Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgegenwärtig, Vater!
Schliessest du mich ein!
Steh hier, Betrachtung, still, und forsche
Diesem Gedanken der Wonne nach.
Was wird das Anschaun seyn, wenn der Gedank[']
an dich

Allgegenwärtiger! schon Kräfte jener Welt hat!
Was wird es seyn dein Anschaun,
Unendlicher! o du Unendlicher!
Das sah kein Auge, das hörte kein Ohr,
Das kam in keines Herz, wie sehr es auch rang,
Wie es auch nach Gott, nach Gott,
Nach dem Unendlichen dürstete:
Kams doch in keines Menschen Herz,
Nicht ins Herz deß, der Sünder
Und Erd', und bald ein Todter ist,
Was Gott, denen, die ihn lieben, bereitet hat.
Wenige nur, ach! wenige sind
Deren Aug' in der Schöpfung
Den Schöpfer sieht! Wenige, deren Ohr
Ihn in dem mächtigen Rauschen des Sturm-
winds hört,
Im Donner, der rollt! oder im lispelnden Bache,
Unerschafner! dich vernimmt!
Weniger Herzen erfüllt, mit Ehrfurcht und Schauer,
Gottes Allgegenwart!

Laß

Allgegenwaͤrtig, Vater!
Schlieſſeſt du mich ein!
Steh hier, Betrachtung, ſtill, und forſche
Dieſem Gedanken der Wonne nach.
Was wird das Anſchaun ſeyn, wenn der Gedank[']
an dich

Allgegenwaͤrtiger! ſchon Kraͤfte jener Welt hat!
Was wird es ſeyn dein Anſchaun,
Unendlicher! o du Unendlicher!
Das ſah kein Auge, das hoͤrte kein Ohr,
Das kam in keines Herz, wie ſehr es auch rang,
Wie es auch nach Gott, nach Gott,
Nach dem Unendlichen duͤrſtete:
Kams doch in keines Menſchen Herz,
Nicht ins Herz deß, der Suͤnder
Und Erd’, und bald ein Todter iſt,
Was Gott, denen, die ihn lieben, bereitet hat.
Wenige nur, ach! wenige ſind
Deren Aug’ in der Schoͤpfung
Den Schoͤpfer ſieht! Wenige, deren Ohr
Ihn in dem maͤchtigen Rauſchen des Sturm-
winds hoͤrt,
Im Donner, der rollt! oder im liſpelnden Bache,
Unerſchafner! dich vernimmt!
Weniger Herzen erfuͤllt, mit Ehrfurcht und Schauer,
Gottes Allgegenwart!

Laß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0021" n="13"/>
            <lg n="47">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>llgegenwa&#x0364;rtig, Vater!</l><lb/>
              <l>Schlie&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du mich ein!</l><lb/>
              <l>Steh hier, Betrachtung, &#x017F;till, und for&#x017F;che</l><lb/>
              <l>Die&#x017F;em Gedanken der Wonne nach.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="48">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>as wird das An&#x017F;chaun &#x017F;eyn, wenn der Gedank<supplied>'</supplied><lb/><hi rendition="#et">an dich</hi></l><lb/>
              <l>Allgegenwa&#x0364;rtiger! &#x017F;chon Kra&#x0364;fte jener Welt hat!</l><lb/>
              <l>Was wird es &#x017F;eyn dein An&#x017F;chaun,</l><lb/>
              <l>Unendlicher! o du Unendlicher!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="49">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>as &#x017F;ah kein Auge, das ho&#x0364;rte kein Ohr,</l><lb/>
              <l>Das kam in keines Herz, wie &#x017F;ehr es auch rang,</l><lb/>
              <l>Wie es auch nach Gott, nach Gott,</l><lb/>
              <l>Nach dem Unendlichen du&#x0364;r&#x017F;tete:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="50">
              <l><hi rendition="#in">K</hi>ams doch in keines Men&#x017F;chen Herz,</l><lb/>
              <l>Nicht ins Herz deß, der Su&#x0364;nder</l><lb/>
              <l>Und Erd&#x2019;, und bald ein Todter i&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Was Gott, denen, die ihn lieben, bereitet hat.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="51">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>enige nur, ach! wenige &#x017F;ind</l><lb/>
              <l>Deren Aug&#x2019; in der Scho&#x0364;pfung</l><lb/>
              <l>Den Scho&#x0364;pfer &#x017F;ieht! Wenige, deren Ohr</l><lb/>
              <l>Ihn in dem ma&#x0364;chtigen Rau&#x017F;chen des Sturm-<lb/><hi rendition="#et">winds ho&#x0364;rt,</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="52">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>m Donner, der rollt! oder im li&#x017F;pelnden Bache,</l><lb/>
              <l>Uner&#x017F;chafner! dich vernimmt!</l><lb/>
              <l>Weniger Herzen erfu&#x0364;llt, mit Ehrfurcht und Schauer,</l><lb/>
              <l>Gottes Allgegenwart!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Laß</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0021] Allgegenwaͤrtig, Vater! Schlieſſeſt du mich ein! Steh hier, Betrachtung, ſtill, und forſche Dieſem Gedanken der Wonne nach. Was wird das Anſchaun ſeyn, wenn der Gedank' an dich Allgegenwaͤrtiger! ſchon Kraͤfte jener Welt hat! Was wird es ſeyn dein Anſchaun, Unendlicher! o du Unendlicher! Das ſah kein Auge, das hoͤrte kein Ohr, Das kam in keines Herz, wie ſehr es auch rang, Wie es auch nach Gott, nach Gott, Nach dem Unendlichen duͤrſtete: Kams doch in keines Menſchen Herz, Nicht ins Herz deß, der Suͤnder Und Erd’, und bald ein Todter iſt, Was Gott, denen, die ihn lieben, bereitet hat. Wenige nur, ach! wenige ſind Deren Aug’ in der Schoͤpfung Den Schoͤpfer ſieht! Wenige, deren Ohr Ihn in dem maͤchtigen Rauſchen des Sturm- winds hoͤrt, Im Donner, der rollt! oder im liſpelnden Bache, Unerſchafner! dich vernimmt! Weniger Herzen erfuͤllt, mit Ehrfurcht und Schauer, Gottes Allgegenwart! Laß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/21
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/21>, abgerufen am 24.11.2024.