Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Ging er geduldig einher, und schwieg... Jch werd', ihr Geliebten,
Bald nicht mehr mit euch des Wiedersehens geniessen
Auf der Erde; mit euch von Honigseime nicht essen;
Noch was ihr, in der Frühe des Tags, am Gestade bereitet;
Nicht im Schatten mehr ruhn: allein in den Hütten des Friedens,
Wo viel Wonungen sind, dort werdet ihr euren Messias
Wiedersehen, und, nebst den versammelten Vätern des Bundes,
Freuden der Freundschaft empfahn, die Abschiednehmen nicht trennet!

Und er sank vor den Zeugen in seiner Herlichkeit nieder,
Betete mit erhabener Stimme: Die Zeit war gekommen,
Deinen Eingebornen in seiner Schönheit zu zeigen,
Siehe, du hast ihn gezeigt, und bist verherlichet worden,
Vater, durch ihn! Jhm hast du gegeben die Sterblichen alle,
Daß er sie auferwecke vom Tod', und ewiges Leben
Jhnen gebe. Das aber ist ewiges Leben, dich, Vater,
Der du der Ewige bist, und den du sandtest, erkennen,
Jesus, den Sohn und König! Jch seh in Geiste die Fülle
Meiner ganzen, der lezten Vollendung! Jch hab' auf der Erde
Dich verherlicht! ich habe vollführet der Gottheit Rathschluß!
Nun erwarten mich Kronen zu deiner Rechte! Du wirst mir
Wieder die Herlichkeit geben, die mein war, eh wir erschufen.
Deinen gefürchteten Namen hab' ich den Erwählten verkündigt
Aus den Sündern. Du gabest sie mir. Sie haben die Weisheit,
Die ich sie lehrte, selbst ich bin ihr Zeuge! mit Treue gehalten!
Vater, ich bitte für sie! Denn auch durch sie bin ich herlich!
Jch verlasse die Erde nun bald, und kehre gen Himmel,
Vater,

Der Meſſias.
Ging er geduldig einher, und ſchwieg… Jch werd’, ihr Geliebten,
Bald nicht mehr mit euch des Wiederſehens genieſſen
Auf der Erde; mit euch von Honigſeime nicht eſſen;
Noch was ihr, in der Fruͤhe des Tags, am Geſtade bereitet;
Nicht im Schatten mehr ruhn: allein in den Huͤtten des Friedens,
Wo viel Wonungen ſind, dort werdet ihr euren Meſſias
Wiederſehen, und, nebſt den verſammelten Vaͤtern des Bundes,
Freuden der Freundſchaft empfahn, die Abſchiednehmen nicht trennet!

