einer in Oesterreich erschienenen und verurtheilten politischen Schrift, deren Nachdruck auch in Preussen nicht verhindern können, obgleich dort der Verbreitung des Buches keinerlei ge- setzliches Verbot entgegen stände.
Die aufgestellte Regel ist auch wenigstens nach der Preus- sischen Pressgesetzgebung nicht für begründet zu erachten. Allerdings würde ein ausschliessliches Recht der Vervielfältigung, also auch ein geistiges Eigenthum, nicht an einem Objecte be- stehen können, dessen Vervielfältigung verboten ist. Allein das Pressgesetz vom 12. Mai 1851 erklärt im §. 32 nur die Ver- öffentlichung eines gesetzwidrigen Presserzeugnisses für strafbar und schreibt in den §§. 29 und 50 die Beschlagnahme und beziehungsweise die Vernichtung solcher Presserzeugnisse nur insofern vor, als dieselben zur Veröffentlichung gelangt, d. h. nach §. 33 a. a. O. verkauft, versendet, verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausgestellt oder angeschlagen sind. Die blosse Vervielfältigung der Druck- schrift macht nicht den Thatbestand einer strafbaren Handlung aus, sie wird also durch den gesetzwidrigen Inhalt der Schrift nicht rechtlich unzulässig. Der Verfasser und der Verleger einer solchen Schrift behalten also die rechtliche Möglichkeit der Vervielfältigung und da dieselben auch nach dem Obigen ein rechtliches Interesse an der ausschliesslichen Vervielfältigung haben, so besteht das geistige Eigenthum trotz des Verbotes. Die Benutzung und Verfolgung des geistigen Eigenthumes wird allerdings durch das Verbot der Druckschrift wesentlich ein- geschränkt und diese Einschränkung kann sich bis zur that- sächlichen Aufhebung steigern, wenn die Druckschrift nicht etwa bloss von den Pressgesetzen eines einzelnen Staates oder von dem Verbote einer bestimmten Regierung betroffen wird, sondern den guten Sitten überhaupt zuwider läuft, so dass ihre Verbreitung zu jeder Zeit und an jedem Orte unstatt- haft ist.
Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass alle die ein- schränkenden Kriterien, welche für den geistigen Inhalt der Objecte des Schrifteigenthumes von verschiedenen Seiten auf- gestellt sind, als unhaltbar und unbegründet verworfen werden müssen. Dasselbe gilt von der unfruchtbaren Casuistik, welche sich in Bezug auf die verschiedenen Arten der Schriften in den meisten Lehrbüchern vorgetragen findet, und deren zum
V. Gegenstände. §. 16. Schriften.
einer in Oesterreich erschienenen und verurtheilten politischen Schrift, deren Nachdruck auch in Preussen nicht verhindern können, obgleich dort der Verbreitung des Buches keinerlei ge- setzliches Verbot entgegen stände.
Die aufgestellte Regel ist auch wenigstens nach der Preus- sischen Pressgesetzgebung nicht für begründet zu erachten. Allerdings würde ein ausschliessliches Recht der Vervielfältigung, also auch ein geistiges Eigenthum, nicht an einem Objecte be- stehen können, dessen Vervielfältigung verboten ist. Allein das Pressgesetz vom 12. Mai 1851 erklärt im §. 32 nur die Ver- öffentlichung eines gesetzwidrigen Presserzeugnisses für strafbar und schreibt in den §§. 29 und 50 die Beschlagnahme und beziehungsweise die Vernichtung solcher Presserzeugnisse nur insofern vor, als dieselben zur Veröffentlichung gelangt, d. h. nach §. 33 a. a. O. verkauft, versendet, verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausgestellt oder angeschlagen sind. Die blosse Vervielfältigung der Druck- schrift macht nicht den Thatbestand einer strafbaren Handlung aus, sie wird also durch den gesetzwidrigen Inhalt der Schrift nicht rechtlich unzulässig. Der Verfasser und der Verleger einer solchen Schrift behalten also die rechtliche Möglichkeit der Vervielfältigung und da dieselben auch nach dem Obigen ein rechtliches Interesse an der ausschliesslichen Vervielfältigung haben, so besteht das geistige Eigenthum trotz des Verbotes. Die Benutzung und Verfolgung des geistigen Eigenthumes wird allerdings durch das Verbot der Druckschrift wesentlich ein- geschränkt und diese Einschränkung kann sich bis zur that- sächlichen Aufhebung steigern, wenn die Druckschrift nicht etwa bloss von den Pressgesetzen eines einzelnen Staates oder von dem Verbote einer bestimmten Regierung betroffen wird, sondern den guten Sitten überhaupt zuwider läuft, so dass ihre Verbreitung zu jeder Zeit und an jedem Orte unstatt- haft ist.
Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass alle die ein- schränkenden Kriterien, welche für den geistigen Inhalt der Objecte des Schrifteigenthumes von verschiedenen Seiten auf- gestellt sind, als unhaltbar und unbegründet verworfen werden müssen. Dasselbe gilt von der unfruchtbaren Casuistik, welche sich in Bezug auf die verschiedenen Arten der Schriften in den meisten Lehrbüchern vorgetragen findet, und deren zum
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V. Gegenstände. §. 16. Schriften.
einer in Oesterreich erschienenen und verurtheilten politischen
Schrift, deren Nachdruck auch in Preussen nicht verhindern
können, obgleich dort der Verbreitung des Buches keinerlei ge-
setzliches Verbot entgegen stände.
Die aufgestellte Regel ist auch wenigstens nach der Preus-
sischen Pressgesetzgebung nicht für begründet zu erachten.
Allerdings würde ein ausschliessliches Recht der Vervielfältigung,
also auch ein geistiges Eigenthum, nicht an einem Objecte be-
stehen können, dessen Vervielfältigung verboten ist. Allein das
Pressgesetz vom 12. Mai 1851 erklärt im §. 32 nur die Ver-
öffentlichung eines gesetzwidrigen Presserzeugnisses für
strafbar und schreibt in den §§. 29 und 50 die Beschlagnahme
und beziehungsweise die Vernichtung solcher Presserzeugnisse
nur insofern vor, als dieselben zur Veröffentlichung gelangt,
d. h. nach §. 33 a. a. O. verkauft, versendet, verbreitet, oder
an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausgestellt
oder angeschlagen sind. Die blosse Vervielfältigung der Druck-
schrift macht nicht den Thatbestand einer strafbaren Handlung
aus, sie wird also durch den gesetzwidrigen Inhalt der Schrift
nicht rechtlich unzulässig. Der Verfasser und der Verleger
einer solchen Schrift behalten also die rechtliche Möglichkeit der
Vervielfältigung und da dieselben auch nach dem Obigen ein
rechtliches Interesse an der ausschliesslichen Vervielfältigung
haben, so besteht das geistige Eigenthum trotz des Verbotes.
Die Benutzung und Verfolgung des geistigen Eigenthumes wird
allerdings durch das Verbot der Druckschrift wesentlich ein-
geschränkt und diese Einschränkung kann sich bis zur that-
sächlichen Aufhebung steigern, wenn die Druckschrift nicht
etwa bloss von den Pressgesetzen eines einzelnen Staates oder
von dem Verbote einer bestimmten Regierung betroffen wird,
sondern den guten Sitten überhaupt zuwider läuft, so dass
ihre Verbreitung zu jeder Zeit und an jedem Orte unstatt-
haft ist.
Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass alle die ein-
schränkenden Kriterien, welche für den geistigen Inhalt der
Objecte des Schrifteigenthumes von verschiedenen Seiten auf-
gestellt sind, als unhaltbar und unbegründet verworfen werden
müssen. Dasselbe gilt von der unfruchtbaren Casuistik,
welche sich in Bezug auf die verschiedenen Arten der Schriften
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/170>, abgerufen am 21.11.2024.
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