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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Zweyter Gesang.

Leer von Geschöpfen, vom Zorn und Fluche der Gottheit
belastet?

Aber, ach wlder wen redest du hier im verlassenen Ab-
grund,

Lästrer! Auf, Sonnen fallt über mich her, bedeckt mich,
ihr Sterne,

Vor dem grimmigen Zorn des, der vom Throne der Rach-
Ewig als Feind und Richter mich schreckt! Du, in dei-
nen Gerichten

Ganz Unerbittlicher! ist denn in deiner Ewigkeit künftig
Nichts mehr von Hoffnungen übrig? Ach, wird denn,
göttlicher Richter,

Schöpfer, Vater, Erbarmer! - - - Ach, nun ver-
zweifl ich von neuem,

Denn ich habe Jehova gelästert! Jhn hab ich mit Namen,
Die ich ohne Versöhner nicht nennen darf, angeredet
Jch entfliehe! Schon rauschet von ihm ein allmächtiger
Donner

Durch das Unendliche furchtbar daher! Doch wohin? - - -
Jch entfliehe!

Also sagt er, und ich sahe betäubt in die Tiefe des Abgrunds.

Schaffe da Feuer, ein tödtendes Fener, das Geister
verzehre,

GOtt, Verderber der Wesen, die du ohn ihr Wollen er-
schufest!

Rief er im Hinabsehn, doch da wurde kein tödtendes
Feuer.

Darum wandt er sich um, und floh in die Welten zu-
rücke.

Jtzo stand er ermüdet auf einer erhabenen Sonne,
Schaute
F 5

Zweyter Geſang.

Leer von Geſchoͤpfen, vom Zorn und Fluche der Gottheit
belaſtet?

Aber, ach wlder wen redeſt du hier im verlaſſenen Ab-
grund,

Laͤſtrer! Auf, Sonnen fallt uͤber mich her, bedeckt mich,
ihr Sterne,

Vor dem grimmigen Zorn des, der vom Throne der Rach-
Ewig als Feind und Richter mich ſchreckt! Du, in dei-
nen Gerichten

Ganz Unerbittlicher! iſt denn in deiner Ewigkeit kuͤnftig
Nichts mehr von Hoffnungen uͤbrig? Ach, wird denn,
goͤttlicher Richter,

Schoͤpfer, Vater, Erbarmer! - - - Ach, nun ver-
zweifl ich von neuem,

Denn ich habe Jehova gelaͤſtert! Jhn hab ich mit Namen,
Die ich ohne Verſoͤhner nicht nennen darf, angeredet
Jch entfliehe! Schon rauſchet von ihm ein allmaͤchtiger
Donner

Durch das Unendliche furchtbar daher! Doch wohin? - - -
Jch entfliehe!

Alſo ſagt er, und ich ſahe betaͤubt in die Tiefe des Abgrunds.

Schaffe da Feuer, ein toͤdtendes Fener, das Geiſter
verzehre,

GOtt, Verderber der Weſen, die du ohn ihr Wollen er-
ſchufeſt!

Rief er im Hinabſehn, doch da wurde kein toͤdtendes
Feuer.

Darum wandt er ſich um, und floh in die Welten zu-
ruͤcke.

Jtzo ſtand er ermuͤdet auf einer erhabenen Sonne,
Schaute
F 5
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[89/0093] Zweyter Geſang. Leer von Geſchoͤpfen, vom Zorn und Fluche der Gottheit belaſtet? Aber, ach wlder wen redeſt du hier im verlaſſenen Ab- grund, Laͤſtrer! Auf, Sonnen fallt uͤber mich her, bedeckt mich, ihr Sterne, Vor dem grimmigen Zorn des, der vom Throne der Rach- Ewig als Feind und Richter mich ſchreckt! Du, in dei- nen Gerichten Ganz Unerbittlicher! iſt denn in deiner Ewigkeit kuͤnftig Nichts mehr von Hoffnungen uͤbrig? Ach, wird denn, goͤttlicher Richter, Schoͤpfer, Vater, Erbarmer! - - - Ach, nun ver- zweifl ich von neuem, Denn ich habe Jehova gelaͤſtert! Jhn hab ich mit Namen, Die ich ohne Verſoͤhner nicht nennen darf, angeredet Jch entfliehe! Schon rauſchet von ihm ein allmaͤchtiger Donner Durch das Unendliche furchtbar daher! Doch wohin? - - - Jch entfliehe! Alſo ſagt er, und ich ſahe betaͤubt in die Tiefe des Abgrunds. Schaffe da Feuer, ein toͤdtendes Fener, das Geiſter verzehre, GOtt, Verderber der Weſen, die du ohn ihr Wollen er- ſchufeſt! Rief er im Hinabſehn, doch da wurde kein toͤdtendes Feuer. Darum wandt er ſich um, und floh in die Welten zu- ruͤcke. Jtzo ſtand er ermuͤdet auf einer erhabenen Sonne, Schaute F 5

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/93>, abgerufen am 23.11.2024.