Und er ſank vor den Zeugen in ſeiner Herlichkeit nieder,
Betete mit erhabener Stimme: Die Zeit war gekommen,
Deinen Eingebornen in ſeiner Schoͤnheit zu zeigen,
Siehe, du haſt ihn gezeigt, und biſt verherlichet worden,
Vater, durch ihn! Jhm haſt du gegeben die Sterblichen alle,
Daß er ſie auferwecke vom Tod’, und ewiges Leben
Jhnen gebe. Das aber iſt ewiges Leben, dich, Vater,
Der du der Ewige biſt, und den du ſandteſt, erkennen,
Jeſus, den Sohn und Koͤnig! Jch ſeh in Geiſte die Fuͤlle
Meiner ganzen, der lezten Vollendung! Jch hab’ auf der Erde
Dich verherlicht! ich habe vollfuͤhret der Gottheit Rathſchluß!
Nun erwarten mich Kronen zu deiner Rechte! Du wirſt mir
Wieder die Herlichkeit geben, die mein war, eh wir erſchufen.
Deinen gefuͤrchteten Namen hab’ ich den Erwaͤhlten verkuͤndigt
Aus den Suͤndern. Du gabeſt ſie mir. Sie haben die Weisheit,
Die ich ſie lehrte, ſelbſt ich bin ihr Zeuge! mit Treue gehalten!
Vater, ich bitte fuͤr ſie! Denn auch durch ſie bin ich herlich!
Jch verlaſſe die Erde nun bald, und kehre gen Himmel,
Vater,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="69">
              <pb facs="#f0148" n="148"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
              <l>Ging er geduldig einher, und &#x017F;chwieg&#x2026; Jch werd&#x2019;, ihr Geliebten,</l><lb/>
              <l>Bald nicht mehr mit euch des Wieder&#x017F;ehens genie&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Auf der Erde; mit euch von Honig&#x017F;eime nicht e&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Noch was ihr, in der Fru&#x0364;he des Tags, am Ge&#x017F;tade bereitet;</l><lb/>
              <l>Nicht im Schatten mehr ruhn: allein in den Hu&#x0364;tten des Friedens,</l><lb/>
              <l>Wo viel Wonungen &#x017F;ind, dort werdet ihr euren Me&#x017F;&#x017F;ias</l><lb/>
              <l>Wieder&#x017F;ehen, und, neb&#x017F;t den ver&#x017F;ammelten Va&#x0364;tern des Bundes,</l><lb/>
              <l>Freuden der Freund&#x017F;chaft empfahn, die Ab&#x017F;chiednehmen nicht trennet!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="70">
              <l>Und er &#x017F;ank vor den Zeugen in &#x017F;einer Herlichkeit nieder,</l><lb/>
              <l>Betete mit erhabener Stimme: Die Zeit war gekommen,</l><lb/>
              <l>Deinen Eingebornen in &#x017F;einer Scho&#x0364;nheit zu zeigen,</l><lb/>
              <l>Siehe, du ha&#x017F;t ihn gezeigt, und bi&#x017F;t verherlichet worden,</l><lb/>
              <l>Vater, durch ihn! Jhm ha&#x017F;t du gegeben die Sterblichen alle,</l><lb/>
              <l>Daß er &#x017F;ie auferwecke vom Tod&#x2019;, und ewiges Leben</l><lb/>
              <l>Jhnen gebe. Das aber i&#x017F;t ewiges Leben, dich, Vater,</l><lb/>
              <l>Der du der Ewige bi&#x017F;t, und den du &#x017F;andte&#x017F;t, erkennen,</l><lb/>
              <l>Je&#x017F;us, den Sohn und Ko&#x0364;nig! Jch &#x017F;eh in Gei&#x017F;te die Fu&#x0364;lle</l><lb/>
              <l>Meiner ganzen, der lezten Vollendung! Jch hab&#x2019; auf der Erde</l><lb/>
              <l>Dich verherlicht! ich habe vollfu&#x0364;hret der Gottheit Rath&#x017F;chluß!</l><lb/>
              <l>Nun erwarten mich Kronen zu deiner Rechte! Du wir&#x017F;t mir</l><lb/>
              <l>Wieder die Herlichkeit geben, die mein war, eh wir er&#x017F;chufen.</l><lb/>
              <l>Deinen gefu&#x0364;rchteten Namen hab&#x2019; ich den Erwa&#x0364;hlten verku&#x0364;ndigt</l><lb/>
              <l>Aus den Su&#x0364;ndern. Du gabe&#x017F;t &#x017F;ie mir. Sie haben die Weisheit,</l><lb/>
              <l>Die ich &#x017F;ie lehrte, &#x017F;elb&#x017F;t ich bin ihr Zeuge! mit Treue gehalten!</l><lb/>
              <l>Vater, ich bitte fu&#x0364;r &#x017F;ie! Denn auch durch &#x017F;ie bin ich herlich!</l><lb/>
              <l>Jch verla&#x017F;&#x017F;e die Erde nun bald, und kehre gen Himmel,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Vater,</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0148] Der Meſſias. Ging er geduldig einher, und ſchwieg… Jch werd’, ihr Geliebten, Bald nicht mehr mit euch des Wiederſehens genieſſen Auf der Erde; mit euch von Honigſeime nicht eſſen; Noch was ihr, in der Fruͤhe des Tags, am Geſtade bereitet; Nicht im Schatten mehr ruhn: allein in den Huͤtten des Friedens, Wo viel Wonungen ſind, dort werdet ihr euren Meſſias Wiederſehen, und, nebſt den verſammelten Vaͤtern des Bundes, Freuden der Freundſchaft empfahn, die Abſchiednehmen nicht trennet! Und er ſank vor den Zeugen in ſeiner Herlichkeit nieder, Betete mit erhabener Stimme: Die Zeit war gekommen, Deinen Eingebornen in ſeiner Schoͤnheit zu zeigen, Siehe, du haſt ihn gezeigt, und biſt verherlichet worden, Vater, durch ihn! Jhm haſt du gegeben die Sterblichen alle, Daß er ſie auferwecke vom Tod’, und ewiges Leben Jhnen gebe. Das aber iſt ewiges Leben, dich, Vater, Der du der Ewige biſt, und den du ſandteſt, erkennen, Jeſus, den Sohn und Koͤnig! Jch ſeh in Geiſte die Fuͤlle Meiner ganzen, der lezten Vollendung! Jch hab’ auf der Erde Dich verherlicht! ich habe vollfuͤhret der Gottheit Rathſchluß! Nun erwarten mich Kronen zu deiner Rechte! Du wirſt mir Wieder die Herlichkeit geben, die mein war, eh wir erſchufen. Deinen gefuͤrchteten Namen hab’ ich den Erwaͤhlten verkuͤndigt Aus den Suͤndern. Du gabeſt ſie mir. Sie haben die Weisheit, Die ich ſie lehrte, ſelbſt ich bin ihr Zeuge! mit Treue gehalten! Vater, ich bitte fuͤr ſie! Denn auch durch ſie bin ich herlich! Jch verlaſſe die Erde nun bald, und kehre gen Himmel, Vater,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/148
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/148>, abgerufen am 05.12.2024.