Man kann sogar darüber zweifelhaft sein, welcher der bei- den Hauptgattungen der Contracte der Verlagsvertrag beizu- zählen ist, ob derselbe zu den Realcontracten oder zu den Consensualcontracten gehört.
Für die Annahme eines Realcontractes spricht der Um- stand, dass durch den Verlagsvertrag ein dingliches Recht an dem Objecte des geistigen Eigenthumes, und zwar in der Gestalt eines Verlagsrechtes von beschränkter oder von unbeschränkte[n] Dauer auf den Verleger übertragen wird. Wenn der Vertrag daher über ein fertiges Werk abgeschlossen wird und wie dies häufig der Fall ist, der Verlagsvertrag gerade durch die Ueber- gabe der Schrift oder des Kunstwerkes abgeschlossen wird, so erhält das Geschäft die factische Gestalt eines Realvertrages und würde nach der Terminologie des Römischen Rechtes unter den Innominatcontracten nach der Formel do ut facias unter- gebracht werden können.
Allein es ist für den Begriff des Verlagsvertrages keines- weges wesentlich, dass derselbe über ein fertiges Werk abge- schlossen wird, oder dass der Contract durch die Uebergabe des Manuscriptes oder des Kunstwerkes geschlossen wird. Der Vertrag kann vielmehr gültig auch über ein künftiges Werk und in beiden Fällen ohne Uebergabe durch übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen werden. Zur Perfection des Vertrages ist also der blosse Consensus ausreichend und der Verlagsvertrag gehört unter die Kategorie der Consensual- verträge.
Man könnte geneigt sein, nach dem was im vorigen Pa- ragraphen über die Bestellung seitens des Verlegers gesagt ist, den Vertrag über ein künftiges Werk von dem gewöhnlichen Verlagsvertrage zu unterscheiden und denselben als zusammen- gesetzt anzusehen aus einem unbenannten Vertrage über die Herstellung des Werkes und aus einem Verlagsvertrage. Diese Unterscheidung ist indess nur in dem Falle berechtigt, wenn eine Bestellung seitens des Verlegers vorliegt, d. h. wenn der Verleger sich die Herstellung des Werkes als eine contractliche Leistung besonders versprechen lässt1). Dies ist bei dem ge-
1) Die Unterscheidung zwischen dem Bestellungsvertrage und dem Verlagsvertrage über ein künftiges Werk ist sowohl im Preussischen Rechte (Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1021. 1022) als auch im Oester-
VII. Der Verlagsvertrag. §. 28. Begriff und Form.
Man kann sogar darüber zweifelhaft sein, welcher der bei- den Hauptgattungen der Contracte der Verlagsvertrag beizu- zählen ist, ob derselbe zu den Realcontracten oder zu den Consensualcontracten gehört.
Für die Annahme eines Realcontractes spricht der Um- stand, dass durch den Verlagsvertrag ein dingliches Recht an dem Objecte des geistigen Eigenthumes, und zwar in der Gestalt eines Verlagsrechtes von beschränkter oder von unbeschränkte[n] Dauer auf den Verleger übertragen wird. Wenn der Vertrag daher über ein fertiges Werk abgeschlossen wird und wie dies häufig der Fall ist, der Verlagsvertrag gerade durch die Ueber- gabe der Schrift oder des Kunstwerkes abgeschlossen wird, so erhält das Geschäft die factische Gestalt eines Realvertrages und würde nach der Terminologie des Römischen Rechtes unter den Innominatcontracten nach der Formel do ut facias unter- gebracht werden können.
Allein es ist für den Begriff des Verlagsvertrages keines- weges wesentlich, dass derselbe über ein fertiges Werk abge- schlossen wird, oder dass der Contract durch die Uebergabe des Manuscriptes oder des Kunstwerkes geschlossen wird. Der Vertrag kann vielmehr gültig auch über ein künftiges Werk und in beiden Fällen ohne Uebergabe durch übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen werden. Zur Perfection des Vertrages ist also der blosse Consensus ausreichend und der Verlagsvertrag gehört unter die Kategorie der Consensual- verträge.
Man könnte geneigt sein, nach dem was im vorigen Pa- ragraphen über die Bestellung seitens des Verlegers gesagt ist, den Vertrag über ein künftiges Werk von dem gewöhnlichen Verlagsvertrage zu unterscheiden und denselben als zusammen- gesetzt anzusehen aus einem unbenannten Vertrage über die Herstellung des Werkes und aus einem Verlagsvertrage. Diese Unterscheidung ist indess nur in dem Falle berechtigt, wenn eine Bestellung seitens des Verlegers vorliegt, d. h. wenn der Verleger sich die Herstellung des Werkes als eine contractliche Leistung besonders versprechen lässt1). Dies ist bei dem ge-
1) Die Unterscheidung zwischen dem Bestellungsvertrage und dem Verlagsvertrage über ein künftiges Werk ist sowohl im Preussischen Rechte (Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1021. 1022) als auch im Oester-
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VII. Der Verlagsvertrag. §. 28. Begriff und Form.
Man kann sogar darüber zweifelhaft sein, welcher der bei-
den Hauptgattungen der Contracte der Verlagsvertrag beizu-
zählen ist, ob derselbe zu den Realcontracten oder zu den
Consensualcontracten gehört.
Für die Annahme eines Realcontractes spricht der Um-
stand, dass durch den Verlagsvertrag ein dingliches Recht an
dem Objecte des geistigen Eigenthumes, und zwar in der Gestalt
eines Verlagsrechtes von beschränkter oder von unbeschränkten
Dauer auf den Verleger übertragen wird. Wenn der Vertrag
daher über ein fertiges Werk abgeschlossen wird und wie dies
häufig der Fall ist, der Verlagsvertrag gerade durch die Ueber-
gabe der Schrift oder des Kunstwerkes abgeschlossen wird, so
erhält das Geschäft die factische Gestalt eines Realvertrages
und würde nach der Terminologie des Römischen Rechtes unter
den Innominatcontracten nach der Formel do ut facias unter-
gebracht werden können.
Allein es ist für den Begriff des Verlagsvertrages keines-
weges wesentlich, dass derselbe über ein fertiges Werk abge-
schlossen wird, oder dass der Contract durch die Uebergabe
des Manuscriptes oder des Kunstwerkes geschlossen wird. Der
Vertrag kann vielmehr gültig auch über ein künftiges Werk
und in beiden Fällen ohne Uebergabe durch übereinstimmende
Willenserklärungen geschlossen werden. Zur Perfection des
Vertrages ist also der blosse Consensus ausreichend und der
Verlagsvertrag gehört unter die Kategorie der Consensual-
verträge.
Man könnte geneigt sein, nach dem was im vorigen Pa-
ragraphen über die Bestellung seitens des Verlegers gesagt ist,
den Vertrag über ein künftiges Werk von dem gewöhnlichen
Verlagsvertrage zu unterscheiden und denselben als zusammen-
gesetzt anzusehen aus einem unbenannten Vertrage über die
Herstellung des Werkes und aus einem Verlagsvertrage. Diese
Unterscheidung ist indess nur in dem Falle berechtigt, wenn
eine Bestellung seitens des Verlegers vorliegt, d. h. wenn der
Verleger sich die Herstellung des Werkes als eine contractliche
Leistung besonders versprechen lässt 1). Dies ist bei dem ge-
1) Die Unterscheidung zwischen dem Bestellungsvertrage und dem
Verlagsvertrage über ein künftiges Werk ist sowohl im Preussischen
Rechte (Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §. 1021. 1022) als auch im Oester-
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/322>, abgerufen am 24.11.2024.
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