Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Messias.
Jetzt daucht's Adam, als rief er: Jch werde geschaffen! geschaffen!
Und er strebte sich aufzurichten. Noch kniet' er im Staube.
Harfen tönten ihm zu! ihm sang der Seraph, und Cherub:
Werde von neuem, und nun auf ewig, geschaffen! auf ewig!
Siehe, du starbst, an dem dunkelsten deiner Tage, des Todes,
Adam! O Heil dir Erstem! erwach! und lebe nun Leben!
Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schöpfung, nicht lebtest!
Ach, nun stirbst du des Todes nicht mehr! ... Noch kniet' er im Staube,
Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferstehenden Leibe
Sein ätherischer Leib, der seit dem Tod' ihn umhüllte,
Jetzo vereint. Der wurde des Umgeschaffnen Verklärung.
Schnell erhub er sich, stand, und streckte die Arme gen Himmel:
Wonne mir! du hast mich von neuem aus Staube gerufen!
Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du hast mich wieder, Versöhner!
Herrlicher mich, wie in Eden erschaffen! O daß ich dich fände,
Gottversöhner, daß ich den Allmächtigen fände! wie wollt ich
Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du bist uns
Nahe, zwar nicht gesehn, doch bist du uns nahe, Versöhner!
Ja, dieß himmlische Säuseln ist deiner Gegenwart Stimme!
Und auch sie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel!
Um den Vater der Menschen erwachen die heiligen Kinder!
Eva begann sich empor zu heben. Wer bin ich geworden?
Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe
Meiner ersten Erschaffung? O dort ist Adam! Wie glänzt er!
Und wie glänz ich! O du, deß Wunden einst stralen, wo bist du,
Daß ich eil', und dir danke, du Wiederbringer der Unschuld!
Adam
Der Meſſias.
Jetzt daucht’s Adam, als rief er: Jch werde geſchaffen! geſchaffen!
Und er ſtrebte ſich aufzurichten. Noch kniet’ er im Staube.
Harfen toͤnten ihm zu! ihm ſang der Seraph, und Cherub:
Werde von neuem, und nun auf ewig, geſchaffen! auf ewig!
Siehe, du ſtarbſt, an dem dunkelſten deiner Tage, des Todes,
Adam! O Heil dir Erſtem! erwach! und lebe nun Leben!
Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schoͤpfung, nicht lebteſt!
Ach, nun ſtirbſt du des Todes nicht mehr! … Noch kniet’ er im Staube,
Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferſtehenden Leibe
Sein aͤtheriſcher Leib, der ſeit dem Tod’ ihn umhuͤllte,
Jetzo vereint. Der wurde des Umgeſchaffnen Verklaͤrung.
Schnell erhub er ſich, ſtand, und ſtreckte die Arme gen Himmel:
Wonne mir! du haſt mich von neuem aus Staube gerufen!
Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du haſt mich wieder, Verſoͤhner!
Herrlicher mich, wie in Eden erſchaffen! O daß ich dich faͤnde,
Gottverſoͤhner, daß ich den Allmaͤchtigen faͤnde! wie wollt ich
Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du biſt uns
Nahe, zwar nicht geſehn, doch biſt du uns nahe, Verſoͤhner!
Ja, dieß himmliſche Saͤuſeln iſt deiner Gegenwart Stimme!
Und auch ſie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel!
Um den Vater der Menſchen erwachen die heiligen Kinder!
Eva begann ſich empor zu heben. Wer bin ich geworden?
Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe
Meiner erſten Erſchaffung? O dort iſt Adam! Wie glaͤnzt er!
Und wie glaͤnz ich! O du, deß Wunden einſt ſtralen, wo biſt du,
Daß ich eil’, und dir danke, du Wiederbringer der Unſchuld!
