Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Bund ist ewig! So wie sein Gesang, von den Harfen beseelet,
Hinfloß, schwang er den Palmenzweig, und wies auf des Herrn Grab.

Siehe die Thränen alle, sie wurden alle getroknet,
Da das geopferte Lamm versönet hatte, nicht Tod mehr
War der Tod!.. Was säumet ihr, sprach mit sanfterem Lichte
Asnath, dem Knaben der Psalme den Kranz vom Grabe zu bringen?
Magdale Mirjam kam, und bekränzte den Knaben der Psalme.
Ach der Lebende sprach mit seiner Stimme: Maria!
Und sie lag zu den Füssen des Gottversöners, und rufte,
Rufte: Rabbuni! So wie sein Gesang, von den Harfen beseelet,
Tönte, träufelten ihm aus dem hellen Auge die Thränen.
Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale gesehen
Seiner Wunden! hatte die Hand in des Auferstandnen
Seite gelegt!.. Da jezt sein Gesang, von den Harfen beseelet,
Strömte, hielt sich nicht mehr die wonnevolle Versammlung
Neben dem Felsen; sie stiegen hinauf zu den Seligen Gottes!
Und sie traten hinein in den stralenden Kreis, und sangen:
Ach auch wir erwachen dereinst von dem Tod'! es erwachen
Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen, und schlafen
Todte Gottes! So wie ihr Gesang den Flug des Triumphs flog,
Huben die Harfen den Schwung wie am Throne zum Wonnegesange.
Jezo ward Ein Chor die Versammlung der sterblichen Christen,
Und der vollendeten; Alle sangen dem Sohne; mit Stimmen
Lautes Jauchzens, die Himlischen; leises Stammelns, die Menschen:
Preis und Ehre dem Ueberwinder! dem Löwen aus Judah!
Und dem Lamm auf Sion! der hohen Aehre von Jesse
Aber am Golgatha lag sie gesenkt; hub schnell an des Blutes
Hügel

Der Meſſias.
Bund iſt ewig! So wie ſein Geſang, von den Harfen beſeelet,
Hinfloß, ſchwang er den Palmenzweig, und wies auf des Herrn Grab.

