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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
O Maria, uns armen Leidenden ist es doch Lindrung,
Daß ihn Joseph begräbt. Allein, indem er es sagte,
Wandt' er gleichwohl sein Auge vom Grabe. Die Mutter des Todten
Und des Jüngers antwortete nichts. Der fromme Joseph
Eilte zum Kreuz, und ihm kam Nikodemus entgegen.
Wer von den Zeugen sich ihnen nahte, dem riefen sie Beyde
Freudig zu: Wir dürfen den Todten Gottes begraben!
Aber die Leidenden traten zurück, und blieben von fern stehn:
Doch die Zeugen im Himmel nicht auch, die Erstandnen und Engel.
Diese schwebten näher hinzu. Und schon, doch unhörbar
Menschlichem Ohre, begann der Harfe Klage; der Stimme
Klage noch nicht. Hätt Einer der Sterblichen dieß vernommen,
Einer von denen, die bang in bitterem Schmerze versanken,
Nicht auf Erden, er wär im Himmel vor Freude gewesen!
Oder der Engelharfe Wehmuth hätt ihn getödtet!
Jetzt trat Joseph herzu, und Nikodemus, und legten
Der das Sterbegewand, und der die Gerüche der Myrrhe
Jn den Staub. Dann nahmen sie von dem Kreuze den Leichnam. ...
Und sie ließen ihn sanft auf Golgatha's Hügel herunter
Sinken! Nun ruht' er am Kreuz. Sie eilten, und gaben der Staude
Leben dem Leichengewand, und wollten, der einst mit Posaunen
Auferstehung gebeut, so vor der Verwesung schützen.
Aber Eva schwebt' auf ihn zu, und neigt' ihr Antlitz
Ueber das Antlitz des todten Messias. Jhr goldenes Haar floß
Sanft auf seine Wunden, und Eine Thräne des Himmels
Auf die ruhende Brust. Wie schön sind deine Wunden!
Lispelt sie leis' ihm zu, noch ungebohrner Erlöster!
Ganzer
Der Meſſias.
O Maria, uns armen Leidenden iſt es doch Lindrung,
Daß ihn Joſeph begraͤbt. Allein, indem er es ſagte,
Wandt’ er gleichwohl ſein Auge vom Grabe. Die Mutter des Todten
Und des Juͤngers antwortete nichts. Der fromme Joſeph
Eilte zum Kreuz, und ihm kam Nikodemus entgegen.
Wer von den Zeugen ſich ihnen nahte, dem riefen ſie Beyde
Freudig zu: Wir duͤrfen den Todten Gottes begraben!
Aber die Leidenden traten zuruͤck, und blieben von fern ſtehn:
Doch die Zeugen im Himmel nicht auch, die Erſtandnen und Engel.
Dieſe ſchwebten naͤher hinzu. Und ſchon, doch unhoͤrbar
Menſchlichem Ohre, begann der Harfe Klage; der Stimme
Klage noch nicht. Haͤtt Einer der Sterblichen dieß vernommen,
Einer von denen, die bang in bitterem Schmerze verſanken,
Nicht auf Erden, er waͤr im Himmel vor Freude geweſen!
Oder der Engelharfe Wehmuth haͤtt ihn getoͤdtet!
Jetzt trat Joſeph herzu, und Nikodemus, und legten
Der das Sterbegewand, und der die Geruͤche der Myrrhe
Jn den Staub. Dann nahmen ſie von dem Kreuze den Leichnam. …
Und ſie ließen ihn ſanft auf Golgatha’s Huͤgel herunter
Sinken! Nun ruht’ er am Kreuz. Sie eilten, und gaben der Staude
Leben dem Leichengewand, und wollten, der einſt mit Poſaunen
Auferſtehung gebeut, ſo vor der Verweſung ſchuͤtzen.
Aber Eva ſchwebt’ auf ihn zu, und neigt’ ihr Antlitz
Ueber das Antlitz des todten Meſſias. Jhr goldenes Haar floß
Sanft auf ſeine Wunden, und Eine Thraͤne des Himmels
Auf die ruhende Bruſt. Wie ſchoͤn ſind deine Wunden!
Liſpelt ſie leiſ’ ihm zu, noch ungebohrner Erloͤſter!
Ganzer
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[68/0084] Der Meſſias. O Maria, uns armen Leidenden iſt es doch Lindrung, Daß ihn Joſeph begraͤbt. Allein, indem er es ſagte, Wandt’ er gleichwohl ſein Auge vom Grabe. Die Mutter des Todten Und des Juͤngers antwortete nichts. Der fromme Joſeph Eilte zum Kreuz, und ihm kam Nikodemus entgegen. Wer von den Zeugen ſich ihnen nahte, dem riefen ſie Beyde Freudig zu: Wir duͤrfen den Todten Gottes begraben! Aber die Leidenden traten zuruͤck, und blieben von fern ſtehn: Doch die Zeugen im Himmel nicht auch, die Erſtandnen und Engel. Dieſe ſchwebten naͤher hinzu. Und ſchon, doch unhoͤrbar Menſchlichem Ohre, begann der Harfe Klage; der Stimme Klage noch nicht. Haͤtt Einer der Sterblichen dieß vernommen, Einer von denen, die bang in bitterem Schmerze verſanken, Nicht auf Erden, er waͤr im Himmel vor Freude geweſen! Oder der Engelharfe Wehmuth haͤtt ihn getoͤdtet! Jetzt trat Joſeph herzu, und Nikodemus, und legten Der das Sterbegewand, und der die Geruͤche der Myrrhe Jn den Staub. Dann nahmen ſie von dem Kreuze den Leichnam. … Und ſie ließen ihn ſanft auf Golgatha’s Huͤgel herunter Sinken! Nun ruht’ er am Kreuz. Sie eilten, und gaben der Staude Leben dem Leichengewand, und wollten, der einſt mit Poſaunen Auferſtehung gebeut, ſo vor der Verweſung ſchuͤtzen. Aber Eva ſchwebt’ auf ihn zu, und neigt’ ihr Antlitz Ueber das Antlitz des todten Meſſias. Jhr goldenes Haar floß Sanft auf ſeine Wunden, und Eine Thraͤne des Himmels Auf die ruhende Bruſt. Wie ſchoͤn ſind deine Wunden! Liſpelt ſie leiſ’ ihm zu, noch ungebohrner Erloͤſter! Ganzer

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/84>, abgerufen am 25.11.2024.