Uebertragbarkeit des Verlagsrechtes. -- Rechtsfall.
dass auch Wächter der aufgestellten Beschränkung in der Ver- äusserung des Verlagsrechtes keine andere practische Tragweite beimisst, als diejenige, welche sich auch ohne die aufgestellte Beschränkung aus der wesentlich auf Treu und Glauben ge- gründeten Natur des Verlagsvertrages von selbst ergibt.
Es würde mit der bona fides und mit der Absicht des Ver- lagsvertrages allerdings unverträglich sein, wenn der Verleger von vorn herein, ohne überhaupt die Ausführung des Vertrages selbst beabsichtigt zu haben, das erworbene Verlagsrecht an einen andern Buchhändler, etwa gar an den Verleger eines con- currirenden Unternehmens veräussern wollte. Der Autor würde in einem solchen Falle ebenso wie in dem Falle des §. 1005 Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 1) berechtigt sein, von dem Ver- trage zurückzutreten.
Abgesehen von dem Falle einer solchen der Absicht des Verlagsvertrages unmittelbar zuwider laufenden Veräusserung ist dagegen der Verleger in der Uebertragung des Verlags- rechtes nicht beschränkt. Dies ist auch neuerdings in dem fol- genden Rechtsfalle2) anerkannt worden:
Im Februar 1855 schloss Dr. Joseph Viktor Scheffel, der sich damals zu Heidelberg aufhielt, mit der Verlagsbuchhand- lung Meidinger Sohn & Co. in Frankfurt a. M. einen Vertrag ab, wonach er dieser Buchhandlung seinen Roman "Ekkehard" zu "einem freien unbeschränkten Verlagsrechte auf fünfzehn Jahre" gegen ein Honorar von 1200 fl. überliess. Nach Ab- lauf gedachter Zeit sollte das Werk dem Vertrage nach in das volle Eigenthumsrecht des Schriftstellers zurückfallen. Die Handlung Meidinger Sohn & Co. gerieth, nachdem sie das Werk herausgegeben hatte, im Jahre 1860 in Concurs. Die Verwal- tung der Concursmasse verkaufte das Verlagsrecht am "Ekke- hard" dem Buchhändler Otto Janke in Berlin. Durch Letzte- ren von diesem Verkaufe benachrichtigt, erklärte Scheffel, den Verkauf nicht anzuerkennen, wie er schon früher der Masse- verwaltung gegenüber gegen jede ohne seine Zustimmung ge- schehende Veräusserung des fraglichen Verlagsrechtes Verwah-
1) §. 1005. Ereignen sich Umstände oder Hindernisse, welche den Verfasser veranlassen, das versprochene Werk gar nicht herauszu- geben, so kann er von dem Vertrage zurücktreten.
2) Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1867 S. 1144.
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Uebertragbarkeit des Verlagsrechtes. — Rechtsfall.
dass auch Wächter der aufgestellten Beschränkung in der Ver- äusserung des Verlagsrechtes keine andere practische Tragweite beimisst, als diejenige, welche sich auch ohne die aufgestellte Beschränkung aus der wesentlich auf Treu und Glauben ge- gründeten Natur des Verlagsvertrages von selbst ergibt.
Es würde mit der bona fides und mit der Absicht des Ver- lagsvertrages allerdings unverträglich sein, wenn der Verleger von vorn herein, ohne überhaupt die Ausführung des Vertrages selbst beabsichtigt zu haben, das erworbene Verlagsrecht an einen andern Buchhändler, etwa gar an den Verleger eines con- currirenden Unternehmens veräussern wollte. Der Autor würde in einem solchen Falle ebenso wie in dem Falle des §. 1005 Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 1) berechtigt sein, von dem Ver- trage zurückzutreten.
