Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Jesus, unser Erbarmer, der Säuglinge Gott und der Kinder.
Jezo erkohr die andern Nephthoa. Jhn leitete Christus
Weisheit. So leitet Engel, indem sie des Himmels Erben,
Sie zu schützen, sich wählen, die Weisheit Christus. Die Knaben
Kamen zum offenen Grabe, beschauten die furchtbare Tiefe,
Und die Felsenlast, die weggewälzt vor ihr dalag.
Freudig schauerten sie, doch auch mit Schrecken, indem sie
Ueber sich der alternden Bäume Wipfel erblickten.
Und sie irrten umher in dem Schatten des dichteren Laubes,
Und des helleren, welches der weiße Lenz mit dem Brautschmuck
Seiner Blüthen durchwebte. Sie fanden, gegen des Grabes
Eingang über, im Schimmer des lieblichen Morgens, auf weichem
Jungen Grase, beströmt vom Dufte der Blüthengerüche,
Heilige Gottes, und sie in sanfte, heitere Ruhe
Ausgegossen, und sie mit der Freudenthrän' in dem Blicke,
Eine selige Schaar, der Auferstehung des Mittlers
Einst Verkündiger, Feyerer jezt. Sie sahe Nephthoa
Ehrfurchtsvoll; doch auch er war einer der göttlichen Boten,
Und an sie. Viel Heilige kannten den Knaben Nephthoa,
Kannten seine Gespielen. Noch säumt' er zu reden; doch alle
Sahen's an ihm, daß Stimmen des Heils auf den Lippen ihm schwebten.
Aber er säumte nicht lange; denn schon begann zu dem Grabe
Jener begegnende Haufen mit neuen Haufen zu kommen.
Da erscholl, von Benoni's Erscheinung! die Stimme Nephthoa's,
Wie er ihn lockte sein goldenes Haar, wie Benoni von Christus
Sprach, der Auferweckte vom auferstandnen Vollender!

Und

Der Meſſias.
Jeſus, unſer Erbarmer, der Saͤuglinge Gott und der Kinder.
Jezo erkohr die andern Nephthoa. Jhn leitete Chriſtus
Weisheit. So leitet Engel, indem ſie des Himmels Erben,
Sie zu ſchuͤtzen, ſich waͤhlen, die Weisheit Chriſtus. Die Knaben
Kamen zum offenen Grabe, beſchauten die furchtbare Tiefe,
Und die Felſenlaſt, die weggewaͤlzt vor ihr dalag.
Freudig ſchauerten ſie, doch auch mit Schrecken, indem ſie
Ueber ſich der alternden Baͤume Wipfel erblickten.
Und ſie irrten umher in dem Schatten des dichteren Laubes,
Und des helleren, welches der weiße Lenz mit dem Brautſchmuck
Seiner Bluͤthen durchwebte. Sie fanden, gegen des Grabes
Eingang uͤber, im Schimmer des lieblichen Morgens, auf weichem
Jungen Graſe, beſtroͤmt vom Dufte der Bluͤthengeruͤche,
Heilige Gottes, und ſie in ſanfte, heitere Ruhe
Ausgegoſſen, und ſie mit der Freudenthraͤn’ in dem Blicke,
Eine ſelige Schaar, der Auferſtehung des Mittlers
Einſt Verkuͤndiger, Feyerer jezt. Sie ſahe Nephthoa
Ehrfurchtsvoll; doch auch er war einer der goͤttlichen Boten,
Und an ſie. Viel Heilige kannten den Knaben Nephthoa,
Kannten ſeine Geſpielen. Noch ſaͤumt’ er zu reden; doch alle
Sahen’s an ihm, daß Stimmen des Heils auf den Lippen ihm ſchwebten.
Aber er ſaͤumte nicht lange; denn ſchon begann zu dem Grabe
Jener begegnende Haufen mit neuen Haufen zu kommen.
Da erſcholl, von Benoni’s Erſcheinung! die Stimme Nephthoa’s,
Wie er ihn lockte ſein goldenes Haar, wie Benoni von Chriſtus
Sprach, der Auferweckte vom auferſtandnen Vollender!

Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="19">
              <pb facs="#f0062" n="62"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
              <l>Je&#x017F;us, un&#x017F;er Erbarmer, der Sa&#x0364;uglinge Gott und der Kinder.</l><lb/>
              <l>Jezo erkohr die andern Nephthoa. Jhn leitete Chri&#x017F;tus</l><lb/>
              <l>Weisheit. So leitet Engel, indem &#x017F;ie des Himmels Erben,</l><lb/>
              <l>Sie zu &#x017F;chu&#x0364;tzen, &#x017F;ich wa&#x0364;hlen, die Weisheit Chri&#x017F;tus. Die Knaben</l><lb/>
              <l>Kamen zum offenen Grabe, be&#x017F;chauten die furchtbare Tiefe,</l><lb/>
              <l>Und die Fel&#x017F;enla&#x017F;t, die weggewa&#x0364;lzt vor ihr dalag.</l><lb/>
              <l>Freudig &#x017F;chauerten &#x017F;ie, doch auch mit Schrecken, indem &#x017F;ie</l><lb/>
              <l>Ueber &#x017F;ich der alternden Ba&#x0364;ume Wipfel erblickten.</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie irrten umher in dem Schatten des dichteren Laubes,</l><lb/>
              <l>Und des helleren, welches der weiße Lenz mit dem Braut&#x017F;chmuck</l><lb/>
              <l>Seiner Blu&#x0364;then durchwebte. Sie fanden, gegen des Grabes</l><lb/>
              <l>Eingang u&#x0364;ber, im Schimmer des lieblichen Morgens, auf weichem</l><lb/>
              <l>Jungen Gra&#x017F;e, be&#x017F;tro&#x0364;mt vom Dufte der Blu&#x0364;thengeru&#x0364;che,</l><lb/>
              <l>Heilige Gottes, und &#x017F;ie in &#x017F;anfte, heitere Ruhe</l><lb/>
              <l>Ausgego&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ie mit der Freudenthra&#x0364;n&#x2019; in dem Blicke,</l><lb/>
              <l>Eine &#x017F;elige Schaar, der Aufer&#x017F;tehung des Mittlers</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;t Verku&#x0364;ndiger, Feyerer jezt. Sie &#x017F;ahe Nephthoa</l><lb/>
              <l>Ehrfurchtsvoll; doch auch er war einer der go&#x0364;ttlichen Boten,</l><lb/>
              <l>Und an &#x017F;ie. Viel Heilige kannten den Knaben Nephthoa,</l><lb/>
              <l>Kannten &#x017F;eine Ge&#x017F;pielen. Noch &#x017F;a&#x0364;umt&#x2019; er zu reden; doch alle</l><lb/>
              <l>Sahen&#x2019;s an ihm, daß Stimmen des Heils auf den Lippen ihm &#x017F;chwebten.</l><lb/>
              <l>Aber er &#x017F;a&#x0364;umte nicht lange; denn &#x017F;chon begann zu dem Grabe</l><lb/>
              <l>Jener begegnende Haufen mit neuen Haufen zu kommen.</l><lb/>
              <l>Da er&#x017F;choll, von Benoni&#x2019;s Er&#x017F;cheinung! die Stimme Nephthoa&#x2019;s,</l><lb/>
              <l>Wie er ihn lockte &#x017F;ein goldenes Haar, wie Benoni von Chri&#x017F;tus</l><lb/>
              <l>Sprach, der Auferweckte vom aufer&#x017F;tandnen Vollender!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0062] Der Meſſias. Jeſus, unſer Erbarmer, der Saͤuglinge Gott und der Kinder. Jezo erkohr die andern Nephthoa. Jhn leitete Chriſtus Weisheit. So leitet Engel, indem ſie des Himmels Erben, Sie zu ſchuͤtzen, ſich waͤhlen, die Weisheit Chriſtus. Die Knaben Kamen zum offenen Grabe, beſchauten die furchtbare Tiefe, Und die Felſenlaſt, die weggewaͤlzt vor ihr dalag. Freudig ſchauerten ſie, doch auch mit Schrecken, indem ſie Ueber ſich der alternden Baͤume Wipfel erblickten. Und ſie irrten umher in dem Schatten des dichteren Laubes, Und des helleren, welches der weiße Lenz mit dem Brautſchmuck Seiner Bluͤthen durchwebte. Sie fanden, gegen des Grabes Eingang uͤber, im Schimmer des lieblichen Morgens, auf weichem Jungen Graſe, beſtroͤmt vom Dufte der Bluͤthengeruͤche, Heilige Gottes, und ſie in ſanfte, heitere Ruhe Ausgegoſſen, und ſie mit der Freudenthraͤn’ in dem Blicke, Eine ſelige Schaar, der Auferſtehung des Mittlers Einſt Verkuͤndiger, Feyerer jezt. Sie ſahe Nephthoa Ehrfurchtsvoll; doch auch er war einer der goͤttlichen Boten, Und an ſie. Viel Heilige kannten den Knaben Nephthoa, Kannten ſeine Geſpielen. Noch ſaͤumt’ er zu reden; doch alle Sahen’s an ihm, daß Stimmen des Heils auf den Lippen ihm ſchwebten. Aber er ſaͤumte nicht lange; denn ſchon begann zu dem Grabe Jener begegnende Haufen mit neuen Haufen zu kommen. Da erſcholl, von Benoni’s Erſcheinung! die Stimme Nephthoa’s, Wie er ihn lockte ſein goldenes Haar, wie Benoni von Chriſtus Sprach, der Auferweckte vom auferſtandnen Vollender! Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/62
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/62>, abgerufen am 22.11.2024.