schiedenen Urhebern geleisteten Theile der geistigen Arbeit nicht unterschieden, oder doch nicht getrennt werden können, z. B. in den zahlreichen Lustspielen von Scribe und Genossen, in den Opern oder andern dramatisch-musikalischen Werken, in welchen der Text nur für die Musik und die Composition nur auf der Grundlage des Textes besteht; ferner in den Wand- gemälden, die nach den Cartons eines Cornelius oder Kaulbach von deren Schülern ausgeführt werden; in Erfindungen, die wie die Photographie aus der gemeinschaftlichen Arbeit Da- guerre's und Niepces oder wie die Spectralanalyse aus den ge- meinsamen Untersuchungen Bunsens und Kirchhoffs hervorge- gangen sind.
In allen diesen Fällen entsteht eine ungetheilte Gemein- schaft der verschiedenen Urheber an dem aus ihrem Zusam- menwirken hervorgegangenen Geistesproducte. Dabei besteht nur der Unterschied, dass in den Fällen der ersten Art auch die einzelnen Theile Gegenstand eines selbständigen geistigen Eigenthumes sind, in Bezug auf welches der Autor des Theiles als alleiniger Urheber in Betracht kommt. Für die Entstehung und Endigung des geistigen Eigenthumes bietet daher der Fall der Vereinigung trennbarer Geistesproducte zu einem Ganzen keine juristischen Besonderheiten. Vielmehr muss jeder ein- zelne Theil in Bezug auf die Bedingungen der Entstehung und Endigung lediglich nach der Person seines besondern Urhebers beurtheilt werden. Daher kann in einem Sammelwerke, bei einer Oper, bei einer Verbindung chemischer Prozesse, der eine Bestandtheil des Ganzen gemeinfrei, der andere dagegen Gegen- stand eines Verlagsrechtes oder eines Patentes sein. Ebenso kann das geistige Eigenthum an dem einen Bestandtheile un- abhängig von dem andern und vor dem andern erlöschen.
In dem andern Falle dagegen ist das untrennbare Product der gemeinsamen geistigen Arbeit Gegenstand eines untheilba- ren geistigen Eigenthumes. Wenn daher die Bedingungen der Entstehung dieses Rechtes in der Person nur eines Urhebers erfüllt sind, so wird dasselbe erworben und es bleibt bestehen, so lange die Bedingungen seiner Fortdauer in der Person auch nur eines Urhebers vorhanden sind. Daher bestimmt das Baye- rische Gesetz vom 28. Juni 1865 im Anschlusse an den Entwurf des Frankfurter Bundestages:
Art. 10. Bei einem Werke, das durch Beiträge mehrerer
Mehrere Urheber.
schiedenen Urhebern geleisteten Theile der geistigen Arbeit nicht unterschieden, oder doch nicht getrennt werden können, z. B. in den zahlreichen Lustspielen von Scribe und Genossen, in den Opern oder andern dramatisch-musikalischen Werken, in welchen der Text nur für die Musik und die Composition nur auf der Grundlage des Textes besteht; ferner in den Wand- gemälden, die nach den Cartons eines Cornelius oder Kaulbach von deren Schülern ausgeführt werden; in Erfindungen, die wie die Photographie aus der gemeinschaftlichen Arbeit Da- guerre’s und Niepces oder wie die Spectralanalyse aus den ge- meinsamen Untersuchungen Bunsens und Kirchhoffs hervorge- gangen sind.
