des Nachdrucks mindestens der theilweise Abdruck des nachgeahmten Werkes gehört, dass we- der die Nachbildung der äusseren Ausstattung, noch die An- eignung des fremden Titels dieses Vergehen enthalte. Dagegen soll doch Beides vereinigt, in Verbindung mit der auf Täuschung des Publicums gerichteten gewinnsüchtigen Absicht den Begriff des strafbaren Nachdruckes, "wenn auch nicht in der gewöhn- lichen Bedeutung des Wortes," darstellen. Es ist aber offen- bar, dass der blosse Nachweis einer dolosen Absicht nicht den objectiven Thatbestand eines Vergehens ersetzen kann, und dass es unstatthaft ist, Handlungen, die nicht den Thatbestand einer unbefugten Reproduction fremder Werke enthalten, um ihres blossen Zweckes willen unter das Nachdruckverbot zu subsumiren.
VIII. Nachdruck. §. 36. Begriff.
Nachbildungen des Aeusseren der Druckwerke in gewinnsüchtiger Absicht nicht anwendbar zu sein.
Unser Nachdruckgesetz erfordert allerdings zum Thatbestande des verbotenen Nachdrucks mindestens den theilweis erfolgten Wie- derabdruck des ursprünglichen Werkes ohne Genehmigung des aus- schliesslich Berechtigten. Und ein solcher partieller Nachdruck lässt sich in der Eigenthümlichkeit des vorliegenden Falles dem Angeschuldigten nicht vorwerfen, sofern es sich nur materiell um die grössere oder geringere Anzahl der von ihm benutzten oder wiedergegebenen einzelnen Stellen handelt. Jedoch legt auch un- ser Nachdruckgesetz kein Hinderniss in den Weg, wenn es sich darum handelt, durch den Begriff des Nachdruckes einen Fall zu treffen, dessen Eigenthümlichkeit in der Schaden bringenden Be- nutzung des Titels und der Gestalt eines fremden Verlagswerkes besteht. —
So wenig sich also ein- für allemal der Satz aufstellen liesse, dass die Benutzung eines früheren Büchertitels dem neuen Werke den Stempel eines strafbaren Nachdruckes aufprägt, so darf doch im vorliegenden concreten Falle um der begleitenden Umstände willen schon der Nachdruck des Titels als strafbar erachtet werden. Diese begleitenden Umstände bestehen aber in der Nachbildung der gan- zen Gestalt desjenigen Buches, mit welchem concurrirt werden soll, denn auch die Gestalt des Buches kann unter den Umständen des vorliegenden Falles als zur Substanz des Buches gehörig angesehen werden.«
Die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens enthalten ihre Widerlegung in sich selbst. Auf der einen Seite wird aner- kannt, dass zum Thatbestande des Nachdrucks mindestens der theilweise Abdruck des nachgeahmten Werkes gehört, dass we- der die Nachbildung der äusseren Ausstattung, noch die An- eignung des fremden Titels dieses Vergehen enthalte. Dagegen soll doch Beides vereinigt, in Verbindung mit der auf Täuschung des Publicums gerichteten gewinnsüchtigen Absicht den Begriff des strafbaren Nachdruckes, »wenn auch nicht in der gewöhn- lichen Bedeutung des Wortes,« darstellen. Es ist aber offen- bar, dass der blosse Nachweis einer dolosen Absicht nicht den objectiven Thatbestand eines Vergehens ersetzen kann, und dass es unstatthaft ist, Handlungen, die nicht den Thatbestand einer unbefugten Reproduction fremder Werke enthalten, um ihres blossen Zweckes willen unter das Nachdruckverbot zu subsumiren.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0394"n="378"/><fwplace="top"type="header">VIII. Nachdruck. §. 36. Begriff.</fw><lb/>
Nachbildungen des Aeusseren der Druckwerke in gewinnsüchtiger<lb/>
Absicht nicht anwendbar zu sein.</p><lb/><p>Unser Nachdruckgesetz erfordert allerdings zum Thatbestande<lb/>
des verbotenen Nachdrucks mindestens den theilweis erfolgten Wie-<lb/>
derabdruck des ursprünglichen Werkes ohne Genehmigung des aus-<lb/>
schliesslich Berechtigten. Und ein solcher partieller Nachdruck<lb/>
lässt sich in der Eigenthümlichkeit des vorliegenden Falles dem<lb/>
Angeschuldigten nicht vorwerfen, sofern es sich nur materiell um<lb/>
die grössere oder geringere Anzahl der von ihm benutzten oder<lb/>
wiedergegebenen einzelnen Stellen handelt. Jedoch legt auch un-<lb/>
ser Nachdruckgesetz kein Hinderniss in den Weg, wenn es sich<lb/>
darum handelt, durch den Begriff des Nachdruckes einen Fall zu<lb/>
treffen, dessen Eigenthümlichkeit in der Schaden bringenden Be-<lb/>
nutzung des Titels und der Gestalt eines fremden Verlagswerkes<lb/>
