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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
stische Eigenthum des Kupferstechers die Reproduction des Ge-
mäldes nur insofern aus, als diese Reproduction eine Verviel-
fältigung seines Kupferstiches enthält, während Niemand ge-
hindert ist, das Gemälde in Kupfer zu stechen und den neuen
Kupferstich zu vervielfältigen 1).

Ist das artistische Eigenthum an dem Gemälde an den
Kupferstecher übertragen, so umfasst sein Recht beide Gegen-
stände des geistigen Eigenthumes und schliesst jeden Dritten
sowohl von der selbständigen Reproduction des Gemäldes als
von der Vervielfältigung des Kupferstiches aus.

Ist das geistige Eigenthum an dem Gemälde endlich dem
Urheber oder dessen Rechtsnachfolger verblieben und dem
Kupferstecher nur die Reproduction durch den von ihm ange-
fertigten Kupferstich gestattet worden, so schliesst nicht das
Recht des Kupferstechers, sondern nur dasjenige des Malers
oder seines Rechtsnachfolgers dritte Personen von einer neuen
Reproduction des Gemäldes aus und mit der Bewilligung des
Erstern können neue Kupferstiche (nicht aber Nachbildungen des
älteren Kupferstiches) von dem Gemälde angefertigt werden, ohne
dass der Verfertiger des früheren Stiches dem widersprechen kann.

Das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hat die beiden
Arten von Gegenständen des artistischen Eigenthumes sehr
scharf unterschieden, indem es in den §§. 21 und 22 die Ori-
ginalkunstwerke und deren Vervielfältigung, im §. 29 dagegen
die Abbildungen von Kunstwerken "durch ein anderes Kunst-
verfahren als bei dem Originale angewendet," d. h. durch ein
reproduzirendes Kunstverfahren und deren mechanische Verviel-
fältigung aufführt und für beide Gegenstände selbständige und
von einander abweichende Normen des Rechtsschutzes aufstellt 2).

1) "Der Kellersche Kupferstich von Rafaels Disputa z. B. geniesst
des Schutzes, ungeachtet das Originalgemälde sich an der Wand des
Vatican befindet, ebenso wie der Kupferstich nach dem Gemälde des
hiesigen Malers Richter: Jairi Töchterlein geschützt ist, unabhängig
davon, ob Richter sein Gemälde zum Schutze angemeldet hat oder
nicht. Wäre es nicht angemeldet, so würde daraus nur folgen, dass
ohne Erlaubniss des Künstlers noch andere Publicationen nach dem
Gemälde selbst, nicht aber nach dem vorhandenen Kupferstich gemacht
werden könnten." Gutachten des artistischen Sachverständigen-Vereines
vom 25. Juni 1863. Goltdammers Archiv Bd. 12 S. 190.
2) §. 21. Die Vervielfältigung von Zeichnungen oder Gemälden

V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke.
stische Eigenthum des Kupferstechers die Reproduction des Ge-
mäldes nur insofern aus, als diese Reproduction eine Verviel-
fältigung seines Kupferstiches enthält, während Niemand ge-
hindert ist, das Gemälde in Kupfer zu stechen und den neuen
Kupferstich zu vervielfältigen 1).

Ist das artistische Eigenthum an dem Gemälde an den
Kupferstecher übertragen, so umfasst sein Recht beide Gegen-
stände des geistigen Eigenthumes und schliesst jeden Dritten
sowohl von der selbständigen Reproduction des Gemäldes als
von der Vervielfältigung des Kupferstiches aus.

Ist das geistige Eigenthum an dem Gemälde endlich dem
Urheber oder dessen Rechtsnachfolger verblieben und dem
Kupferstecher nur die Reproduction durch den von ihm ange-
fertigten Kupferstich gestattet worden, so schliesst nicht das
Recht des Kupferstechers, sondern nur dasjenige des Malers
oder seines Rechtsnachfolgers dritte Personen von einer neuen
Reproduction des Gemäldes aus und mit der Bewilligung des
Erstern können neue Kupferstiche (nicht aber Nachbildungen des
älteren Kupferstiches) von dem Gemälde angefertigt werden, ohne
dass der Verfertiger des früheren Stiches dem widersprechen kann.

