schliessen, dass die Photographie als Kunstverfahren anerkannt sei (Prot. S. 280, 286.).
Ist hienach ein Unterschied zwischen Photographien und Pro- dukten ähnlicher Darstellungsweisen auf der einen und den Werken des althergebrachten Kunstverfahrens, z. B. den Kupferstichen, ge- setzlich nicht anerkannt, so ergibt sich von selbst, dass
1) photographische Aufnahmen nach der Natur auf Grund und nach Massgabe des Art. 26 geschützt werden, ohne dass es darauf ankommen würde: ob der abgebildete Gegenstand beweglich oder unbeweglich ist; ob der Aufnahme eine Aenderung und Gruppirung desselben durch den Photographen vorausgegangen ist, oder nicht; ob dem znnächst durch Naturkräfte geschaffenen Bilde durch künstlerische Hand nachgeholfen ist, wie bei den re- touchirten und farbigen Photographien, oder nicht; und überhaupt, ob sich in dem Werke in Conception oder Durchführung eine in- dividuell-geistige Hervorbringung erkennen lässt, bezw. ob demsel- ben Kunstwerth zukömmt, oder nicht; dass
2) photographische Aufnahmen nach Werken der Kunst unter den Voraussetzungen und nach Massgabe des Art. 27 zu schützen sind -- auch hier ohne Rücksicht auf die unter Z. 1 angedeuteten Unterschiede, namentlich auch darauf, ob das photo- graphirte Objekt den plastischen oder graphischen Kunstwerken angehört und im letzteren Falle, ob es farblos oder bemalt ist -- dass eine durch photographische Aufnahme einer Photographie ge- wonnene photographische Kopie keinen Schutz ansprechen kann, ergibt sich aus Art. 27 von selbst, und hat seinen Grund nicht darin, dass eine solche Photographie nicht als ein Werk der Kunst betrachtet werden könnte (Prot. S. 51), sondern darin, dass hier die Thätigkeit des Photographen lediglich als Wiedergeben eines schon vorhandenen Kunstwerkes erscheint (vgl. Prot. S. 51 unten und oben S. 284 f.); dass
3) die Beschränkung des Schutzes auf die als Werke der Kunst erscheinenden Photographien lediglich die Ausschliessung der Industrieerzeugnisse, bezw. der unter Art. 36 fallenden, übri- gens selbständig geschützten photographischen Abbildungen beab- sichtigt (vgl. auch Prot. S. 45, 46, 244, 252, 254); dass endlich
4) der Photograph nicht bloss gegen photographische Abbildung seiner Photographie, sondern auch gegen anderweite Nachbildung derselben, z. B. durch Lithographie, Stahlstich, geschützt ist -- natürlich, so weit nicht Art. 30
V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
schliessen, dass die Photographie als Kunstverfahren anerkannt sei (Prot. S. 280, 286.).
Ist hienach ein Unterschied zwischen Photographien und Pro- dukten ähnlicher Darstellungsweisen auf der einen und den Werken des althergebrachten Kunstverfahrens, z. B. den Kupferstichen, ge- setzlich nicht anerkannt, so ergibt sich von selbst, dass
1) photographische Aufnahmen nach der Natur auf Grund und nach Massgabe des Art. 26 geschützt werden, ohne dass es darauf ankommen würde: ob der abgebildete Gegenstand beweglich oder unbeweglich ist; ob der Aufnahme eine Aenderung und Gruppirung desselben durch den Photographen vorausgegangen ist, oder nicht; ob dem znnächst durch Naturkräfte geschaffenen Bilde durch künstlerische Hand nachgeholfen ist, wie bei den re- touchirten und farbigen Photographien, oder nicht; und überhaupt, ob sich in dem Werke in Conception oder Durchführung eine in- dividuell-geistige Hervorbringung erkennen lässt, bezw. ob demsel- ben Kunstwerth zukömmt, oder nicht; dass