Adam
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0028" n="12"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Jetzt daucht&#x2019;s Adam, als rief er: Jch werde ge&#x017F;chaffen! ge&#x017F;chaffen!</l><lb/>
            <l>Und er &#x017F;trebte &#x017F;ich aufzurichten. Noch kniet&#x2019; er im Staube.</l><lb/>
            <l>Harfen to&#x0364;nten ihm zu! ihm &#x017F;ang der Seraph, und Cherub:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="19">
            <l>Werde von neuem, und nun auf ewig, ge&#x017F;chaffen! auf ewig!</l><lb/>
            <l>Siehe, du &#x017F;tarb&#x017F;t, an dem dunkel&#x017F;ten deiner Tage, des Todes,</l><lb/>
            <l>Adam! O Heil dir Er&#x017F;tem! erwach! und lebe nun Leben!</l><lb/>
            <l>Seliges, Adam! wie du, nach deiner Scho&#x0364;pfung, nicht lebte&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Ach, nun &#x017F;tirb&#x017F;t du des Todes nicht mehr! &#x2026; Noch kniet&#x2019; er im Staube,</l><lb/>
            <l>Sah noch dunkel. Es ward mit dem aufer&#x017F;tehenden Leibe</l><lb/>
            <l>Sein a&#x0364;theri&#x017F;cher Leib, der &#x017F;eit dem Tod&#x2019; ihn umhu&#x0364;llte,</l><lb/>
            <l>Jetzo vereint. Der wurde des Umge&#x017F;chaffnen Verkla&#x0364;rung.</l><lb/>
            <l>Schnell erhub er &#x017F;ich, &#x017F;tand, und &#x017F;treckte die Arme gen Himmel:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="20">
            <l>Wonne mir! du ha&#x017F;t mich von neuem aus Staube gerufen!</l><lb/>
            <l>Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du ha&#x017F;t mich wieder, Ver&#x017F;o&#x0364;hner!</l><lb/>
            <l>Herrlicher mich, wie in Eden er&#x017F;chaffen! O daß ich dich fa&#x0364;nde,</l><lb/>
            <l>Gottver&#x017F;o&#x0364;hner, daß ich den Allma&#x0364;chtigen fa&#x0364;nde! wie wollt ich</l><lb/>
            <l>Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du bi&#x017F;t uns</l><lb/>
            <l>Nahe, zwar nicht ge&#x017F;ehn, doch bi&#x017F;t du uns nahe, Ver&#x017F;o&#x0364;hner!</l><lb/>
            <l>Ja, dieß himmli&#x017F;che Sa&#x0364;u&#x017F;eln i&#x017F;t deiner Gegenwart Stimme!</l><lb/>
            <l>Und auch &#x017F;ie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel!</l><lb/>
            <l>Um den Vater der Men&#x017F;chen erwachen die heiligen Kinder!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="21">
            <l>Eva begann &#x017F;ich empor zu heben. Wer bin ich geworden?</l><lb/>
            <l>Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe</l><lb/>
            <l>Meiner er&#x017F;ten Er&#x017F;chaffung? O dort i&#x017F;t Adam! Wie gla&#x0364;nzt er!</l><lb/>
            <l>Und wie gla&#x0364;nz ich! O du, deß Wunden ein&#x017F;t &#x017F;tralen, wo bi&#x017F;t du,</l><lb/>
            <l>Daß ich eil&#x2019;, und dir danke, du Wiederbringer der Un&#x017F;chuld!</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Adam</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0028] Der Meſſias. Jetzt daucht’s Adam, als rief er: Jch werde geſchaffen! geſchaffen! Und er ſtrebte ſich aufzurichten. Noch kniet’ er im Staube. Harfen toͤnten ihm zu! ihm ſang der Seraph, und Cherub: Werde von neuem, und nun auf ewig, geſchaffen! auf ewig! Siehe, du ſtarbſt, an dem dunkelſten deiner Tage, des Todes, Adam! O Heil dir Erſtem! erwach! und lebe nun Leben! Seliges, Adam! wie du, nach deiner Schoͤpfung, nicht lebteſt! Ach, nun ſtirbſt du des Todes nicht mehr! … Noch kniet’ er im Staube, Sah noch dunkel. Es ward mit dem auferſtehenden Leibe Sein aͤtheriſcher Leib, der ſeit dem Tod’ ihn umhuͤllte, Jetzo vereint. Der wurde des Umgeſchaffnen Verklaͤrung. Schnell erhub er ſich, ſtand, und ſtreckte die Arme gen Himmel: Wonne mir! du haſt mich von neuem aus Staube gerufen! Ja, nun weis ichs wahrhaftig! du haſt mich wieder, Verſoͤhner! Herrlicher mich, wie in Eden erſchaffen! O daß ich dich faͤnde, Gottverſoͤhner, daß ich den Allmaͤchtigen faͤnde! wie wollt ich Niederfallen vor ihm! wie ihn anbeten! Du biſt uns Nahe, zwar nicht geſehn, doch biſt du uns nahe, Verſoͤhner! Ja, dieß himmliſche Saͤuſeln iſt deiner Gegenwart Stimme! Und auch ſie erwachen um mich! Schaut nieder, ihr Engel! Um den Vater der Menſchen erwachen die heiligen Kinder! Eva begann ſich empor zu heben. Wer bin ich geworden? Bin ich in Eden? Wo bin ich? Jch lebe wieder im Leibe Meiner erſten Erſchaffung? O dort iſt Adam! Wie glaͤnzt er! Und wie glaͤnz ich! O du, deß Wunden einſt ſtralen, wo biſt du, Daß ich eil’, und dir danke, du Wiederbringer der Unſchuld! Adam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/28
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/28>, abgerufen am 22.11.2024.