besteht. —</p><lb/><p>So wenig sich also ein- für allemal der Satz aufstellen liesse,<lb/>
dass die Benutzung eines früheren Büchertitels dem neuen Werke<lb/>
den Stempel eines strafbaren Nachdruckes aufprägt, so darf doch im<lb/>
vorliegenden concreten Falle um der begleitenden Umstände willen<lb/>
schon der Nachdruck des Titels als strafbar erachtet werden. Diese<lb/>
begleitenden Umstände bestehen aber in der Nachbildung der gan-<lb/>
zen Gestalt desjenigen Buches, mit welchem concurrirt werden soll,<lb/>
denn auch die Gestalt des Buches kann unter den Umständen des<lb/>
vorliegenden Falles als zur Substanz des Buches gehörig angesehen<lb/>
werden.«</p><lb/><p>Die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens enthalten ihre<lb/>
Widerlegung in sich selbst. Auf der einen Seite wird aner-<lb/>
kannt, dass zum Thatbestande des Nachdrucks mindestens der<lb/>
theilweise Abdruck des nachgeahmten Werkes gehört, dass we-<lb/>
der die Nachbildung der äusseren Ausstattung, noch die An-<lb/>
eignung des fremden Titels dieses Vergehen enthalte. Dagegen<lb/>
soll doch Beides vereinigt, in Verbindung mit der auf Täuschung<lb/>
des Publicums gerichteten gewinnsüchtigen Absicht den Begriff<lb/>
des strafbaren Nachdruckes, »wenn auch nicht in der gewöhn-<lb/>
lichen Bedeutung des Wortes,« darstellen. Es ist aber offen-<lb/>
bar, dass der blosse Nachweis einer dolosen Absicht nicht den<lb/>
objectiven Thatbestand eines Vergehens ersetzen kann, und dass<lb/>
es unstatthaft ist, Handlungen, die nicht den Thatbestand einer<lb/>
unbefugten Reproduction fremder Werke enthalten, um ihres<lb/>
blossen Zweckes willen unter das Nachdruckverbot zu subsumiren.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[378/0394]
VIII. Nachdruck. §. 36. Begriff.
Nachbildungen des Aeusseren der Druckwerke in gewinnsüchtiger
Absicht nicht anwendbar zu sein.
Unser Nachdruckgesetz erfordert allerdings zum Thatbestande
des verbotenen Nachdrucks mindestens den theilweis erfolgten Wie-
derabdruck des ursprünglichen Werkes ohne Genehmigung des aus-
schliesslich Berechtigten. Und ein solcher partieller Nachdruck
lässt sich in der Eigenthümlichkeit des vorliegenden Falles dem
Angeschuldigten nicht vorwerfen, sofern es sich nur materiell um
die grössere oder geringere Anzahl der von ihm benutzten oder
wiedergegebenen einzelnen Stellen handelt. Jedoch legt auch un-
ser Nachdruckgesetz kein Hinderniss in den Weg, wenn es sich
darum handelt, durch den Begriff des Nachdruckes einen Fall zu
treffen, dessen Eigenthümlichkeit in der Schaden bringenden Be-
nutzung des Titels und der Gestalt eines fremden Verlagswerkes
besteht. —
So wenig sich also ein- für allemal der Satz aufstellen liesse,
dass die Benutzung eines früheren Büchertitels dem neuen Werke
den Stempel eines strafbaren Nachdruckes aufprägt, so darf doch im
vorliegenden concreten Falle um der begleitenden Umstände willen
schon der Nachdruck des Titels als strafbar erachtet werden. Diese
begleitenden Umstände bestehen aber in der Nachbildung der gan-
zen Gestalt desjenigen Buches, mit welchem concurrirt werden soll,
denn auch die Gestalt des Buches kann unter den Umständen des
vorliegenden Falles als zur Substanz des Buches gehörig angesehen
werden.«
Die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens enthalten ihre
Widerlegung in sich selbst. Auf der einen Seite wird aner-
kannt, dass zum Thatbestande des Nachdrucks mindestens der
theilweise Abdruck des nachgeahmten Werkes gehört, dass we-
der die Nachbildung der äusseren Ausstattung, noch die An-
eignung des fremden Titels dieses Vergehen enthalte. Dagegen
soll doch Beides vereinigt, in Verbindung mit der auf Täuschung
des Publicums gerichteten gewinnsüchtigen Absicht den Begriff
des strafbaren Nachdruckes, »wenn auch nicht in der gewöhn-
lichen Bedeutung des Wortes,« darstellen. Es ist aber offen-
bar, dass der blosse Nachweis einer dolosen Absicht nicht den
objectiven Thatbestand eines Vergehens ersetzen kann, und dass
es unstatthaft ist, Handlungen, die nicht den Thatbestand einer
unbefugten Reproduction fremder Werke enthalten, um ihres
blossen Zweckes willen unter das Nachdruckverbot zu subsumiren.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/394>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.