Das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hat die beiden
Arten von Gegenständen des artistischen Eigenthumes sehr
scharf unterschieden, indem es in den §§. 21 und 22 die Ori-
ginalkunstwerke und deren Vervielfältigung, im §. 29 dagegen
die Abbildungen von Kunstwerken »durch ein anderes Kunst-
verfahren als bei dem Originale angewendet,« d. h. durch ein
reproduzirendes Kunstverfahren und deren mechanische Verviel-
fältigung aufführt und für beide Gegenstände selbständige und
von einander abweichende Normen des Rechtsschutzes aufstellt 2).

1) »Der Kellersche Kupferstich von Rafaels Disputa z. B. geniesst
des Schutzes, ungeachtet das Originalgemälde sich an der Wand des
Vatican befindet, ebenso wie der Kupferstich nach dem Gemälde des
hiesigen Malers Richter: Jairi Töchterlein geschützt ist, unabhängig
davon, ob Richter sein Gemälde zum Schutze angemeldet hat oder
nicht. Wäre es nicht angemeldet, so würde daraus nur folgen, dass
ohne Erlaubniss des Künstlers noch andere Publicationen nach dem
Gemälde selbst, nicht aber nach dem vorhandenen Kupferstich gemacht
werden könnten.« Gutachten des artistischen Sachverständigen-Vereines
vom 25. Juni 1863. Goltdammers Archiv Bd. 12 S. 190.
2) §. 21. Die Vervielfältigung von Zeichnungen oder Gemälden
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[180/0196] V. Gegenstände. §. 18. Kunstwerke. stische Eigenthum des Kupferstechers die Reproduction des Ge- mäldes nur insofern aus, als diese Reproduction eine Verviel- fältigung seines Kupferstiches enthält, während Niemand ge- hindert ist, das Gemälde in Kupfer zu stechen und den neuen Kupferstich zu vervielfältigen 1). Ist das artistische Eigenthum an dem Gemälde an den Kupferstecher übertragen, so umfasst sein Recht beide Gegen- stände des geistigen Eigenthumes und schliesst jeden Dritten sowohl von der selbständigen Reproduction des Gemäldes als von der Vervielfältigung des Kupferstiches aus. Ist das geistige Eigenthum an dem Gemälde endlich dem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger verblieben und dem Kupferstecher nur die Reproduction durch den von ihm ange- fertigten Kupferstich gestattet worden, so schliesst nicht das Recht des Kupferstechers, sondern nur dasjenige des Malers oder seines Rechtsnachfolgers dritte Personen von einer neuen Reproduction des Gemäldes aus und mit der Bewilligung des Erstern können neue Kupferstiche (nicht aber Nachbildungen des älteren Kupferstiches) von dem Gemälde angefertigt werden, ohne dass der Verfertiger des früheren Stiches dem widersprechen kann. Das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hat die beiden Arten von Gegenständen des artistischen Eigenthumes sehr scharf unterschieden, indem es in den §§. 21 und 22 die Ori- ginalkunstwerke und deren Vervielfältigung, im §. 29 dagegen die Abbildungen von Kunstwerken »durch ein anderes Kunst- verfahren als bei dem Originale angewendet,« d. h. durch ein reproduzirendes Kunstverfahren und deren mechanische Verviel- fältigung aufführt und für beide Gegenstände selbständige und von einander abweichende Normen des Rechtsschutzes aufstellt 2). 1) »Der Kellersche Kupferstich von Rafaels Disputa z. B. geniesst des Schutzes, ungeachtet das Originalgemälde sich an der Wand des Vatican befindet, ebenso wie der Kupferstich nach dem Gemälde des hiesigen Malers Richter: Jairi Töchterlein geschützt ist, unabhängig davon, ob Richter sein Gemälde zum Schutze angemeldet hat oder nicht. Wäre es nicht angemeldet, so würde daraus nur folgen, dass ohne Erlaubniss des Künstlers noch andere Publicationen nach dem Gemälde selbst, nicht aber nach dem vorhandenen Kupferstich gemacht werden könnten.« Gutachten des artistischen Sachverständigen-Vereines vom 25. Juni 1863. Goltdammers Archiv Bd. 12 S. 190. 2) §. 21. Die Vervielfältigung von Zeichnungen oder Gemälden

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/196>, abgerufen am 21.11.2024.