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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.

Von so göttlicher Bildung bey meinen Unsterblichen
wandeln!

Aber bald wird dies gar nicht mehr seyn! Bald wird sich
der Himmel

Dunkel mit schreckenden Wolken umziehn! Bald werden
die Tiefen

Ungestüm erzittern, und diese Gefilde voll Segen,
Diese geliebten Gefilde verwüsten! Bald werden die
Menschen

Mörderisch mich ansehn! Bald werdet ihr alle mich flie-
hen!

Weine nicht, Petrus, und du, mein zärtlich bekümmerter
Jünger,

Weine du nicht! wenn der Bräutgam noch da ist, so
weinet die Braut nicht.

Ach! ihr werdet mich wieder erblicken, ihr werdet mich
sehen,

Wie bey erwachenden Todten die Mutter ein theurer
Sohn sehn wird.

Dieses sagt er, und stand mit göttlich erheitertem Ant-
litz

Unter ihnen; allein in seinem Herzen empfand er
Jnnerlich Seelenangst und der Erlösung erhabene Leiden.
Also gieng er, und wurde von allen vertraulich be-
gleitet;

Nur von Jscharioth nicht. Der hatt ihn unter den
Schatten

Waldigter Wipfel von ferne gehört. So weis ers ja
selbst schon,

Sagt er vor sich, da er JEsu im weggehn von ferne
noch nachsah,

Daß ihm ein Tag der Verfolgung bevorsteht; so wird ers
auch wissen,

Wie er seinen Verfolgern begegnen, und unüberwind-
lich

Seine Verherrlichung endigen soll. Doch sieht er auch
Juda,
Dich

Der Meſſias.

Von ſo goͤttlicher Bildung bey meinen Unſterblichen
wandeln!

Aber bald wird dies gar nicht mehr ſeyn! Bald wird ſich
der Himmel

Dunkel mit ſchreckenden Wolken umziehn! Bald werden
die Tiefen

Ungeſtuͤm erzittern, und dieſe Gefilde voll Segen,
Dieſe geliebten Gefilde verwuͤſten! Bald werden die
Menſchen

Moͤrderiſch mich anſehn! Bald werdet ihr alle mich flie-
hen!

Weine nicht, Petrus, und du, mein zaͤrtlich bekuͤmmerter
Juͤnger,

Weine du nicht! wenn der Braͤutgam noch da iſt, ſo
weinet die Braut nicht.

Ach! ihr werdet mich wieder erblicken, ihr werdet mich
ſehen,

Wie bey erwachenden Todten die Mutter ein theurer
Sohn ſehn wird.

Dieſes ſagt er, und ſtand mit goͤttlich erheitertem Ant-
litz

Unter ihnen; allein in ſeinem Herzen empfand er
Jnnerlich Seelenangſt und der Erloͤſung erhabene Leiden.
Alſo gieng er, und wurde von allen vertraulich be-
gleitet;

Nur von Jſcharioth nicht. Der hatt ihn unter den
Schatten

Waldigter Wipfel von ferne gehoͤrt. So weis ers ja
ſelbſt ſchon,

Sagt er vor ſich, da er JEſu im weggehn von ferne
noch nachſah,

Daß ihm ein Tag der Verfolgung bevorſteht; ſo wird ers
auch wiſſen,

Wie er ſeinen Verfolgern begegnen, und unuͤberwind-
lich

Seine Verherrlichung endigen ſoll. Doch ſieht er auch
Juda,
Dich
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[134/0138] Der Meſſias. Von ſo goͤttlicher Bildung bey meinen Unſterblichen wandeln! Aber bald wird dies gar nicht mehr ſeyn! Bald wird ſich der Himmel Dunkel mit ſchreckenden Wolken umziehn! Bald werden die Tiefen Ungeſtuͤm erzittern, und dieſe Gefilde voll Segen, Dieſe geliebten Gefilde verwuͤſten! Bald werden die Menſchen Moͤrderiſch mich anſehn! Bald werdet ihr alle mich flie- hen! Weine nicht, Petrus, und du, mein zaͤrtlich bekuͤmmerter Juͤnger, Weine du nicht! wenn der Braͤutgam noch da iſt, ſo weinet die Braut nicht. Ach! ihr werdet mich wieder erblicken, ihr werdet mich ſehen, Wie bey erwachenden Todten die Mutter ein theurer Sohn ſehn wird. Dieſes ſagt er, und ſtand mit goͤttlich erheitertem Ant- litz Unter ihnen; allein in ſeinem Herzen empfand er Jnnerlich Seelenangſt und der Erloͤſung erhabene Leiden. Alſo gieng er, und wurde von allen vertraulich be- gleitet; Nur von Jſcharioth nicht. Der hatt ihn unter den Schatten Waldigter Wipfel von ferne gehoͤrt. So weis ers ja ſelbſt ſchon, Sagt er vor ſich, da er JEſu im weggehn von ferne noch nachſah, Daß ihm ein Tag der Verfolgung bevorſteht; ſo wird ers auch wiſſen, Wie er ſeinen Verfolgern begegnen, und unuͤberwind- lich Seine Verherrlichung endigen ſoll. Doch ſieht er auch Juda, Dich

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/138>, abgerufen am 23.11.2024.