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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Erster Gesang.
Erstgeborner der Schöpfung, wie war dir bey dei-
nem Hervorgehn?

Da, nach undencklicher Ewigkeit, GOtt zu dir sich herab
ließ,

Und dich zum heiligen Wohnplatz von seiner Herrlichkeit
weihte.

Dein unermeßlicher Kreis, zum neuen Daseyn gerufen,
Formte sich noch in seine Gestalt; die schaffende Stimme
Wandelte noch mit dem ersten Getöse krystallener Meere;
Jhre gleich irdischen Welten zusammengebirgten Gestade
Hörten sie, doch kein Unsterblicher nicht. Da standest du,
Schöpfer,

Auf dem neuen erhabenen Throne, dich selber betrach-
tend,

Einsam und ernst. O jauchzet der denkenden Gottheit
entgegen!

Damals, ja damals erschuf er euch, Seraphim, Geister-
geschöpfe,

Voll von Gedanken, voll mächtiger Kräfte, des Ewigen
Bildung,

Die er in euch von ihm selber erschafft, anbetend zu fassen.
Halleluja, ein feyrendes Hallelujah, o Erster,
Sey dir von uns unaufhörlich gesungen! Zur Einsam-
keit sprachst du:

Sey nicht mehr! Und zu den Wesen: Entwickelt euch,
Hallelujah!
Unter dem Liede, das nach dem erhabenen Dreymal-
heilig,

Allzeit gesungen wird, hatte des Mittlers hoher Ge-
sandte

Eine
B 2
Erſter Geſang.
Erſtgeborner der Schoͤpfung, wie war dir bey dei-
nem Hervorgehn?

Da, nach undencklicher Ewigkeit, GOtt zu dir ſich herab
ließ,

Und dich zum heiligen Wohnplatz von ſeiner Herrlichkeit
weihte.

Dein unermeßlicher Kreis, zum neuen Daſeyn gerufen,
Formte ſich noch in ſeine Geſtalt; die ſchaffende Stimme
Wandelte noch mit dem erſten Getoͤſe kryſtallener Meere;
Jhre gleich irdiſchen Welten zuſammengebirgten Geſtade
Hoͤrten ſie, doch kein Unſterblicher nicht. Da ſtandeſt du,
Schoͤpfer,

Auf dem neuen erhabenen Throne, dich ſelber betrach-
tend,

Einſam und ernſt. O jauchzet der denkenden Gottheit
entgegen!

Damals, ja damals erſchuf er euch, Seraphim, Geiſter-
geſchoͤpfe,

Voll von Gedanken, voll maͤchtiger Kraͤfte, des Ewigen
Bildung,

Die er in euch von ihm ſelber erſchafft, anbetend zu faſſen.
Halleluja, ein feyrendes Hallelujah, o Erſter,
Sey dir von uns unaufhoͤrlich geſungen! Zur Einſam-
keit ſprachſt du:

Sey nicht mehr! Und zu den Weſen: Entwickelt euch,
Hallelujah!
Unter dem Liede, das nach dem erhabenen Dreymal-
heilig,

Allzeit geſungen wird, hatte des Mittlers hoher Ge-
ſandte

Eine
B 2
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[19/0023] Erſter Geſang. Erſtgeborner der Schoͤpfung, wie war dir bey dei- nem Hervorgehn? Da, nach undencklicher Ewigkeit, GOtt zu dir ſich herab ließ, Und dich zum heiligen Wohnplatz von ſeiner Herrlichkeit weihte. Dein unermeßlicher Kreis, zum neuen Daſeyn gerufen, Formte ſich noch in ſeine Geſtalt; die ſchaffende Stimme Wandelte noch mit dem erſten Getoͤſe kryſtallener Meere; Jhre gleich irdiſchen Welten zuſammengebirgten Geſtade Hoͤrten ſie, doch kein Unſterblicher nicht. Da ſtandeſt du, Schoͤpfer, Auf dem neuen erhabenen Throne, dich ſelber betrach- tend, Einſam und ernſt. O jauchzet der denkenden Gottheit entgegen! Damals, ja damals erſchuf er euch, Seraphim, Geiſter- geſchoͤpfe, Voll von Gedanken, voll maͤchtiger Kraͤfte, des Ewigen Bildung, Die er in euch von ihm ſelber erſchafft, anbetend zu faſſen. Halleluja, ein feyrendes Hallelujah, o Erſter, Sey dir von uns unaufhoͤrlich geſungen! Zur Einſam- keit ſprachſt du: Sey nicht mehr! Und zu den Weſen: Entwickelt euch, Hallelujah! Unter dem Liede, das nach dem erhabenen Dreymal- heilig, Allzeit geſungen wird, hatte des Mittlers hoher Ge- ſandte Eine B 2

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/23>, abgerufen am 21.11.2024.