Siehe die Thraͤnen alle, ſie wurden alle getroknet,
Da das geopferte Lamm verſoͤnet hatte, nicht Tod mehr
War der Tod!.. Was ſaͤumet ihr, ſprach mit ſanfterem Lichte
Asnath, dem Knaben der Pſalme den Kranz vom Grabe zu bringen?
Magdale Mirjam kam, und bekraͤnzte den Knaben der Pſalme.
Ach der Lebende ſprach mit ſeiner Stimme: Maria!
Und ſie lag zu den Fuͤſſen des Gottverſoͤners, und rufte,
Rufte: Rabbuni! So wie ſein Geſang, von den Harfen beſeelet,
Toͤnte, traͤufelten ihm aus dem hellen Auge die Thraͤnen.
Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale geſehen
Seiner Wunden! hatte die Hand in des Auferſtandnen
Seite gelegt!.. Da jezt ſein Geſang, von den Harfen beſeelet,
Stroͤmte, hielt ſich nicht mehr die wonnevolle Verſammlung
Neben dem Felſen; ſie ſtiegen hinauf zu den Seligen Gottes!
Und ſie traten hinein in den ſtralenden Kreis, und ſangen:
Ach auch wir erwachen dereinſt von dem Tod’! es erwachen
Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen, und ſchlafen
Todte Gottes! So wie ihr Geſang den Flug des Triumphs flog,
Huben die Harfen den Schwung wie am Throne zum Wonnegeſange.
Jezo ward Ein Chor die Verſammlung der ſterblichen Chriſten,
Und der vollendeten; Alle ſangen dem Sohne; mit Stimmen
Lautes Jauchzens, die Himliſchen; leiſes Stammelns, die Menſchen:
Preis und Ehre dem Ueberwinder! dem Loͤwen aus Judah!
Und dem Lamm auf Sion! der hohen Aehre von Jeſſe
Aber am Golgatha lag ſie geſenkt; hub ſchnell an des Blutes
Huͤgel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="29">
              <pb facs="#f0066" n="66"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
              <l>Bund i&#x017F;t ewig! So wie &#x017F;ein Ge&#x017F;ang, von den Harfen be&#x017F;eelet,</l><lb/>
              <l>Hinfloß, &#x017F;chwang er den Palmenzweig, und wies auf des Herrn Grab.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="30">
              <l>Siehe die Thra&#x0364;nen alle, &#x017F;ie wurden alle getroknet,</l><lb/>
              <l>Da das geopferte Lamm ver&#x017F;o&#x0364;net hatte, nicht Tod mehr</l><lb/>
              <l>War der Tod!.. Was &#x017F;a&#x0364;umet ihr, &#x017F;prach mit &#x017F;anfterem Lichte</l><lb/>
              <l>Asnath, dem Knaben der P&#x017F;alme den Kranz vom Grabe zu bringen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="31">
              <l>Magdale Mirjam kam, und bekra&#x0364;nzte den Knaben der P&#x017F;alme.</l><lb/>
              <l>Ach der Lebende &#x017F;prach mit &#x017F;einer Stimme: Maria!</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie lag zu den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des Gottver&#x017F;o&#x0364;ners, und rufte,</l><lb/>
              <l>Rufte: Rabbuni! So wie &#x017F;ein Ge&#x017F;ang, von den Harfen be&#x017F;eelet,</l><lb/>
              <l>To&#x0364;nte, tra&#x0364;ufelten ihm aus dem hellen Auge die Thra&#x0364;nen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="32">
              <l>Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale ge&#x017F;ehen</l><lb/>
              <l>Seiner Wunden! hatte die Hand in des Aufer&#x017F;tandnen</l><lb/>
              <l>Seite gelegt!.. Da jezt &#x017F;ein Ge&#x017F;ang, von den Harfen be&#x017F;eelet,</l><lb/>
              <l>Stro&#x0364;mte, hielt &#x017F;ich nicht mehr die wonnevolle Ver&#x017F;ammlung</l><lb/>
              <l>Neben dem Fel&#x017F;en; &#x017F;ie &#x017F;tiegen hinauf zu den Seligen Gottes!</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie traten hinein in den &#x017F;tralenden Kreis, und &#x017F;angen:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="33">
              <l>Ach auch wir erwachen derein&#x017F;t von dem Tod&#x2019;! es erwachen</l><lb/>
              <l>Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen, und &#x017F;chlafen</l><lb/>
              <l>Todte Gottes! So wie ihr Ge&#x017F;ang den Flug des Triumphs flog,</l><lb/>
              <l>Huben die Harfen den Schwung wie am Throne zum Wonnege&#x017F;ange.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="34">
              <l>Jezo ward Ein Chor die Ver&#x017F;ammlung der &#x017F;terblichen Chri&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Und der vollendeten; Alle &#x017F;angen dem Sohne; mit Stimmen</l><lb/>
              <l>Lautes Jauchzens, die Himli&#x017F;chen; lei&#x017F;es Stammelns, die Men&#x017F;chen:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="35">
              <l>Preis und Ehre dem Ueberwinder! dem Lo&#x0364;wen aus Judah!</l><lb/>
              <l>Und dem Lamm auf Sion! der hohen Aehre von Je&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Aber am Golgatha lag &#x017F;ie ge&#x017F;enkt; hub &#x017F;chnell an des Blutes</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Hu&#x0364;gel</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0066] Der Meſſias. Bund iſt ewig! So wie ſein Geſang, von den Harfen beſeelet, Hinfloß, ſchwang er den Palmenzweig, und wies auf des Herrn Grab. Siehe die Thraͤnen alle, ſie wurden alle getroknet, Da das geopferte Lamm verſoͤnet hatte, nicht Tod mehr War der Tod!.. Was ſaͤumet ihr, ſprach mit ſanfterem Lichte Asnath, dem Knaben der Pſalme den Kranz vom Grabe zu bringen? Magdale Mirjam kam, und bekraͤnzte den Knaben der Pſalme. Ach der Lebende ſprach mit ſeiner Stimme: Maria! Und ſie lag zu den Fuͤſſen des Gottverſoͤners, und rufte, Rufte: Rabbuni! So wie ſein Geſang, von den Harfen beſeelet, Toͤnte, traͤufelten ihm aus dem hellen Auge die Thraͤnen. Rief: Mein Herr! und mein Gott! Er hatte die Maale geſehen Seiner Wunden! hatte die Hand in des Auferſtandnen Seite gelegt!.. Da jezt ſein Geſang, von den Harfen beſeelet, Stroͤmte, hielt ſich nicht mehr die wonnevolle Verſammlung Neben dem Felſen; ſie ſtiegen hinauf zu den Seligen Gottes! Und ſie traten hinein in den ſtralenden Kreis, und ſangen: Ach auch wir erwachen dereinſt von dem Tod’! es erwachen Alle, bis hin zu dem Ende der Erde, die liegen, und ſchlafen Todte Gottes! So wie ihr Geſang den Flug des Triumphs flog, Huben die Harfen den Schwung wie am Throne zum Wonnegeſange. Jezo ward Ein Chor die Verſammlung der ſterblichen Chriſten, Und der vollendeten; Alle ſangen dem Sohne; mit Stimmen Lautes Jauchzens, die Himliſchen; leiſes Stammelns, die Menſchen: Preis und Ehre dem Ueberwinder! dem Loͤwen aus Judah! Und dem Lamm auf Sion! der hohen Aehre von Jeſſe Aber am Golgatha lag ſie geſenkt; hub ſchnell an des Blutes Huͤgel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/66
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/66>, abgerufen am 05.12.2024.