Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Umwunden wieder, mit Palmen
Ist meine Harf' umwunden! Ich singe dem Herrn!
Hier steh ich. Rund um mich
Ist Alles Allmacht! und Wunder Alles!
Mit tiefer Ehrfurcht schau ich die Schöpfung an,
Denn Du!
Namenloser, Du!
Schufest sie!
Lüfte, die um mich wehn, und sanfte Kühlung
Auf mein glühendes Angesicht hauchen,
Euch, wunderbare Lüfte,
Sandte der Herr? der Unendliche?
Aber jetzt werden sie still, kaum athmen sie.
Die Morgensonne wird schwül!
Wolken strömen herauf!
Sichtbar ist der kommt der Ewige!
Nun schweben, und rauschen, und wirbeln die Winde!
Wie beugt sich der Wald! wie hebt sich der Strom!
Sichtbar, wie du es Sterblichen seyn kannst,
Ja! das bist du, sichtbar, Unendlicher!
Der Wald neigt sich, der Strom fliehet, und ich
Falle nicht auf mein Angesicht?
Herr! Herr! Gott! barmherzig und gnädig!
Du Naher! .... erbarme dich meiner!

Zürnest

Umwunden wieder, mit Palmen
Iſt meine Harf’ umwunden! Ich ſinge dem Herrn!
Hier ſteh ich. Rund um mich
Iſt Alles Allmacht! und Wunder Alles!
Mit tiefer Ehrfurcht ſchau ich die Schoͤpfung an,
Denn Du!
Namenloſer, Du!
Schufeſt ſie!
Luͤfte, die um mich wehn, und ſanfte Kuͤhlung
Auf mein gluͤhendes Angeſicht hauchen,
Euch, wunderbare Luͤfte,
Sandte der Herr? der Unendliche?
Aber jetzt werden ſie ſtill, kaum athmen ſie.
Die Morgenſonne wird ſchwuͤl!
Wolken ſtroͤmen herauf!
Sichtbar iſt der kommt der Ewige!
Nun ſchweben, und rauſchen, und wirbeln die Winde!
Wie beugt ſich der Wald! wie hebt ſich der Strom!
Sichtbar, wie du es Sterblichen ſeyn kannſt,
Ja! das biſt du, ſichtbar, Unendlicher!
Der Wald neigt ſich, der Strom fliehet, und ich
Falle nicht auf mein Angeſicht?
Herr! Herr! Gott! barmherzig und gnaͤdig!
Du Naher! .... erbarme dich meiner!

Zuͤrneſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0034" n="26"/>
            <lg n="45">
              <l><hi rendition="#in">U</hi>mwunden wieder, mit Palmen</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t meine Harf&#x2019; umwunden! Ich &#x017F;inge dem Herrn!</l><lb/>
              <l>Hier &#x017F;teh ich. Rund um mich</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t Alles Allmacht! und Wunder Alles!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="46">
              <l><hi rendition="#in">M</hi>it tiefer Ehrfurcht &#x017F;chau ich die Scho&#x0364;pfung an,</l><lb/>
              <l>Denn Du!</l><lb/>
              <l>Namenlo&#x017F;er, Du!</l><lb/>
              <l>Schufe&#x017F;t &#x017F;ie!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="47">
              <l><hi rendition="#in">L</hi>u&#x0364;fte, die um mich wehn, und &#x017F;anfte Ku&#x0364;hlung</l><lb/>
              <l>Auf mein glu&#x0364;hendes Ange&#x017F;icht hauchen,</l><lb/>
              <l>Euch, wunderbare Lu&#x0364;fte,</l><lb/>
              <l>Sandte der Herr? der Unendliche?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="48">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ber jetzt werden &#x017F;ie &#x017F;till, kaum athmen &#x017F;ie.</l><lb/>
              <l>Die Morgen&#x017F;onne wird &#x017F;chwu&#x0364;l!</l><lb/>
              <l>Wolken &#x017F;tro&#x0364;men herauf!</l><lb/>
              <l>Sichtbar i&#x017F;t der kommt der Ewige!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="49">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>un &#x017F;chweben, und rau&#x017F;chen, und wirbeln die Winde!</l><lb/>
              <l>Wie beugt &#x017F;ich der Wald! wie hebt &#x017F;ich der Strom!</l><lb/>
              <l>Sichtbar, wie du es Sterblichen &#x017F;eyn kann&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Ja! das bi&#x017F;t du, &#x017F;ichtbar, Unendlicher!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="50">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>er Wald neigt &#x017F;ich, der Strom fliehet, und ich</l><lb/>
              <l>Falle nicht auf mein Ange&#x017F;icht?</l><lb/>
              <l>Herr! Herr! Gott! barmherzig und gna&#x0364;dig!</l><lb/>
              <l>Du Naher! .... erbarme dich meiner!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Zu&#x0364;rne&#x017F;t</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0034] Umwunden wieder, mit Palmen Iſt meine Harf’ umwunden! Ich ſinge dem Herrn! Hier ſteh ich. Rund um mich Iſt Alles Allmacht! und Wunder Alles! Mit tiefer Ehrfurcht ſchau ich die Schoͤpfung an, Denn Du! Namenloſer, Du! Schufeſt ſie! Luͤfte, die um mich wehn, und ſanfte Kuͤhlung Auf mein gluͤhendes Angeſicht hauchen, Euch, wunderbare Luͤfte, Sandte der Herr? der Unendliche? Aber jetzt werden ſie ſtill, kaum athmen ſie. Die Morgenſonne wird ſchwuͤl! Wolken ſtroͤmen herauf! Sichtbar iſt der kommt der Ewige! Nun ſchweben, und rauſchen, und wirbeln die Winde! Wie beugt ſich der Wald! wie hebt ſich der Strom! Sichtbar, wie du es Sterblichen ſeyn kannſt, Ja! das biſt du, ſichtbar, Unendlicher! Der Wald neigt ſich, der Strom fliehet, und ich Falle nicht auf mein Angeſicht? Herr! Herr! Gott! barmherzig und gnaͤdig! Du Naher! .... erbarme dich meiner! Zuͤrneſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/34
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/34>, abgerufen am 22.12.2024.