In allen diesen Fällen entsteht eine ungetheilte Gemein- schaft der verschiedenen Urheber an dem aus ihrem Zusam- menwirken hervorgegangenen Geistesproducte. Dabei besteht nur der Unterschied, dass in den Fällen der ersten Art auch die einzelnen Theile Gegenstand eines selbständigen geistigen Eigenthumes sind, in Bezug auf welches der Autor des Theiles als alleiniger Urheber in Betracht kommt. Für die Entstehung und Endigung des geistigen Eigenthumes bietet daher der Fall der Vereinigung trennbarer Geistesproducte zu einem Ganzen keine juristischen Besonderheiten. Vielmehr muss jeder ein- zelne Theil in Bezug auf die Bedingungen der Entstehung und Endigung lediglich nach der Person seines besondern Urhebers beurtheilt werden. Daher kann in einem Sammelwerke, bei einer Oper, bei einer Verbindung chemischer Prozesse, der eine Bestandtheil des Ganzen gemeinfrei, der andere dagegen Gegen- stand eines Verlagsrechtes oder eines Patentes sein. Ebenso kann das geistige Eigenthum an dem einen Bestandtheile un- abhängig von dem andern und vor dem andern erlöschen.
In dem andern Falle dagegen ist das untrennbare Product der gemeinsamen geistigen Arbeit Gegenstand eines untheilba- ren geistigen Eigenthumes. Wenn daher die Bedingungen der Entstehung dieses Rechtes in der Person nur eines Urhebers erfüllt sind, so wird dasselbe erworben und es bleibt bestehen, so lange die Bedingungen seiner Fortdauer in der Person auch nur eines Urhebers vorhanden sind. Daher bestimmt das Baye- rische Gesetz vom 28. Juni 1865 im Anschlusse an den Entwurf des Frankfurter Bundestages:
Art. 10. Bei einem Werke, das durch Beiträge mehrerer
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Mehrere Urheber.
schiedenen Urhebern geleisteten Theile der geistigen Arbeit
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z. B. in den zahlreichen Lustspielen von Scribe und Genossen,
in den Opern oder andern dramatisch-musikalischen Werken,
in welchen der Text nur für die Musik und die Composition
nur auf der Grundlage des Textes besteht; ferner in den Wand-
gemälden, die nach den Cartons eines Cornelius oder Kaulbach
von deren Schülern ausgeführt werden; in Erfindungen, die
wie die Photographie aus der gemeinschaftlichen Arbeit Da-
guerre’s und Niepces oder wie die Spectralanalyse aus den ge-
meinsamen Untersuchungen Bunsens und Kirchhoffs hervorge-
gangen sind.
In allen diesen Fällen entsteht eine ungetheilte Gemein-
schaft der verschiedenen Urheber an dem aus ihrem Zusam-
menwirken hervorgegangenen Geistesproducte. Dabei besteht
nur der Unterschied, dass in den Fällen der ersten Art auch
die einzelnen Theile Gegenstand eines selbständigen geistigen
Eigenthumes sind, in Bezug auf welches der Autor des Theiles
als alleiniger Urheber in Betracht kommt. Für die Entstehung
und Endigung des geistigen Eigenthumes bietet daher der Fall
der Vereinigung trennbarer Geistesproducte zu einem Ganzen
keine juristischen Besonderheiten. Vielmehr muss jeder ein-
zelne Theil in Bezug auf die Bedingungen der Entstehung und
Endigung lediglich nach der Person seines besondern Urhebers
beurtheilt werden. Daher kann in einem Sammelwerke, bei
einer Oper, bei einer Verbindung chemischer Prozesse, der eine
Bestandtheil des Ganzen gemeinfrei, der andere dagegen Gegen-
stand eines Verlagsrechtes oder eines Patentes sein. Ebenso
kann das geistige Eigenthum an dem einen Bestandtheile un-
abhängig von dem andern und vor dem andern erlöschen.
In dem andern Falle dagegen ist das untrennbare Product
der gemeinsamen geistigen Arbeit Gegenstand eines untheilba-
ren geistigen Eigenthumes. Wenn daher die Bedingungen der
Entstehung dieses Rechtes in der Person nur eines Urhebers
erfüllt sind, so wird dasselbe erworben und es bleibt bestehen,
so lange die Bedingungen seiner Fortdauer in der Person auch
nur eines Urhebers vorhanden sind. Daher bestimmt das Baye-
rische Gesetz vom 28. Juni 1865 im Anschlusse an den Entwurf
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/251>, abgerufen am 16.07.2024.
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