leitete Vervielfältigung verstehen will. Das richtige Verständ- niss des §. 29 besteht also darin, dass das Urheberrecht des rechtmässigen Nachbildners als ein selbständiges Recht mit eigenem Gegenstande aufgefasst wird und dass die Bedingung der rechtmässigen Anfertigung nach ihrem einfachen Wortver- ständnisse dahin verstanden wird, dass die Nachbildung ohne Verletzung eines an dem Originale bestehenden Vervielfälti- gungsrechtes angefertigt sein muss.
Gleichwohl ist die von dem Obertribunal angenommene Auffassung des Begriffs der rechtmässigen Nachbildung sehr verbreitet und Goltdammer stellt in der angeführten Bearbei- tung des erwähnten Rechtsfalles in weiterer Ausführung dieser Ansicht in den am Schlusse formulirten Grundsätzen (S. 36) folgende Sätze auf:
XII. "Der Schutz, den das Originalwerk durch die An- meldung erlangt hat, begreift alle unter diesem Schutze ge- fertigten Abbildungen, also die von dem Autor oder seinen Rechtsnachfolgern gestatteten und die unter dem förmli- chen Erwerbe des Verlagsrechtes gefertigten.
XIII. Mit dem Ablauf der Schutzfrist des Originales hört auch der Schutz aller von dem Autor oder seinen Rechtsnach- folgern oder auch nur unter deren Genehmigung während dieser Schutzfrist gefertigten Abbildungen auf. Sie werden mit dem Original selbst Gemeingut. Nur die sodann erst mit dem vom Gesetze anerkannten selbständi- gen Titel gefertigten Abbildungen geniessen den ihnen im §. 29 des Gesetzes verliehenen Schutz.
XIV. Der §. 29 des Gesetzes hat also allein diejenigen Abbildungen vor Augen, welche, weil nicht mehr unter dem Schutze des Verlagsrechtes des Originalwerkes stehend, auf einen durch selbständige, wenn auch lediglich nachbildende künstlerische Thätigkeit erworbenen Schutz Anspruch haben."
Jeder dieser drei Sätze beruht auf der irrigen Voraus- setzung, dass das artistische Eigenthum des Nachbildners keinen selbständigen Gegenstand habe, dass dasselbe folglich von dem geistigen Eigenthume des Originalkünstlers absorbirt werde und erst zu einer selbständigen Existenz kommen könne, wenn das Originalkunstwerk, z. B. das in Kupfer gestochene Gemälde, aufgehört habe, Gegenstand eines geistigen Eigenthumes zu sein. Die angeführten drei Sätze stehen aber auch mit dem Inhalte
V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
leitete Vervielfältigung verstehen will. Das richtige Verständ- niss des §. 29 besteht also darin, dass das Urheberrecht des rechtmässigen Nachbildners als ein selbständiges Recht mit eigenem Gegenstande aufgefasst wird und dass die Bedingung der rechtmässigen Anfertigung nach ihrem einfachen Wortver- ständnisse dahin verstanden wird, dass die Nachbildung ohne Verletzung eines an dem Originale bestehenden Vervielfälti- gungsrechtes angefertigt sein muss.
Gleichwohl ist die von dem Obertribunal angenommene Auffassung des Begriffs der rechtmässigen Nachbildung sehr verbreitet und Goltdammer stellt in der angeführten Bearbei- tung des erwähnten Rechtsfalles in weiterer Ausführung dieser Ansicht in den am Schlusse formulirten Grundsätzen (S. 36) folgende Sätze auf:
XII. »Der Schutz, den das Originalwerk durch die An- meldung erlangt hat, begreift alle unter diesem Schutze ge- fertigten Abbildungen, also die von dem Autor oder seinen Rechtsnachfolgern gestatteten und die unter dem förmli- chen Erwerbe des Verlagsrechtes gefertigten.
