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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

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Die künftige Geliebte.
Dir nur, liebendes Herz, euch, meine vertraulich-
sten Thränen,

Sing ich traurig allein dieß wehmüthige Lied.
Nur mein Auge soll's mit schmachtendem Feuer dur
irren,

Und, an Klagen verwöhnt, hör es mein leiseres Ohr:
Ach! warum, o Natur, warum, unzärtliche Mutter,
Gabst du zu dem Gefühl mir ein zu biegsames Herz?
Und ins biegsame Herz die unbezwingliche Liebe,
Daurend Verlangen, und ach keine Geliebte dazu?
Die du künftig mich liebst, (wenn anders zu meinen
Thränen

Einst das Schicksal erweicht eine Geliebte mir giebt!)
Die du künftig mich liebst, o du aus allen erkohren,
Sag, wo dein fliehender Fuß ohne mich einsam
itzt irrt?

Nur mit Einem verrathenden Laute, mit Einem der Töne,
Die der Frohen entfliehn, sag es, einst Glückliche,
mir!

Fühlst du, wie ich, der Liebe Gewalt, verlangst du nach
mir hin,

Ohne daß du mich kennst; o so verheele mirs nicht!
Sag es mit einem durchdringendem Ach, das meinem
Ach gleicht,

Das aus innerster Brust Klage seufzet, und stirbt.
Oft um Mitternacht wehklagt die bebende Lippe,
Daß, die ich liebe, du mir immer unsichtbar noch bist!
Oft um Mitternacht streckt sich mein zitternder Arm aus,
Und umfasset ein Bild, ach das deine vielleicht!
Wo, wo such ich dich? wo werd ich endlich dich finden?
Du, die meine Begier stark und unsterblich verlangt!
Jener
O 5
Die kuͤnftige Geliebte.
Dir nur, liebendes Herz, euch, meine vertraulich-
ſten Thraͤnen,

Sing ich traurig allein dieß wehmuͤthige Lied.
Nur mein Auge ſoll’s mit ſchmachtendem Feuer dur
irren,

Und, an Klagen verwoͤhnt, hoͤr es mein leiſeres Ohr:
Ach! warum, o Natur, warum, unzaͤrtliche Mutter,
Gabſt du zu dem Gefuͤhl mir ein zu biegſames Herz?
Und ins biegſame Herz die unbezwingliche Liebe,
Daurend Verlangen, und ach keine Geliebte dazu?
Die du kuͤnftig mich liebſt, (wenn anders zu meinen
Thraͤnen

Einſt das Schickſal erweicht eine Geliebte mir giebt!)
Die du kuͤnftig mich liebſt, o du aus allen erkohren,
Sag, wo dein fliehender Fuß ohne mich einſam
itzt irrt?

Nur mit Einem verrathenden Laute, mit Einem der Toͤne,
Die der Frohen entfliehn, ſag es, einſt Gluͤckliche,
mir!

Fuͤhlſt du, wie ich, der Liebe Gewalt, verlangſt du nach
mir hin,

Ohne daß du mich kennſt; o ſo verheele mirs nicht!
Sag es mit einem durchdringendem Ach, das meinem
Ach gleicht,

Das aus innerſter Bruſt Klage ſeufzet, und ſtirbt.
Oft um Mitternacht wehklagt die bebende Lippe,
Daß, die ich liebe, du mir immer unſichtbar noch biſt!
Oft um Mitternacht ſtreckt ſich mein zitternder Arm aus,
Und umfaſſet ein Bild, ach das deine vielleicht!
Wo, wo ſuch ich dich? wo werd ich endlich dich finden?
Du, die meine Begier ſtark und unſterblich verlangt!
Jener
O 5
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[217/0225] Die kuͤnftige Geliebte. Dir nur, liebendes Herz, euch, meine vertraulich- ſten Thraͤnen, Sing ich traurig allein dieß wehmuͤthige Lied. Nur mein Auge ſoll’s mit ſchmachtendem Feuer dur irren, Und, an Klagen verwoͤhnt, hoͤr es mein leiſeres Ohr: Ach! warum, o Natur, warum, unzaͤrtliche Mutter, Gabſt du zu dem Gefuͤhl mir ein zu biegſames Herz? Und ins biegſame Herz die unbezwingliche Liebe, Daurend Verlangen, und ach keine Geliebte dazu? Die du kuͤnftig mich liebſt, (wenn anders zu meinen Thraͤnen Einſt das Schickſal erweicht eine Geliebte mir giebt!) Die du kuͤnftig mich liebſt, o du aus allen erkohren, Sag, wo dein fliehender Fuß ohne mich einſam itzt irrt? Nur mit Einem verrathenden Laute, mit Einem der Toͤne, Die der Frohen entfliehn, ſag es, einſt Gluͤckliche, mir! Fuͤhlſt du, wie ich, der Liebe Gewalt, verlangſt du nach mir hin, Ohne daß du mich kennſt; o ſo verheele mirs nicht! Sag es mit einem durchdringendem Ach, das meinem Ach gleicht, Das aus innerſter Bruſt Klage ſeufzet, und ſtirbt. Oft um Mitternacht wehklagt die bebende Lippe, Daß, die ich liebe, du mir immer unſichtbar noch biſt! Oft um Mitternacht ſtreckt ſich mein zitternder Arm aus, Und umfaſſet ein Bild, ach das deine vielleicht! Wo, wo ſuch ich dich? wo werd ich endlich dich finden? Du, die meine Begier ſtark und unſterblich verlangt! Jener O 5

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/225>, abgerufen am 18.12.2024.