Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
Das ihn zwar itzo verehrte, doch nicht mit jener Ge-
mütsart,

Die vorm schauenden Angesicht GOttes untadelhaft
bleibet.

JEsus verbarg sich vor diesen Entweihten. Zwar lagen
hier Palmen

Des ihm begegnenden Volks; zwar klang dort ihr lautes
Hosanna;

Aber umsonst. Sie kannten den nicht, den sie König
nannten.

Und den Gesegneten GOttes zu sehn, war ihr Aug[e] zu
dunkel.

GOtt kam selber vom Himmel herab. Die gewaltige
Stimme:

Er ist verherrlicht, und soll von neuem verherrlichet
werden!

War die Verkündigerinn der gegenwärtigen Gottheit.
Doch sie waren, dich, GOtt, zu verstehn, zu niedrige
Sünder.

Unterdeß nahte sich JEsus dem Vater, der wegen des
Volkes,

Zu dem die Stimme geschah, voll Zorn zum Himmel hin-
aufstieg.

Vor ihm wollt er noch einmal sein göttlich freyes Ent-
schliessen,

Seine Geliebten, die Menschen, zu heiligen, feyerlich kund
thun.

Gegen die östliche Seite Jerusalems liegt ein Gebirge,
Welches schon oft den göttlichen Mittler auf seinen Gi-
pfeln,

Wie
A 3

Erſter Geſang.
Das ihn zwar itzo verehrte, doch nicht mit jener Ge-
muͤtsart,

Die vorm ſchauenden Angeſicht GOttes untadelhaft
bleibet.

JEſus verbarg ſich vor dieſen Entweihten. Zwar lagen
hier Palmen

Des ihm begegnenden Volks; zwar klang dort ihr lautes
Hoſanna;

Aber umſonſt. Sie kannten den nicht, den ſie Koͤnig
nannten.

Und den Geſegneten GOttes zu ſehn, war ihr Aug[e] zu
dunkel.

GOtt kam ſelber vom Himmel herab. Die gewaltige
Stimme:

Er iſt verherrlicht, und ſoll von neuem verherrlichet
werden!

War die Verkuͤndigerinn der gegenwaͤrtigen Gottheit.
Doch ſie waren, dich, GOtt, zu verſtehn, zu niedrige
Suͤnder.

Unterdeß nahte ſich JEſus dem Vater, der wegen des
Volkes,

Zu dem die Stimme geſchah, voll Zorn zum Himmel hin-
aufſtieg.

Vor ihm wollt er noch einmal ſein goͤttlich freyes Ent-
ſchlieſſen,

Seine Geliebten, die Menſchen, zu heiligen, feyerlich kund
thun.

Gegen die oͤſtliche Seite Jeruſalems liegt ein Gebirge,
Welches ſchon oft den goͤttlichen Mittler auf ſeinen Gi-
pfeln,

Wie
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg n="4">
          <pb facs="#f0009" n="5"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
          <l>Das ihn zwar itzo verehrte, doch nicht mit jener Ge-<lb/><hi rendition="#et">mu&#x0364;tsart,</hi></l><lb/>
          <l>Die vorm &#x017F;chauenden Ange&#x017F;icht GOttes untadelhaft<lb/><hi rendition="#et">bleibet.</hi></l><lb/>
          <l>JE&#x017F;us verbarg &#x017F;ich vor die&#x017F;en Entweihten. Zwar lagen<lb/><hi rendition="#et">hier Palmen</hi></l><lb/>
          <l>Des ihm begegnenden Volks; zwar klang dort ihr lautes<lb/><hi rendition="#et">Ho&#x017F;anna;</hi></l><lb/>
          <l>Aber um&#x017F;on&#x017F;t. Sie kannten den nicht, den &#x017F;ie Ko&#x0364;nig<lb/><hi rendition="#et">nannten.</hi></l><lb/>
          <l>Und den Ge&#x017F;egneten GOttes zu &#x017F;ehn, war ihr Aug<supplied>e</supplied> zu<lb/><hi rendition="#et">dunkel.</hi></l><lb/>
          <l>GOtt kam &#x017F;elber vom Himmel herab. Die gewaltige<lb/><hi rendition="#et">Stimme:</hi></l><lb/>
          <l>Er i&#x017F;t verherrlicht, und &#x017F;oll von neuem verherrlichet<lb/><hi rendition="#et">werden!</hi></l><lb/>
          <l>War die Verku&#x0364;ndigerinn der gegenwa&#x0364;rtigen Gottheit.</l><lb/>
          <l>Doch &#x017F;ie waren, dich, GOtt, zu ver&#x017F;tehn, zu niedrige<lb/><hi rendition="#et">Su&#x0364;nder.</hi></l><lb/>
          <l>Unterdeß nahte &#x017F;ich JE&#x017F;us dem Vater, der wegen des<lb/><hi rendition="#et">Volkes,</hi></l><lb/>
          <l>Zu dem die Stimme ge&#x017F;chah, voll Zorn zum Himmel hin-<lb/><hi rendition="#et">auf&#x017F;tieg.</hi></l><lb/>
          <l>Vor ihm wollt er noch einmal &#x017F;ein go&#x0364;ttlich freyes Ent-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
          <l>Seine Geliebten, die Men&#x017F;chen, zu heiligen, feyerlich kund<lb/><hi rendition="#et">thun.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg n="5">
          <l>Gegen die o&#x0364;&#x017F;tliche Seite Jeru&#x017F;alems liegt ein Gebirge,</l><lb/>
          <l>Welches &#x017F;chon oft den go&#x0364;ttlichen Mittler auf &#x017F;einen Gi-<lb/><hi rendition="#et">pfeln,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0009] Erſter Geſang. Das ihn zwar itzo verehrte, doch nicht mit jener Ge- muͤtsart, Die vorm ſchauenden Angeſicht GOttes untadelhaft bleibet. JEſus verbarg ſich vor dieſen Entweihten. Zwar lagen hier Palmen Des ihm begegnenden Volks; zwar klang dort ihr lautes Hoſanna; Aber umſonſt. Sie kannten den nicht, den ſie Koͤnig nannten. Und den Geſegneten GOttes zu ſehn, war ihr Auge zu dunkel. GOtt kam ſelber vom Himmel herab. Die gewaltige Stimme: Er iſt verherrlicht, und ſoll von neuem verherrlichet werden! War die Verkuͤndigerinn der gegenwaͤrtigen Gottheit. Doch ſie waren, dich, GOtt, zu verſtehn, zu niedrige Suͤnder. Unterdeß nahte ſich JEſus dem Vater, der wegen des Volkes, Zu dem die Stimme geſchah, voll Zorn zum Himmel hin- aufſtieg. Vor ihm wollt er noch einmal ſein goͤttlich freyes Ent- ſchlieſſen, Seine Geliebten, die Menſchen, zu heiligen, feyerlich kund thun. Gegen die oͤſtliche Seite Jeruſalems liegt ein Gebirge, Welches ſchon oft den goͤttlichen Mittler auf ſeinen Gi- pfeln, Wie A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/9
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/9>, abgerufen am 25.11.2024.