Satan sah sie mit Hohn; Denn mitten in seiner Verfin- strung Sah er doch noch, daß der Ewige sey. Bald stand er voll Tiefsinn, Bald sah er überall langsam herum, und setzte sich wie- der. Wie auf hohen unwirthbaren Bergen olympische Wet- ter Langsam und verweilend sich lagern, so saß er, und dachte. Nun that sein Mund sich ungestüm auf, und tausend Don- ner Sprachen aus ihm, da er sprach. Wenn ihrs, o furcht- bare Schaaren, Wenn ihrs noch seyd, die mit mir die drey erschrecklichen Tage Auf den himmlischen Ebnen aufhielten, so hört im Trium- phe, Was ich euch itzt von meiner Verweilung auf Erden er- öffne. Doch nicht die Nachricht allein, ihr sollt auch den mäch- tigen Rathschluß, Unsere Gottheit dem Ewgen zur Schmach zu verherrlichen, hören. Eh soll die Hölle vergehn, eh soll der seine Geschöpfe, Der, wie man sagt, vor diesem einmal im Chaos gebaut hat, Um sich vernichten, und wieder allein in der Einsamkeit wohnen, Eh er über die sterblichen Menschen die Herrschaft uns raubet.
Götter,
Der Meſſias.
Satan ſah ſie mit Hohn; Denn mitten in ſeiner Verfin- ſtrung Sah er doch noch, daß der Ewige ſey. Bald ſtand er voll Tiefſinn, Bald ſah er uͤberall langſam herum, und ſetzte ſich wie- der. Wie auf hohen unwirthbaren Bergen olympiſche Wet- ter Langſam und verweilend ſich lagern, ſo ſaß er, und dachte. Nun that ſein Mund ſich ungeſtuͤm auf, und tauſend Don- ner Sprachen aus ihm, da er ſprach. Wenn ihrs, o furcht- bare Schaaren, Wenn ihrs noch ſeyd, die mit mir die drey erſchrecklichen Tage Auf den himmliſchen Ebnen aufhielten, ſo hoͤrt im Trium- phe, Was ich euch itzt von meiner Verweilung auf Erden er- oͤffne. Doch nicht die Nachricht allein, ihr ſollt auch den maͤch- tigen Rathſchluß, Unſere Gottheit dem Ewgen zur Schmach zu verherrlichen, hoͤren. Eh ſoll die Hoͤlle vergehn, eh ſoll der ſeine Geſchoͤpfe, Der, wie man ſagt, vor dieſem einmal im Chaos gebaut hat, Um ſich vernichten, und wieder allein in der Einſamkeit wohnen, Eh er uͤber die ſterblichen Menſchen die Herrſchaft uns raubet.
Goͤtter,
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Der Meſſias.
Satan ſah ſie mit Hohn; Denn mitten in ſeiner Verfin-
ſtrung
Sah er doch noch, daß der Ewige ſey. Bald ſtand er
voll Tiefſinn,
Bald ſah er uͤberall langſam herum, und ſetzte ſich wie-
der.
Wie auf hohen unwirthbaren Bergen olympiſche Wet-
ter
Langſam und verweilend ſich lagern, ſo ſaß er, und
dachte.
Nun that ſein Mund ſich ungeſtuͤm auf, und tauſend Don-
ner
Sprachen aus ihm, da er ſprach. Wenn ihrs, o furcht-
bare Schaaren,
Wenn ihrs noch ſeyd, die mit mir die drey erſchrecklichen
Tage
Auf den himmliſchen Ebnen aufhielten, ſo hoͤrt im Trium-
phe,
Was ich euch itzt von meiner Verweilung auf Erden er-
oͤffne.
Doch nicht die Nachricht allein, ihr ſollt auch den maͤch-
tigen Rathſchluß,
Unſere Gottheit dem Ewgen zur Schmach zu verherrlichen,
hoͤren.
Eh ſoll die Hoͤlle vergehn, eh ſoll der ſeine Geſchoͤpfe,
Der, wie man ſagt, vor dieſem einmal im Chaos gebaut
hat,
Um ſich vernichten, und wieder allein in der Einſamkeit
wohnen,
Eh er uͤber die ſterblichen Menſchen die Herrſchaft uns
raubet.
Goͤtter,
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Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]
Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ erschienen zunächst in den ‚Neuen Beiträgen zum Vergnügen des Verstandes und des Witzes‘ (Bremen und Leipzig). Im Deutschen Textarchiv finden Sie mit dem 1749 in Halle erschienenen Druck die erste selbstständige Publikation des ersten bis dritten Gesangs. Ab 1751 erschienen diese und die weiteren Gesänge in vier Bänden, die Sie ebenfalls im DTA finden.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/72>, abgerufen am 16.02.2025.
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