XIII. Mit dem Ablauf der Schutzfrist des Originales hört auch der Schutz aller von dem Autor oder seinen Rechtsnach- folgern oder auch nur unter deren Genehmigung während dieser Schutzfrist gefertigten Abbildungen auf. Sie werden mit dem Original selbst Gemeingut. Nur die sodann erst mit dem vom Gesetze anerkannten selbständi- gen Titel gefertigten Abbildungen geniessen den ihnen im §. 29 des Gesetzes verliehenen Schutz.
XIV. Der §. 29 des Gesetzes hat also allein diejenigen Abbildungen vor Augen, welche, weil nicht mehr unter dem Schutze des Verlagsrechtes des Originalwerkes stehend, auf einen durch selbständige, wenn auch lediglich nachbildende künstlerische Thätigkeit erworbenen Schutz Anspruch haben.«
Jeder dieser drei Sätze beruht auf der irrigen Voraus- setzung, dass das artistische Eigenthum des Nachbildners keinen selbständigen Gegenstand habe, dass dasselbe folglich von dem geistigen Eigenthume des Originalkünstlers absorbirt werde und erst zu einer selbständigen Existenz kommen könne, wenn das Originalkunstwerk, z. B. das in Kupfer gestochene Gemälde, aufgehört habe, Gegenstand eines geistigen Eigenthumes zu sein. Die angeführten drei Sätze stehen aber auch mit dem Inhalte
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V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
leitete Vervielfältigung verstehen will. Das richtige Verständ-
niss des §. 29 besteht also darin, dass das Urheberrecht des
rechtmässigen Nachbildners als ein selbständiges Recht mit
eigenem Gegenstande aufgefasst wird und dass die Bedingung
der rechtmässigen Anfertigung nach ihrem einfachen Wortver-
ständnisse dahin verstanden wird, dass die Nachbildung ohne
Verletzung eines an dem Originale bestehenden Vervielfälti-
gungsrechtes angefertigt sein muss.
Gleichwohl ist die von dem Obertribunal angenommene
Auffassung des Begriffs der rechtmässigen Nachbildung sehr
verbreitet und Goltdammer stellt in der angeführten Bearbei-
tung des erwähnten Rechtsfalles in weiterer Ausführung dieser
Ansicht in den am Schlusse formulirten Grundsätzen (S. 36)
folgende Sätze auf:
XII. »Der Schutz, den das Originalwerk durch die An-
meldung erlangt hat, begreift alle unter diesem Schutze ge-
fertigten Abbildungen, also die von dem Autor oder seinen
Rechtsnachfolgern gestatteten und die unter dem förmli-
chen Erwerbe des Verlagsrechtes gefertigten.
XIII. Mit dem Ablauf der Schutzfrist des Originales hört
auch der Schutz aller von dem Autor oder seinen Rechtsnach-
folgern oder auch nur unter deren Genehmigung
während dieser Schutzfrist gefertigten Abbildungen auf. Sie
werden mit dem Original selbst Gemeingut. Nur die sodann
erst mit dem vom Gesetze anerkannten selbständi-
gen Titel gefertigten Abbildungen geniessen den
ihnen im §. 29 des Gesetzes verliehenen Schutz.
XIV. Der §. 29 des Gesetzes hat also allein diejenigen
Abbildungen vor Augen, welche, weil nicht mehr unter dem
Schutze des Verlagsrechtes des Originalwerkes stehend, auf
einen durch selbständige, wenn auch lediglich nachbildende
künstlerische Thätigkeit erworbenen Schutz Anspruch haben.«
Jeder dieser drei Sätze beruht auf der irrigen Voraus-
setzung, dass das artistische Eigenthum des Nachbildners keinen
selbständigen Gegenstand habe, dass dasselbe folglich von dem
geistigen Eigenthume des Originalkünstlers absorbirt werde und
erst zu einer selbständigen Existenz kommen könne, wenn das
Originalkunstwerk, z. B. das in Kupfer gestochene Gemälde,
aufgehört habe, Gegenstand eines geistigen Eigenthumes zu sein.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/202>, abgerufen am 16.02.2025.
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