2) photographische Aufnahmen nach Werken der Kunst unter den Voraussetzungen und nach Massgabe des Art. 27 zu schützen sind — auch hier ohne Rücksicht auf die unter Z. 1 angedeuteten Unterschiede, namentlich auch darauf, ob das photo- graphirte Objekt den plastischen oder graphischen Kunstwerken angehört und im letzteren Falle, ob es farblos oder bemalt ist — dass eine durch photographische Aufnahme einer Photographie ge- wonnene photographische Kopie keinen Schutz ansprechen kann, ergibt sich aus Art. 27 von selbst, und hat seinen Grund nicht darin, dass eine solche Photographie nicht als ein Werk der Kunst betrachtet werden könnte (Prot. S. 51), sondern darin, dass hier die Thätigkeit des Photographen lediglich als Wiedergeben eines schon vorhandenen Kunstwerkes erscheint (vgl. Prot. S. 51 unten und oben S. 284 f.); dass
3) die Beschränkung des Schutzes auf die als Werke der Kunst erscheinenden Photographien lediglich die Ausschliessung der Industrieerzeugnisse, bezw. der unter Art. 36 fallenden, übri- gens selbständig geschützten photographischen Abbildungen beab- sichtigt (vgl. auch Prot. S. 45, 46, 244, 252, 254); dass endlich
4) der Photograph nicht bloss gegen photographische Abbildung seiner Photographie, sondern auch gegen anderweite Nachbildung derselben, z. B. durch Lithographie, Stahlstich, geschützt ist — natürlich, so weit nicht Art. 30
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[194/0210]
V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
schliessen, dass die Photographie als Kunstverfahren anerkannt sei
(Prot. S. 280, 286.).
Ist hienach ein Unterschied zwischen Photographien und Pro-
dukten ähnlicher Darstellungsweisen auf der einen und den Werken
des althergebrachten Kunstverfahrens, z. B. den Kupferstichen, ge-
setzlich nicht anerkannt, so ergibt sich von selbst, dass
1) photographische Aufnahmen nach der Natur auf
Grund und nach Massgabe des Art. 26 geschützt werden, ohne
dass es darauf ankommen würde: ob der abgebildete Gegenstand
beweglich oder unbeweglich ist; ob der Aufnahme eine Aenderung
und Gruppirung desselben durch den Photographen vorausgegangen
ist, oder nicht; ob dem znnächst durch Naturkräfte geschaffenen
Bilde durch künstlerische Hand nachgeholfen ist, wie bei den re-
touchirten und farbigen Photographien, oder nicht; und überhaupt,
ob sich in dem Werke in Conception oder Durchführung eine in-
dividuell-geistige Hervorbringung erkennen lässt, bezw. ob demsel-
ben Kunstwerth zukömmt, oder nicht; dass
2) photographische Aufnahmen nach Werken der
Kunst unter den Voraussetzungen und nach Massgabe des Art. 27
zu schützen sind — auch hier ohne Rücksicht auf die unter Z. 1
angedeuteten Unterschiede, namentlich auch darauf, ob das photo-
graphirte Objekt den plastischen oder graphischen Kunstwerken
angehört und im letzteren Falle, ob es farblos oder bemalt ist —
dass eine durch photographische Aufnahme einer Photographie ge-
wonnene photographische Kopie keinen Schutz ansprechen kann,
ergibt sich aus Art. 27 von selbst, und hat seinen Grund nicht
darin, dass eine solche Photographie nicht als ein Werk der Kunst
betrachtet werden könnte (Prot. S. 51), sondern darin, dass hier
die Thätigkeit des Photographen lediglich als Wiedergeben eines
schon vorhandenen Kunstwerkes erscheint (vgl. Prot. S. 51 unten
und oben S. 284 f.); dass
3) die Beschränkung des Schutzes auf die als Werke der
Kunst erscheinenden Photographien lediglich die Ausschliessung
der Industrieerzeugnisse, bezw. der unter Art. 36 fallenden, übri-
gens selbständig geschützten photographischen Abbildungen beab-
sichtigt (vgl. auch Prot. S. 45, 46, 244, 252, 254); dass endlich
4) der Photograph nicht bloss gegen photographische
Abbildung seiner Photographie, sondern auch gegen
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/210>, abgerufen am 22.11.2024.
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