Abgesehen von dem Falle einer solchen der Absicht des Verlagsvertrages unmittelbar zuwider laufenden Veräusserung ist dagegen der Verleger in der Uebertragung des Verlags- rechtes nicht beschränkt. Dies ist auch neuerdings in dem fol- genden Rechtsfalle2) anerkannt worden:
Im Februar 1855 schloss Dr. Joseph Viktor Scheffel, der sich damals zu Heidelberg aufhielt, mit der Verlagsbuchhand- lung Meidinger Sohn & Co. in Frankfurt a. M. einen Vertrag ab, wonach er dieser Buchhandlung seinen Roman »Ekkehard« zu »einem freien unbeschränkten Verlagsrechte auf fünfzehn Jahre« gegen ein Honorar von 1200 fl. überliess. Nach Ab- lauf gedachter Zeit sollte das Werk dem Vertrage nach in das volle Eigenthumsrecht des Schriftstellers zurückfallen. Die Handlung Meidinger Sohn & Co. gerieth, nachdem sie das Werk herausgegeben hatte, im Jahre 1860 in Concurs. Die Verwal- tung der Concursmasse verkaufte das Verlagsrecht am »Ekke- hard« dem Buchhändler Otto Janke in Berlin. Durch Letzte- ren von diesem Verkaufe benachrichtigt, erklärte Scheffel, den Verkauf nicht anzuerkennen, wie er schon früher der Masse- verwaltung gegenüber gegen jede ohne seine Zustimmung ge- schehende Veräusserung des fraglichen Verlagsrechtes Verwah-
1) §. 1005. Ereignen sich Umstände oder Hindernisse, welche den Verfasser veranlassen, das versprochene Werk gar nicht herauszu- geben, so kann er von dem Vertrage zurücktreten.
2) Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1867 S. 1144.
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Uebertragbarkeit des Verlagsrechtes. — Rechtsfall.
dass auch Wächter der aufgestellten Beschränkung in der Ver-
äusserung des Verlagsrechtes keine andere practische Tragweite
beimisst, als diejenige, welche sich auch ohne die aufgestellte
Beschränkung aus der wesentlich auf Treu und Glauben ge-
gründeten Natur des Verlagsvertrages von selbst ergibt.
Es würde mit der bona fides und mit der Absicht des Ver-
lagsvertrages allerdings unverträglich sein, wenn der Verleger
von vorn herein, ohne überhaupt die Ausführung des Vertrages
selbst beabsichtigt zu haben, das erworbene Verlagsrecht an
einen andern Buchhändler, etwa gar an den Verleger eines con-
currirenden Unternehmens veräussern wollte. Der Autor würde
in einem solchen Falle ebenso wie in dem Falle des §. 1005
Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 1) berechtigt sein, von dem Ver-
trage zurückzutreten.
Abgesehen von dem Falle einer solchen der Absicht des
Verlagsvertrages unmittelbar zuwider laufenden Veräusserung
ist dagegen der Verleger in der Uebertragung des Verlags-
rechtes nicht beschränkt. Dies ist auch neuerdings in dem fol-
genden Rechtsfalle 2) anerkannt worden:
Im Februar 1855 schloss Dr. Joseph Viktor Scheffel, der
sich damals zu Heidelberg aufhielt, mit der Verlagsbuchhand-
lung Meidinger Sohn & Co. in Frankfurt a. M. einen Vertrag
ab, wonach er dieser Buchhandlung seinen Roman »Ekkehard«
zu »einem freien unbeschränkten Verlagsrechte auf fünfzehn
Jahre« gegen ein Honorar von 1200 fl. überliess. Nach Ab-
lauf gedachter Zeit sollte das Werk dem Vertrage nach in
das volle Eigenthumsrecht des Schriftstellers zurückfallen. Die
Handlung Meidinger Sohn & Co. gerieth, nachdem sie das Werk
herausgegeben hatte, im Jahre 1860 in Concurs. Die Verwal-
tung der Concursmasse verkaufte das Verlagsrecht am »Ekke-
hard« dem Buchhändler Otto Janke in Berlin. Durch Letzte-
ren von diesem Verkaufe benachrichtigt, erklärte Scheffel, den
Verkauf nicht anzuerkennen, wie er schon früher der Masse-
verwaltung gegenüber gegen jede ohne seine Zustimmung ge-
schehende Veräusserung des fraglichen Verlagsrechtes Verwah-
1) §. 1005. Ereignen sich Umstände oder Hindernisse, welche
den Verfasser veranlassen, das versprochene Werk gar nicht herauszu-
geben, so kann er von dem Vertrage zurücktreten.
2) Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1867 S. 1144.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/353>, abgerufen am 16.02.2025.
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